OGH 13Os34/92-6

OGH13Os34/92-66.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Mai 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. HÖrburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kohout als Schriftführer in der Strafsache gegen Wilhelm K***** wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 Z 4 WaffenG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 27.Jänner 1992, GZ 18 Vr 1523/91-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch zu den Fakten Punkt 1.) des Urteilsspruches wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Gründe:

Wilhelm K***** wurde mit dem angefochtenen Urteil wegen des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB (Schuldspruchfaktum 1.) und des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 Z 4 WaffenG (2.) schuldig erkannt.

Die von ihm dagegen erhobene, auf den § 281 Abs. 1 Z 5 und 5 a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, richtet sich nur gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens, der ihm anlastet, als bestelltes Jagdschutzorgan, mithin als Beamter, mit dem Vorsatz, das Land Vorarlberg an seinem konkreten Recht, die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Jagdgästekarte zu prüfen, solche Karten auszustellen und die dafür anfallenden Gebühren einzuheben, Personen ohne Jagdberechtigung von der Jagd auszuschließen sowie Eingriffe in das Jagdrecht und Übertretungen jagdrechtlicher Vorschriften zu verhindern, gegebenenfalls festzustellen und anzuzeigen, zu schädigen, seine Befugnis im Namen des Landes Vorarlberg in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht zu haben, daß er im Jahre 1984 oder 1985 dem abgesondert verfolgten Wolfgang N*****, welcher weder im Besitz einer Jagdkarte noch einer Jagdgästekarte war, den Abschuß eines Murmeltieres ermöglichte, indem er ihm sein Jagdgewehr zur Verfügung stellte (1.a), sowie zwischen 1985 und 1989 der abgesondert verfolgten Annemarie R*****, welche damals weder eine Jagd- noch eine Jagdgästekarte besaß, den Abschuß eines Gamsbockes, eines Rehbockes, einer Gamsgeiß sowie eines Birkhahns ermöglichte, wobei er ihr hiezu sein Gewehr zur Verfügung stellte und sie bei den jeweiligen Abschüssen begleitete, sowie dadurch, daß er ihr weiters den Abschuß von sechs oder sieben Füchsen und sechs oder sieben Mardern gestattete, wobei Annemarie R***** auch dabei keine Jagdberechtigung besaß (1.b).

Inhaltlich wendet sich die Beschwerde gegen die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen für den (von den Tatrichtern selbst als wesentlich angesehenen, US 7) Umstand, ob Annemarie R***** zu den ihr angelasteten Abschüssen des Raubwildes vor oder nach Erwerb der Jagdberechtigung kam. Sie geht dabei zutreffend davon aus, daß bei Wegfall des Schuldspruches wegen der Abschüsse des Raubwildes durch R***** Verjährung der Tat eintritt (Abschuß des übrigen Wildes bis Sommer 1986; Verfügung der Zustellung der unmittelbaren Anklage vom 28.November 1991, AS 2).

Die Mängelrüge (Z 5) ist berechtigt.

Das Erstgericht begründet die damit angefochtenen Feststellungen insbesondere mit den das Geständnis des Angeklagten deckenden Gendarmerieerhebungen (US 8). Entscheidend für die Annahme, daß Annemarie R***** beim Abschuß des Raubwildes noch nicht die Jagdprüfung abgelegt und die Jagdberechtigung erworben hatte, seien dabei ihre Aussagen in der Hauptverhandlung sowie die eigenen Angaben des Angeklagten vor dem Gendarmerieposten Gaschurn am 9.Oktober 1991 gewesen (US 9). Sowohl die Gendarmerieerhebungen als auch diese Aussage vor der Gendarmerie waren jedoch (mangels Verlesung, vgl Protokoll über die Hauptverhandlung ON 13) nie Gegenstand des Beweisverfahrens, wie die Beschwerde zu Recht geltend macht. Die Berücksichtigung von Beweisergebnissen, die laut Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls nicht im Sinne des § 258 StPO zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurden, stellt jedenfalls den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO her (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 118 zu § 281 Z 5), weil damit für den Ausspruch des Gerichtshofes über entscheidende Tatsachen nur unzureichende Gründe angegeben worden sind.

Die Beschwerde releviert ferner zu Recht, daß das Erstgericht die auf den Hinweis des Angeklagten in der Hauptverhandlung, R***** habe 1989 "fuchsen" dürfen, weil sie (schon) die Jagdprüfung hatte, von dieser Zeugin im Rahmen ihrer Aussage abgegebene Erklärung: "Ich habe die Jagdkarte gehabt und bin zum Jagen" (vgl Protokollberichtigungsbeschluß ON 20) mit Stillschweigen übergangen und unerörtert gelassen hat.

Diese vom Beschwerdeführer zutreffend gerügten Begründungsmängel lassen das angefochtene Urteil im bekämpften Ausmaß mit Nichtigkeit behaftet erscheinen.

Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen (§ 285 e StPO).

Mit ihren dadurch gegenstandslos gewordenen Berufungen waren der Angeklagte und auch die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

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