OGH 12Os4/92-8

OGH12Os4/92-814.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Mai 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Massauer, Dr. Rzeszut und Dr. Schindler als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Freilinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut Jakob K***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 19. November 1991, GZ 20 Vr 1066/91-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Genealanwalt Dr. Weiß, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A 3 und im Strafausspruch sowie demgemäß auch der gemäß § 494 a StPO gefaßte Verlängerungsbeschluß aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Beseitigung des Strafausspruches verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 25.September 1956 geborene Helmut Jakob K***** wurde (zu A) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1, zweiter, teilweise vierter Fall, SuchtgiftG und (zu B) des Vergehens nach § 16 Abs. 1, vierter (und fünfter) Fall, SuchtgiftG schuldig erkannt. Das erstangeführte Verbrechen - gegen das allein sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wendet - erblickte das Schöffengericht - zusammengefaßt wiedergegeben - darin, daß der Angeklagte von Anfang 1987 bis Ende 1989 insgesamt 750 Gramm Cannabisharz mit einem THC-Gehalt von zumindest 5 % und von Frühjahr 1990 bis 28.August 1991 insgesamt 65 Gramm Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 15 % reiner Heroinbase aus der Schweiz nach Österreich geschmuggelt (A 1 und A 2) und von Frühjahr 1990 bis 28.August 1991 in Vorarlberg insgesamt 5 Gramm Heroin an im Urteil namentlich bezeichnete Personen weitergegeben hat (A 3).

Die aus § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist teilweise begründet.

Soweit sie sich allerdings im Rahmen der Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5 a) gegen die tatrichterliche Konstatierung wendet, der Vorsatz des Beschwerdeführers sei sowohl bei der Haschisch- als auch bei der Heroineinfuhr auf eine "große Menge" im Sinne des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG gerichtet gewesen, geht sie fehl. Denn wenngleich angesichts der Modalitäten des gegenständlichen Suchtgiftimports - jeweils Schmuggel von geringen Quantitäten über einen Zeitraum von rund drei (Haschisch) bzw. eineinhalb Jahren (Heroin); Verbrauch des Suchtgiftes durch den Angeklagten selbst - abstrakt betrachtet auch eine andere, für den Angeklagten günstigere, das heißt also den additionseffekt nicht annehmende Beurteilung möglich gewesen wäre, entspricht auch die vom Schöffengericht einläßlich begründete (Seite 91 = US 11), in freier Würdigung der Person und des Gesamtverhaltens des Angeklagten gewonnene Überzeugung, der Angeklagte habe bei den ihm zur Last gelegten Suchtgifteinfuhren den Umstand in seinen Vorsatz aufgenommen, mit Bezug auf eine große Menge im Sinne des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG zu handeln, durchaus der Lebenserfahrung und den Denkgesetzen.

Frei von formalen Begründungsmängeln (Z 5) und völlig unbedenklich (Z 5 a) ist aber auch die vom Schöffengericht für die Annahme der Qualität der vom Angeklagten geschmuggelten Suchtgifte gegebene Begründung, wobei sich eine detaillierte Erörterung der einzelnen Urteilsprämissen erübrigt, weil die Beschwerde nur ein einziges Indiz - das in Zürich gehandelte Cannabisharz weiche nach der ständigen Gerichtserfahrung nicht wesentlich von den hierzulande vorkommenden Durchschnittsqualitäten von rund 9 % THC-Gehalt

ab - herausgreift, die weiteren detailliert ausgeführten Argumente (S 87 ff = US 7 ff) aber mit völligem Stillschweigen übergeht und damit der Sache nach auf eine sachbezogene Erörterung verzichtet, die - um nur einen Punkt zu nennen - nicht daran vorübergehen dürfte, daß der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben in der Schweiz rund 100 S pro Gramm Haschisch und damit einen für Durchschnittsqualität üblichen Preis bezahlte (S 88).

Unbegründet ist aber auch die Subsumtionsrüge (Z 10) des Angeklagten, soweit sie die Suchtgiftimporte (A 1 und A 2) betrifft.

Rechtliche Beurteilung

Ausgehend nämlich davon, daß seit der Suchtgiftgesetznovelle 1985, BGBl. 184, für die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG nicht (mehr) erforderlich ist, daß die betreffende Suchtgiftmenge nach dem Vorsatz des Täters an einen größeren Personenkreis gelangen und solcherart ein Streueffekt erzielt werden soll und demgemäß sich der Tätervorsatz auch nicht mehr auf eine Weitergabe des Suchtgiftes erstrecken muß, kommt dem Umstand, daß der Angeklagte die von ihm - nach den Urteilsfeststellungen ohnehin auch mit dem Vorsatz auf teilweise Weitergabe - importierten, im Einzelfall jeweils geringen Suchtgiftmengen selbst konsumiert hat, keine rechtliche Relevanz zu. Genug daran, daß sein - wie oben gezeigt, schlüssig begründeter - dolus auf eine Verwirklichung des Tatbildes nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG in Teilmengen gerichtet war und die gleichartigen Schmuggelfahrten trotz ihrer mehrjährigen Dauer auf Grund ihrer großen Anzahl in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt wurden, womit wegen des dadurch gegebenen Fortsetzungszusammenhanges sämtliche Voraussetzungen der Zusammenrechnung der Einzelmengen aus einer Serie von Tathandlungen vorlagen (siehe EvBl. 1980/20).

In Ansehung der Heroineinfuhr entbehrt die Subsumtionsrüge, mit welcher der Angeklagte unter Hinweis auf seine leugnende Verantwortung eine Feststellung des Inhaltes vermißt, daß sein Vorsatz nicht auf eine Tatbestandsverwirklichung in Teilmengen gerichtet war, einer gesetzmäßigen Darstellung, weil sie - siehe oben - vom konstatierten Sachverhalt abweicht.

Im bisher besprochenen Umfang war mithin die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Berechtigung kommt ihr hingegen in Ansehung des Schuldspruchs A 3 - Weitergabe von 5 Gramm Heroin an mehrere Personen - zu, weil unter der Annahme eines Reinheitsgehaltes von 15 % Heroinbase, wie er vom Erstgericht für das aus der Schweiz importierte Heroin (A 2) festgestellt wurde, die verbrechensqualifizierende Grenzmenge (1,5 Gramm Reinsubstanz; siehe EvBl. 1988/3 und 131) bei Verkauf von 5 Gramm Heroin nicht erreicht würde. Entgegen den Beschwerdeausführungen läßt sich aus dem Urteil allerdings nicht ableiten, daß die vom Angeklagten weitergegebenen 5 Gramm Heroin eine Teilmenge der von ihm laut A 2 aus der Schweiz eingeführten 65 Gramm Heroin darstellten; nach dem Akteninhalt könnten sie vielmehr auch zur Gänze oder zum Teil mit den vom Angeklagten im Inland von verschiedenen Personen über das importierte Suchtgift hinaus zusätzlich erworbenen Heroinmengen (vgl. S 17, 21, 27 ff, 55 f sowie Anklageschrift S 61) ident sein. Da das Urteil auch sonst zum Reinheitsgehalt des vom Angeklagten weitergegebenen Suchtgiftes keine Feststellungen enthält und dieser Mangel vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden kann, war in diesem Punkt in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde mit einer Kassierung des Schuldspruchs vorzugehen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die mit der Teilaufhebung des Schuldverdikts notwendig verbundene Beseitigung des Strafausspruchs zu verweisen, mit dessen Wegfall auch der gemäß § 494 a StPO gefaßte Verlängerungsbeschluß die Basis verlor.

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