OGH 14Os44/92-8 (14Os45/92-8)

OGH14Os44/92-8 (14Os45/92-8)28.4.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.April 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kohout als Schriftführer, in der Medienrechtssache des Antragstellers Dr. Norbert G***** gegen die Antragsgegnerin Oscar B***** GesmbH & Co KG über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 8. Juli 1991, GZ 9 d E Vr 6896/90-16, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 12.August 1991, AZ 21 Bs 275/91, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Raunig, und des Vertreters der Antragsgegnerin Rechtsanwalt Dr. Schmidt, jedoch in Abwesenheit des Antragstellers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Beschlüsse

1. des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 8.Juli 1991, GZ 9 d E Vr 6896/90-16, und

2. des Oberlandesgerichtes Wien vom 12.August 1991, AZ 21 Bs 275/91 (ON 19 des Vr-Aktes)

verletzen jeweils das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 14 Abs. 3 MedienG, 395 Abs. 3 StPO iVm § 1 RATG und TP 4 des RATG. Die Beschlüsse werden aufgehoben und dem Landesgericht für Strafsachen Wien wird aufgetragen, dem Gesetz gemäß zu verfahren.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29.August 1990, GZ 9 d E Vr 6896/90-6, wurde der Antragsgegnerin Oscar B***** GesmbH & Co KG aufgetragen, eine vom Antragsteller Dr. Norbert G***** verlangte Entgegnung zu veröffentlichen und demzufolge gemäß § 19 Abs. 1 MedienG auch die Kostenersatzpflicht der Antragsgegnerin ausgesprochen.

Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der Antragsgegnerin gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 18.März 1991, AZ 21 Bs 9/91 (ON 12 des Vr-Aktes), nicht Folge; zugleich erkannte das Berufungsgericht, daß der Antragsgegnerin gemäß § 390 a Abs. 1 StPO auch die Kosten des Rechtsmittelsverfahrens zur Last fallen.

Das Landesgericht für Strafsachen Wien bestimmte hierauf mit Beschluß vom 8.Juli 1991 (ON 16 des Vr-Aktes) die Kosten des Antragstellers auf Grund des § 5 Z 24 lit. b iVm § 9 Abs. 1 Z 2 und § 10 der Autonomen Honorar-Richtlinien

(AHR) - antragskonform - mit 44.357,40 S. Der dagegen erhobenen Beschwerde der Antragsgegnerin, welche die Anwendung des Rechtsanwaltstarifgesetzes (RATG) und des Rechtsanwaltstarifs reklamiert, wurde vom Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 12. August 1991, AZ 21 Bs 275/91 (= ON 19 des Vr-Aktes) nicht Folge gegeben.

Der Kostenbestimmungsbeschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 8.Juli 1991 (ON 16) und die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 12.August 1991 (ON 19) stehen mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 14 Abs. 3 MedienG gelten für das Entgegnungsverfahren - vorbehaltlich einer abweichenden Sonderregelung durch das Mediengesetz - sinngemäß die Bestimmungen der StPO 1975 für das Privatanklageverfahren, wobei dem Antragsteller die Rechte des Anklägers und dem Antragsgegner die Rechte des Beschuldigten zukommen. Da § 19 MedienG in bezug auf den Ersatz der Vertretungskosten der Höhe nach eine Sonderregelung nicht enthält, gelten - wie der Oberste Gerichtshof mit seiner Entscheidung vom 18.Dezember 1991, AZ 13 Os 115/91 (= NRSp 1992/72) klargestellt hat - für das Entgegnungsverfahren insoweit sinngemäß die Vorschriften der Strafprozeßordnung auch über den Kostenersatz im Privatanklageverfahren, insbesondere somit die Bestimmungen des § 395 Abs. 3 StPO mit ihrem Verweis auf das RATG. Demnach sind § 1 RATG, der unter anderem die Entlohnung eines Rechtsanwaltes für seine Vertretungstätigkeit im Privatanklageverfahren zum Gegenstand hat, sowie die TP 4 des RATG, welche auch Ansätze für die Entlohnung eines Rechtsanwaltes für Vertretungshandlungen in einem solchen Privatanklageverfahren wegen eines in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fallenden Vergehens enthält, bei der Bemessung des Kostenersatzes im Entgegnungsverfahren anzuwenden.

Daher hätte weder die Kostenbemessung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien noch die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes Wien auf Ansätze der Autonomen Honorar-Richtlinien gegründet werden dürfen. Diese sind nämlich nach ihrer Zweckbestimmung (§ 1 lit. a) für die Leistungen eines Rechtsanwaltes nur soweit bedeutsam, als dessen Entlohnung nicht durch Gesetz oder Verordnung geregelt ist, was hier jedoch nicht der Fall ist.

Der dem Erst- und Rechtsmittelgericht unterlaufene Irrtum wirkte sich im vorliegenden Fall zum Nachteil der Antragsgegnerin aus, die gemäß § 14 Abs. 3 MedienG die Rechte einer Beschuldigten hat. Der Oberste Gerichtshof hatte sich daher nicht bloß auf die Feststellung der Gesetzesverletzung zu beschränken, sondern zur Beseitigung des daraus der Antragsgegnerin (Beschuldigten) erwachsenen Nachteils die Entscheidungen aufzuheben und Verfahrenserneuerung in erster Instanz anzuordnen (SSt. 52/16).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte