OGH 12Os44/92-5

OGH12Os44/92-57.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Rzeszut und Dr. Schindler als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Freilinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter L***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 25. Oktober 1990, GZ 18 U 430/90-17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 25.Oktober 1990, GZ 18 U 430/90-17, verletzt insoweit, als es den Ort der Geburt und die Staatsangehörigkeit des Beschuldigten nicht enthält, eine Bezeichnung der dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Taten unterläßt und (nebeneinander) eine "Zusatzgeldstrafe" und eine weitere Geldstrafe ausspricht das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 260 Abs. 1 Z 1, 270 Abs. 2 Z 2 und 4, 458 Abs. 3 Z 1 StPO sowie der §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 StGB.

Dieses Urteil wird aufgehoben und es wird dem Bezirksgericht Donaustadt die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 25. Oktober 1990, GZ 18 U 430/90-17, wurde der am 11.Juni 1957 geborene österreichische Staatsangehörige Walter L***** des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 (ergänze: Abs. 1) StGB und des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt und hiefür zu Geldstrafen von 120 und 60 Tagessätzen verurteilt, wobei der Tagessatz jeweils mit 220 S bemessen wurde.

Das Urteil wurde gemäß § 458 Abs. 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigt, wobei der Ort der Geburt und die Staatsangehörigkeit des Beschuldigten überhaupt nicht und der Sachverhalt lediglich mit den Worten "Walter L***** ist schuldig, er hat den Tatbestand des § 127 StGB und des § 133 Abs. 1 StGB erfüllt" angegeben wurden. Die Ausführungen zur Strafe lauten:

"zu den Vergehen 1987 + 1988: Zusatzstrafe zu der am 26.9.88 verhängten Geldstrafe (VR 4321/86): 120 TS a S 220,-- gesamt:

S 26.400,--; zu dem Vergehen 1989: Geldstrafe: 60 TS a S 220,--, gesamt: S 13.200,--; Gesamtstrafe daher: S 39.600,--. Für den Fall der Uneinbringlichkeit: 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe."

Rechtliche Beurteilung

Das vorgenannte Urteil steht - wie der Generalprokurator zutreffend in seiner gemäß § 33 StPO erhobenen Beschwerde aufzeigt - mehrfach mit dem Gesetz (§§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 StGB, 458 Abs. 3 Z 1 iVm 270 Abs. 2 Z 2 und 4 und 260 Abs. 1 Z 1 StPO) nicht im Einklang.

Wird ein Urteil in gekürzter Form ausgefertigt, so hat diese Ausfertigung gemäß § 458 Abs. 3 Z 1 StPO die im § 270 Abs. 2 StPO erwähnten Angaben mit Ausnahme der Entscheidungsgründe zu enthalten. Gemäß § 270 Abs. 2 Z 2 StPO müssen daher auch der Ort der Geburt und die Staatsangehörigkeit des Angeklagten (Beschuldigten) angeführt werden. Handelt es sich um ein Strafurteil, so muß gemäß § 270 Abs. 2 Z 4 StPO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 Z 1 StPO aus der gekürzten Urteilsausfertigung auch hervorgehen, welcher Tat der Beschuldigte schuldig befunden worden ist, und zwar unter ausdrücklicher Bezeichnung der einen bestimmten Strafsatz bedingenden Tatumstände (worauf im vorliegenden Urteilsformular auch ausdrücklich hingewiesen wird = StPOForm U 7).

Diesem Erfordernis wird das erwähnte Urteil nicht gerecht.

Dieser Verstoß begründet zwar mangels Zitierung des § 260 StPO im § 468 Abs. 1 Z 3 StPO - anders als im Gerichtshofverfahren (§ 281 Abs. 1 Z 3 StPO) - keine Urteilsnichtigkeit, stellt jedoch eine unrichtige Anwendung des Gesetzes dar (siehe Mayerhofer-Rieder3, ENr. 11 zu § 458 StPO).

Darüber hinaus ist dem Gericht durch die Verhängung zweier Geldstrafen eine materielle Gesetzesverletzung unterlaufen, der sogar das Gewicht einer Nichtigkeit (§ 468 Abs. 1 Z 4 StPO iVm § 281 Abs. 1 Z 11 StPO) zukommt. Hat jemand durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen und wird über diese strafbaren Handlungen gleichzeitig erkannt, so ist, wenn die zusammentreffenden Gesetze nur Freiheitsstrafen oder nur Geldstrafen vorsehen, nach § 28 Abs. 1 erster Satz StGB auf eine einzige Freiheits- oder Geldstrafe zu erkennen. Diese Regel gilt auch beim Zusammentreffen von Delikten, die wahlweise Geldstrafe oder Freiheitsstrafe androhen (siehe EvBl. 1983/43, Pallin im WK, Rz 4 zu § 28 StGB; vgl. Leukauf-Steininger3, RN 16 bis 18 zu § 28 StGB). Nach dieser ausdrücklichen Anweisung ist unter den gegebenen Bedingungen jeweils nur auf eine einzige Freiheits- oder Geldstrafe zu erkennen (Absorptionsprinzip), wobei nicht für jede Tat gesondert eine Strafe auszuwerfen, sondern von vornherein nur eine (einzige) Strafe zu bilden ist; gesonderte Strafen für einzelne Taten sind als Zwischengrößen keinesfalls in den Urteilsspruch aufzunehmen.

Das Gericht hat somit durch die Verhängung zweier Geldstrafen gegen die Bestimmung des § 28 Abs. 1 StGB verstoßen; daran ändert auch nichts der Umstand, daß es schließlich auch die beiden Strafen (allerdings nur in der Geldsumme) zusammengerechnet und die Ersatzfreiheitsstrafe gesamt ausgewiesen hat. Bei Beachtung dieser Vorschrift hätte auch § 31 Abs. 1 StGB nicht zur Anwendung gelangen können, weil eine Bedachtnahme auf das frühere Urteil entfällt, wenn im neuen Urteil über Taten entschieden wird, die teils vor Fällung des ersten Urteils, teils nachher begangen wurden (LSK 1979/205, Foregger-Serini5, Erl III, Mayerhofer-Rieder3, ENr. 29, jeweils zu § 31 StGB).

Wenngleich sich der letztgenannte Fehler zum Vorteil des Angeklagten - der diesem aber in dem auf Grund einer neuen Hauptverhandlung ergehenden Urteil gemäß § 293 Abs. 3 StPO gewahrt bleibt - ausgewirkt haben kann, so gebieten doch vor allem die vorangehend aufgezeigten Verletzungen des materiellen Rechts die Urteilsaufhebung und Anordnung der Verfahrenserneuerung, weil sie bei der Strafzumessung den Angeklagten insgesamt benachteiligt haben könnten.

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