Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Anträge der Parteien auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekursverfahrens werden abgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin, Mieterin einer Wohnung in dem im Kopf dieser Entscheidung genannten Haus, das im Eigentum des Antragsgegners steht, begehrt - nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle -, es möge dem Antragsgegner der Auftrag erteilt werden, sämtliche im Haus befindliche Mietgegenstände zu vermessen, und auf Grund des so erstellten Gutachtens die Neuberechnung des Verteilungsschlüssels für Betriebs- und Heizkosten vorgenommen werden. Aus der Begründung des bei der Schlichtungsstelle gestellten Antrages ergibt sich, daß die Antragstellerin sowohl die Aufteilung der Bewirtschaftungskosten als auch die tatsächlich vorgeschriebenen Beträge an Betriebskosten, Heizkosten und Hauptmietzins für die Zeit vom 1. 8. 1988 bis Februar 1989 bekämpft.
Der Antragsgegner wendete die Unzulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens nach dem Mietrechtsgesetz mit der Begründung ein, das Haus sei im zweiten Weltkrieg total zerbombt worden; der Hauseigentümer habe den Wiederaufbau ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel durchgeführt.
Das Erstgericht wies das Begehren der Antragstellerin in der Fassung der oben wiedergegebenen Antragsformulierung zurück. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Das in den letzten Jahren des zweiten Weltkrieges zerbombte Haus des Antragsgegners wurde zwischen 1945 und 1949 von der damaligen Eigentümerin, der Mutter des Antragsgegners, mit deren Mitteln und mit den Mitteln des Antragsgegners ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel wieder aufgebaut. Bereits im Jahre 1948 wurden die ersten Mietverträge abgeschlossen. Die Wiederaufbauarbeiten waren in den Jahren 1950 und 1951 beendet. In den Jahren 1960 und 1961 führte der Antragsgegner Anstreicher- und Spenglerarbeiten sowie eine Neugestaltung der Fassade durch. Für diese Verschönerungsarbeiten, die etwa S 400.000,- kosteten, erhielt der Antragsgegner ein Darlehen nach dem Wohnhauswiederaufbaugesetz.
Rechtlich führte das Erstgericht aus:
Nach § 15 Abs.9 WWG unterlägen die mittels Fondshilfe wiederhergestellten Objekte bis zur Rückzahlung des Fondsdarlehens den Bestimmungen des Mietengesetzes mit den in den Absätzen 10 bis 15 getroffenen Änderungen. Nach § 15 Abs.10 WWG sei die Bestimmung des Absatzes 9 auch auf Mietobjekte in solchen Gebäuden anzuwenden, in denen der gemeinsamen Benützung dienende Gebäudeteile mittels Fondshilfe wiederhergestellt worden seien, es sei denn, daß ein solches Mietobjekt ohne Inanspruchnahme von Fondshilfe wiederhergestellt worden sei. Die Zinsbildung habe sich somit dann nicht nach den Vorschriften des WWG zu richten, wenn das Mietobjekt zwar beschädigt, aber ohne Inanspruchnahme von Fondsmitteln wiederhergestellt worden sei. Da sohin das Mietrechtsgesetz im vorliegenden Fall keine Anwendung fände, sei der Antrag zurückzuweisen gewesen.
Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug ihm die Entscheidung in der Sache selbst nach Verfahrensergänzung auf, traf also zur Frage der Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens eine abändernde Entscheidung. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Das gegenständliche Mietobjekt falle bereits gemäß § 1 Abs 1 MRG in den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes, weil keiner der in § 1 Abs 2 bis 4 MRG taxativ aufgezählten Ausnahmetatbestände gegeben sei. Die Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes kraft Verweisung eines Gesetzes auf das Mietrechtsgesetz oder das Mietengesetz (hier: gemäß § 15 Abs.9 und 10 WWG) im Sinne der Transformationsklausel des § 58 Abs.4 MRG sei nur dann und insoweit zu prüfen, als das Mietobjekt nicht ohnedies dem Mietengesetz (jetzt: Mietrechtsgesetz) unterliege, also nur dann und insoweit, als einer der gesetzlichen Ausnahmetatbestände gegeben sei. Der zweite Halbsatz des § 15 Abs.10 WWG in der Fassung der Novelle 1954 schaffe keinen zusätzlichen Ausnahmetatbestand. Daraus folge die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens nach § 37 Abs.1 MRG für das von der Antragstellerin gestellte Begehren. Dieses werde allerdings im fortgesetzten Verfahren noch zu konkretisieren sein, wie sie es in ihrer Rekursschrift bereits tat, weil weder die Überprüfung der Richtigkeit eines Mahnschreibens noch ein Auftrag zur Neuvermessung der Mietgegenstände des Hauses Gegenstand eines selbständigen Antrages nach § 37 Abs.1 MRG sein könne.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zur Frage der Anwendbarkeit des Verfahrens nach § 37 MRG bei einem Mietobjekt, auf welches die Voraussetzungen des § 15 Abs.10 zweiter Halbsatz WWG zutreffen, sowie zur Frage, ob durch die genannte Bestimmung ein Mietobjekt über die Ausnahmetatbestände des § 1 Abs.2 bis 4 MRG hinaus aus dem Anwendungsbereich des MRG (mit Ausnahme des Kündigungsschutzes) herausfalle, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß der erstgerichtliche Beschluß wiederhergestellt werde; hilfsweise stellte der Antragsgegner einen Aufhebungsantrag.
