OGH 13Os38/92-12

OGH13Os38/92-1220.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Mai 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Freilinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Miller E***** wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft sowie die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 23.Jänner 1992, GZ 35 Vr 3484/91-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Dolmetscherin Mag.phil. Brigitte Philp, des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, des Angeklagten und der Verteidigerin Dr. Schindler zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, dahin ergänzt, daß für den Fall der Uneinbringlichkeit der nach dem § 12 Abs. 5 SGG verhängten Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einer Woche festgesetzt wird.

Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.Oktober 1960 geborene nigerianische Staatsangehörige Miller E***** des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG sowie des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs. 2, 224 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 StGB nach dem § 12 Abs. 3 SGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren verurteilt. Neben dieser Freiheitsstrafe erkannte das Erstgericht gemäß dem § 12 Abs. 5 SGG auf eine Geldstrafe in der Höhe von 2.608 S, ohne jedoch zugleich auch eine Ersatzfreiheitsstrafe zu bestimmen.

Ferner wurden nach dem § 13 Abs. 1 SGG das sichergestellte Suchtgift und gemäß dem § 26 (Abs. 1) StGB auch der sichergestellte Reisepaß eingezogen.

Rechtliche Beurteilung

Die Staatsanwaltschaft rügt unter dem Grund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO mit Recht, daß im Ersturteil der Ausspruch einer Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der über den Angeklagten nach dem § 12 Abs. 5 SGG verhängten Geldstrafe unterblieben ist.

Wie sich aus dieser Bestimmung ergibt, darf die Ersatzfreiheitsstrafe für eine uneinbringliche Geldstrafe achtzehn Monate nicht übersteigen. Dieser dem Ermessen des Gerichtes entzogenen (und demnach zwingenden) Anordnung des § 12 Abs. 5 SGG über den Ausspruch einer Ersatzfreiheitsstrafe für den Falle der Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafe wurde im Ersturteil nicht entsprochen, sodaß das angefochtene Urteil in diesem Teil des Strafausspruches mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist (12 Os 189/81, SSt. 16/122). Der Strafausspruch war daher zu ergänzen und eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einer Woche festzusetzen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 12 Abs. 3 SGG unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Bei deren Bemessung waren erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, ferner die große, weit über das 25-fache der im § 12 Abs. 1 SGG umschriebenen Menge hinausgehende Suchtgiftquantität und die Tatsache, daß der Angeklagte, ohne selbst süchtig zu sein, Suchtgift in ein anderes Land ausgeführt hat; mildernd hingegen das Geständnis, die Unbescholtenheit und die Sicherstellung des Suchtgiftes.

Gegen diesen Strafausspruch richten sich die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft; während ersterer eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, beantragt der öffentliche Ankläger deren Erhöhung.

Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zwar im wesentlichen richtig festgestellt, es hat aber zu Unrecht die weit über das 25-fache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge übersteigende Suchtgiftquantität als erschwerend gewertet. Erfolge oder Begehungsarten, die über die "Normalfälle", die die gesetzliche Vertypung (hier: § 12 Abs. 3 Z 3 StGB) im Auge hat, hinausgehen, können zwar als erschwerend gewertet werden und werden vom sg. "Doppelverwertungsverbot" nicht erfaßt (vgl. Leukauf/Steininger Komm.3 § 32 RN 15 und 19); im vorliegenden Falle handelt es sich aber lediglich um etwa das Dreifache der (die Anwendung eines höheren Strafsatzes begründenden) übergroßen Menge des § 12 Abs. 3 Z 3 SGG. Eine solche Überschreitung des Grenzwertes vermag aber die Annahme eines eigenen Erschwerungsgrundes (noch) nicht zu rechtfertigen.

Die vom Angeklagten in seiner Berufungsschrift weiters geltend gemachten Milderungsgründe liegen nicht vor. Für eine objektiv als drückend zu empfindende Notlage iS des § 34 Z 10 StGB ergeben sich aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte. Die Behauptung, der Angeklagte habe vor der Tat regelmäßig Heroin konsumiert, steht im Widerspruch zu seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung; er hat dort angegeben, daß er noch nie dieses Suchtgift konsumiert habe (vgl. S 120).

Aber auch der öffentliche Ankläger vermag in seiner Berufung nichts aufzuzeigen, was eine Erhöhung der Strafe rechtfertigen könnte.

Die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe entspricht auch bei den zu seinen Gunsten korrigierten Strafzumessungsgründen der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) und nimmt auf generalpräventive Erwägungen gebührend Bedacht, sodaß weder eine Herabsetzung, noch eine Erhöhung der Strafe angebracht war.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte