OGH 15Os33/92-7

OGH15Os33/92-723.4.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.April 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weiter Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Otto N***** und andere wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Otto N*****, Herbert B***** und Erhard K***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 20. Dezember 1991, GZ 34 Vr 2777/90-75, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält, wurden Otto N*****, Herbert B***** und Erhard K***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB (I/A), Otto N***** und Herbert B***** überdies der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB (I/B) und der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB (I/C) sowie Otto N***** allein der Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269

Abs. 1 StGB (II/A), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB (II/B) und der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 194 (richtig: 198) Abs. 1 StGB (II/C) sowie Erhard K***** allein des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB (III) schuldig erkannt.

Darnach haben

I) im bewußten und gewollten Zusammenwirken am 15.Dezember 1990

in St. Johann im Pongau

A) Otto N*****, Herbert B***** und Erhard K***** den Ernst G*****

mit schwerer, gegen ihn gerichteten Gewalt bzw. durch Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben, nämlich durch Versetzen von Schlägen mit einer Eisenstange und durch Reißen an den Haaren, verbunden mit der Äußerung, sie würden ihn mit der Stange schlagen, zur Durchführung eines Oralverkehrs an Erhard K*****, sohin zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt;

B) Otto N***** und Herbert B***** den Ernst G***** mit Gewalt,

indem sie ihm Schläge versetzten, sowie durch die Androhung weiterer Schläge zu erniedrigenden Handlungen, nämlich zum Sitzen unter dem Tisch mit einer Hundeleine und zum Bellen wie ein Hund genötigt;

C) Otto N***** und Herbert B***** den Ernst G***** dadurch, daß

sie ihn zirka neun Stunden in einer Wohnung einsperrten, widerrechtlich gefangengehalten, wobei sie die Tat auf eine solche Weise begingen, daß sie dem Festgehaltenen besondere Qualen bereitete;

II) Otto N***** allein

A) am 15.Dezember 1990 in St. Johann im Pongau dadurch, daß er

den Gendarmeriebeamten RevInsp. G***** und GrInsp. T*****, die im Begriffe standen, ihn festzunehmen, Stöße versetzte, Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung gehindert, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

B) am 12.Juni 1990 in Bischofshofen den Günther N***** durch die Äußerung, er werde ihn umbringen und durch Schlagen mit den Fäusten gegen die Wohnungstür, gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;

C) in St. Johann im Pongau und anderen Orten dadurch, daß er für

nachangeführte Kinder keinerlei Unterhaltszahlungen leistete bzw. dadurch, daß er es stets unterließ, einem Erwerb nachzugehen, der ihm die Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber diesen Kindern ermöglichen würde, seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt der Unterhaltsberechtigten gefährdet wurde bzw. ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre, und zwar

a) in der Zeit von 1.Mai 1990 bis 15.Dezember 1990 für seine am 2. Februar 1982 geborene eheliche Tochter Alexandra N*****,

b) ab November 1984 bis 15.Dezember 1989 mit Ausnahme des Zeitraumes 20.Juli 1985 bis 20.Jänner 1986 sowie 4.Mai 1987 bis 3. Dezember 1987 für Sandra Elisabeth A*****;

III) Erhard K***** am 23.Oktober 1990 in St. Johann im Pongau ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den PKW Ford Granada mit dem Kennzeichen JO 45 DC des Josef H*****, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen.

Dieses Urteil bekämpfen alle Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerden: N***** releviert in bezug auf die Fakten I/A, I/B und I/C sowie II/A und II/B den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, und überdies - mit Ausnahme des Faktums I/B - auch die Gründe der Z 9 lit. b und 10 der zitierten Gesetzesstelle, B***** wendet sich gegen die Fakten I/A und I/C unter Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. a und 10 StPO, und K***** bekämpft nur den Schuldspruch im Faktum I/A aus § 281 Abs. 1 Z 5 und 5 a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

N*****:

Eine Unvollständigkeit des Urteils behauptet der Beschwerdeführer dahin, daß das Erstgericht die Aussage des Zeugen F***** vor dem Bezirksgericht St. Johann im Pongau außer acht gelassen habe. Darnach habe N***** am 14.Dezember 1990 40 Kapseln Sinequan und am 15.Dezember 1990 weitere 20 Kapseln dieses Medikaments zu sich genommen, womit die Menge dieses Präparates feststellbar gewesen wäre. Überdies hätte durch Einsichtnahme in die Krankengeschichte des Krankenhauses Schwarzach bezüglich Thomas F***** auch die Dosierung dieses Medikaments festgestellt werden können.

Mit dem zweiten Einwand führt der Nichtigkeitswerber der Sache nach eine Verfahrensrüge (Z 4) aus, zu der er allerdings formal nicht legitimiert ist, weil er in der Hauptverhandlung einen dahingehenden Beweisantrag nicht gestellt hat.

Das Erstgericht war aber angesichts des Gebotes gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) auch nicht verpflichtet, sich mit der erwähnten Aussage des Zeugen F***** gesondert auseinanderzusetzen; denn zum einen hat der Sachverständige Dr. H***** in Zweifel gezogen, daß N***** nach der Einnahme der angegebenen Menge des Medikaments solche gezielte Handlungen, wie sie vorliegend gesetzt wurden, vornehmen hätte können (S 65/II), zum andern bleibt auch nach den ins Treffen geführten Bekundungen offen, ob es sich um 25 mg oder 50 mg-Kapseln gehandelt habe, so daß daraus eine exakte Beurteilungsgrundlage für den damit angestrebten Nachweis einer Zurechnungsunfähigkeit durch Medikamentenmißbrauch nicht gewonnen werden kann.