Die Antragstellerin begehrt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß es sich bei den Entscheidungen der Vorinstanzen um verfahrensrechtliche Beschlüsse handelt, die daher - entgegen der vom Erstgericht und vom Antragsgegner auch noch im Revisionsrekurs gebrauchten Terminologie - nicht als Sachbeschlüsse (= Entscheidungen in der Sache selbst) anzusehen sind.
Vorweg ist ferner darauf hinzuweisen, daß die unrichtige Formulierung des Antrages nicht schadet, sofern nur aus dem Vorbringen selbst zu entnehmen ist, worauf das Begehren der Antragstellerin in Wahrheit gerichtet ist. Zutreffend erachtete daher das Rekursgericht es für erforderlich, die Antragstellerin im Verfahren erster Instanz zu einer entsprechenden Präzisierung ihres Begehrens aufzufordern, wie sie es - in Übereinstimmung mit dem Inhalt ihres Vorbringens bei der Schlichtungsstelle - in der Rekursschrift bereits zum Ausdruck brachte.
Auch die verfahrensrechtliche Frage der Zulässigkeit des Verfahrens Außerstreitsachen über das zwar noch entsprechend den Intentionen der Antragstellerin, die aus dem Vorbringen hervorleuchten, adäquat formulierungsbedürftige Begehren wurde vom Rekursgericht zutreffend beantwortet:
Gemäß § 1 Abs.1 des am 1. 1. 1982 in Kraft getretenen Mietrechtsgesetzes, das gemäß § 43 Abs 1 MRG auch auf damals schon bestandene Verträge anzuwenden ist, gilt dieses unter anderem für die Miete von Wohnungen, soweit nicht ein in § 1 Abs.2 bis 4 MRG geregelter Ausnahmetatbestand verwirklicht wird. In der hier zu beurteilenden Sache käme wegen der Wiedererrichtung des Gebäudes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs.4 Z 1 MRG in Betracht. Dieser ist aber nicht erfüllt, weil der Wiederaufbau nicht auf Grund einer nach den 30. 6. 1953 erteilten Baubewilligung erfolgte, sondern zu diesem Stichtag schon abgeschlossen war.
§ 15 Abs.6 WWG (ab der Novelle 1954: § 15 Abs.9 WWG) bestimmt, daß die mittels Fondshilfe wiederhergestellten Mietobjekte den Bestimmungen des Mietengesetzes (gemäß § 58 Abs.4 MRG ab dem Inkrafttreten dieses: den Bestimmungen des MRG) unterliegen, und zwar mit den in den folgenden Absätzen des § 15 WWG getroffenen Abänderungen. Durch diese Gesetzesbestimmung - die durch die folgenden Absätze des § 15 WWG im Zuge der Novellengesetzgebung in verschiedener Weise modifiziert, aber in ihrem grundsätzlichen Charakter nicht geändert wurde - wurde keine Ausnahme von der Anwendbarkeit des Mietengesetzes bzw. des Mietrechtsgesetzes statuiert, sondern gerade umgekehrt die Anwendbarkeit des Mietengesetzes (nunmehr Mietrechtsgesetzes) unter den dort genannten Bedingungen angeordnet. Es sollte also bei Inanspruchnahme von Fondshilfe die Berufung auf einen sonst gegebenen Ausnahmetatbestand des Mietengesetzes (Mietrechtsgesetzes) verhindert werden. Es darf also keineswegs aus § 15 Abs.6 (bzw. Abs.9) WWG der Umkehrschluß gezogen werden, daß in allen Fällen, in denen das Mietobjekt nicht mit Fondshilfe wiederhergestellt wurde, die Anwendbarkeit des Mietengesetzes (Mietrechtsgesetzes) ausgeschlossen wäre. Es ist also ganz allgemein so, daß - wie der Oberste Gerichtshof in anderem Zusammenhang schon aussprach (WoBl. 1989, 94/43 =
MietSlg. 40.610) - die Anwendbarkeit des MRG kraft Verweisung eines Gesetzes (hier: des WWG) auf das MG im Sinne der Transformationsklausel des § 58 Abs.4 MRG nur dann und insoweit zu prüfen ist, als einer der gesetzlichen Ausnahmetatbestände des § 1 Abs.2 bis 4 MRG gegeben ist.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Demnach sind Kosten rechtsfreundlicher Vertretung - nur solche wurden verzeichnet - nur zu ersetzen, wenn diese mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht wurden. Ein solcher Sachverhalt ist nicht gegeben.
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