OGH 12Os33/92-8

OGH12Os33/92-87.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Hon.-Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Rzeszut und Dr. Schindler als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Freilinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günther P***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.November 1991, GZ 6 d Vr 4903/91-33, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Angeklagten Günther P***** und des Verteidigers Dr. Wegrostek zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Jahre erhöht.

Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 5.Juli 1958 geborene Günther P***** wurde des (zu ergänzen: teils in der Entwicklungsstufe des Versuches nach § 15 StGB gebliebenen - siehe ON 32) Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG schuldig erkannt, weil er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge

1. auszuführen und einzuführen versucht hat, indem er am 2. Juni 1990 rund 800 Gramm Haschisch aus den Niederlanden im Raum Heerlen in die Bundesrepublik Deutschland auszuführen trachtete;

2. in Verkehr gesetzt hat, indem er im Juni 1991 rund 2,3 kg Haschisch an den abgesondert verfolgten Yusuf E***** verkaufte.

Der Angeklagte erhebt gegen dieses Urteil eine auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, in der er vorbringt, daß ein Teilfaktum des vom Schuldspruch 2 erfaßten

Geschehens - nämlich die Übergabe von 1.450 Gramm Haschisch an Yusuf E***** am 20.Juni 1991 - nur als Versuch des Inverkehrsetzens von Suchtgift zu beurteilen gewesen wäre und insoweit Feststellungsmängel unterlaufen seien.

Die Rüge hält einer Überprüfung nicht stand.

Den Urteilsfeststellungen zufolge befaßte sich der Angeklagte mit Haschischhandel und forderte hiebei den Yusuf E***** auf, für ihn Haschisch zu verkaufen, worauf dieser (unter Vereinbarung einer Suchtgiftübergabe "auf Kommission" - ON 9, S 21) einging. Nach zwei derartigen Transaktionen übergab der Angeklagte am 20. Juni 1991 dem Yusuf E***** eine Menge von (rund) 1,5 kg Haschisch. Dieses Suchtgiftquantum wollte Yusuf E***** an diesem Tag an zwei unbekannt gebliebene Personen verkaufen. Er wurde dabei betreten und festgenommen.

Rechtliche Beurteilung

Im festgestellten Sachverhalt erblickte das Erstgericht zutreffend das vollendete Inverkehrsetzen von rund 1,5 kg Haschisch durch Übergabe an Yusuf E*****; denn unter Inverkehrsetzen (im Sinne des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG) ist die Weitergabe von Suchtgift zu verstehen, wobei diese Tätigkeit mit der Übertragung der Verfügungsgewalt abgeschlossen ist (siehe hiezu Foregger-Litzka, Suchtgiftgesetz, S 31). Somit hat der Angeklagte durch die Übergabe der betreffenden Haschischmenge an Yusuf E***** dieses Suchtgift in Verkehr gesetzt.

Alle in der Nichtigkeitsbeschwerde enthaltenen Hinweise auf Verfahrensergebnisse, wonach Yusuf E***** anläßlich des angestrebten Verkaufes des Haschisch an die beiden unbekannt gebliebenen Interessenten nur eine räumlich und zeitlich eng beschränkte Vermittlerrolle spielen sollte und wonach zwischen der Suchtgiftübernahme durch Yusuf E***** und der von ihm versuchten Weitergabe nur eine kurze Zeitspanne lag, vermögen, entgegen dem Rechtsmittelstandpunkt, keine Sachverhaltsgestaltung aufzuzeigen, die rechtlich lediglich als ein vom Angeklagten und Yusuf E***** im Zusammenwirken als Mittäter gesetzter Versuch des Inverkehrsetzens des Haschisch beurteilt werden könnte. Maßgebliche Voraussetzung für eine derartige Subsumtion wäre nämlich das Weiterbestehen eines Alleingewahrsams oder zumindest Mitgewahrsams des Angeklagten an dem in die Hände des Yusuf E***** gegebenen Haschisch gewesen, denn nur dann wäre seinerseits das Inverkehrsetzen noch nicht abgeschlossen gewesen.

Ein solches (Mit-)Gewahrsamsverhältnis wird aber vom Angeklagten gar nicht behauptet und ist auch durch die ins Treffen geführten Verfahrensergebnisse nicht indiziert, wird vielmehr durch die in der Beschwerde bezeichneten Angaben des Yusuf E***** geradezu ausgeschlossen (ON 9, S 19 ff). Der Darstellung des Genannten zufolge führte er ohne jedes Zutun des Angeklagten Gespräche mit zwei unbekannten Männern, denen er Haschisch zum Kauf anbot. Das für dieses Geschäft benötigte Haschisch verschaffte er sich vom Angeklagten. Er wollte am Weiterverkauf verdienen (ON 9, S 15). Der Angeklagte händigte ihm gegen Übergabe von Bargeld sowie eine Zahlungszusage für den verbliebenen Kaufpreisrest das Suchtgift aus, brachte ihn zu dem als Treffpunkt mit den Interessenten vorgesehenen Lokal und entfernte sich sogleich.

Demnach ging aber bei dieser Gebarung die alleinige Verfügungsgewalt über das Suchtgift auf Yusuf E***** über, weshalb der Angeklagte für vollendetes Inverkehrsetzen des Haschisch einzustehen hat. An diesem Ergebnis vermochte die Vorstellung des Angeklagten, daß Yusuf E***** das Haschisch gleich weitergeben wollte, nichts zu ändern, weil es sich insoweit um einen über den Inverkehrsetzungsvorsatz durch Suchtgiftübergabe an Yusuf E***** hinausreichenden und für die rechtliche Subsumtion unerheblichen Bewußtseinsinhalt handelte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 12 Abs. 1 SuchtgiftG eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Erschwerend waren dabei die mehrfache Tatbegehung, die einschlägigen Vorstrafen sowie der rasche Rückfall, mildernd hingegen das Geständnis zum Schuldspruch 1 sowie, daß es hier beim Versuch geblieben war.

Das Strafausmaß wird sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch vom Angeklagten bekämpft; lediglich das Rechtsmittel der Anklagebehörde ist begründet.

Legt man nämlich der wiederholten einschlägigen Straffälligkeit des Angeklagten und namentlich dem Umstand, daß er während eines anhängigen Strafverfahrens sowie während einer laufenden Probezeit neuerlich mit Suchtgift handelte, die gebührende Bedeutung bei, dann erweist sich die geschöpfte Unrechtsfolge als unzureichend. Sie war daher in Stattgebung der staatsanwaltschaftlichen Berufung auf das aus dem Spruch ersichtliche, tatschuldadäquate Ausmaß schon deshalb zu erhöhen, um ein beim Angeklagten dringend gebotenes spezialpräventives Signal zu setzen.

Der Angeklagte war mit seiner eine Strafreduzierung anstrebenden Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

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