Als im Widerspruch mit dem Gutachten Dris. H***** stehend erachtet der Beschwerdeführer den Ausspruch des Gerichtes, wonach er zu den maßgebenden Tatzeitpunkten zurechnungsfähig war, weil der Sachverständige sowohl in dem schriftlichen, als auch in dem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten seine Zurechnungsunfähigkeit nicht habe ausschließen können und es durchaus möglich sei, daß seine Zurechnungsfähigkeit so stark beeinträchtigt war, "daß seine Verantwortlichkeit völlig verschwunden war". Damit wird aber ein innerer Widerspruch in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht aufgezeigt, weil ein solcher nur dann gegeben ist, wenn das Urteil Tatsachen als nebeneinander bestehend feststellt, die nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können (Mayerhofer-Rieder, StPO3 E 101 zu § 281 Z 5). Aber auch ein anderer Anfechtungsgrund der Z 5 der zitierten Gesetzesstelle wird damit nicht aufgezeigt; daß das Gericht aus den Gutachten andere, gleichermaßen gedeckte Schlüsse gezogen hat, als sie der Beschwerdeführer gezogen wissen will, stellt vielmehr einen im Nichtigkeitsverfahren unanfechtbaren Akt richterlicher Beweiswürdigung dar.

Mit Bezugnahme auf das Faktum II/B bemängelt der Nichtigkeitswerber die Urteilsannahme, seine leugnende Verantwortung sei dadurch widerlegt, daß N***** aus dem Fenster gesprungen sei und sich dabei verletzt habe. Dem ist zu entgegnen, daß die Tatrichter die Widerlegung der dieses Faktum betreffenden Verantwortung des Rechtsmittelwerbers keineswegs auf diesen Umstand, sondern auf die glaubwürdige Aussage des mehrfach vernommenen Zeugen N***** - der zwar in der Hauptverhandlung nicht vernommen werden konnte, dessen protokollierte Aussagen jedoch in der Hauptverhandlung einverständlich (s. S 41/II) verlesen wurden - gestützt hat. Mit der Behauptung hinwieder, N***** sei rauschgiftsüchtig und zur Zeit des inkriminierten Vorfalls voll berauscht gewesen, so daß er infolgedessen aus dem Fenster gesprungen sein kann, wird kein nichtigkeitsbegründender Urteilsmangel aufgezeigt, sondern lediglich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter bekämpft.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. b) und die Subsumtionsrüge (Z 10) werden nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, weil sie nicht vom festgestellten Urteilssachverhalt ausgehen. Indem mit dem Vorbringen zum erstgenannten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund die Annahme des Schuldausschließungsgrundes des § 11 StGB infolge voller Berauschung begehrt wird und der Beschwerdeführer mit der Subsumtionsrüge die Beurteilung seiner Tat als Vergehen nach § 287 StGB anstrebt, übergeht er die ausdrückliche Urteilskonstatierung, wonach er zur Tatzeit (wenngleich eingeschränkt) zurechnungsfähig gewesen ist.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

B*****:

In der Mängelrüge (Z 5) zum Faktum I/A moniert dieser Beschwerdeführer eine Undeutlichkeit des Urteils, weil diesem nicht zu entnehmen sei, welche schwere Gewalt von ihm ausgegangen sei. Dabei übersieht er jedoch, daß das Schöffengericht als erwiesen angenommen hat, daß alle drei Angeklagten das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB im bewußten und gewollten Zusammenwirken, demnach als Mittäter begangen haben. Für das Vorliegen von Mittäterschaft genügt es, wenn die Täter bei der Ausführung der Tat bewußt im gleichen Vorsatz zusammenwirken; unbeschadet der Art der Mitwirkung in der Ausführungsphase haftet jeder Mittäter für den gesamten, durch das gemeinschaftliche Zusammenwirken eingetretenen Erfolg.

Nach den Urteilskonstatierungen (US 17) kamen N***** und B***** gemeinsam auf die Idee, dem K***** einen Mundverkehr durch G***** zukommen zu lassen. N***** und B***** forderten G***** hiezu auf, der Widerstand des zunächst sich schockiert und entrüstet wehrenden G***** wurde durch Schläge, in der Folge auch durch Schläge mit einer Eisenstange durch N***** gebrochen. Als G***** den Mundverkehr infolge Ekels unterbrach, wurde er durch massive Drohungen und Schläge des N***** und B***** zur Fortsetzung gezwungen. All dies war vom gemeinsamen Vorsatz der Angeklagten N***** und B***** getragen. Da die Schläge mit einer ein Meter langen Eisenstange mit 26 mm Durchmesser gegen den bereits durch das Faktum II/A eingeschüchterten G***** wegen des hohen Grades der Intensität der Angriffshandlung als Anwendung schwerer Gewalt zu beurteilen ist und diese Gewaltanwendung im Rahmen des gemeinsamen Tatplanes erfolgte, muß sie auch der Beschwerdeführer als Mittäter gegen sich gelten lassen. Von einer Undeutlichkeit kann demnach keine Rede sein.

Mit Bezugnahme auf die Urteilspassage, Ernst G***** "wurde jedoch durch Schläge, in der Folge aber dann auch durch Schläge mit einer Eisenstange in der Länge von einem Meter, die der Erstangeklagte gegen G***** niederließ (Durchmesser der Stange 26 mm) in seinem Widerstand so gebrochen, daß er - aus Angst um sein Leben und seine Gesundheit - dazu bereit war. Mit größtem Ekel und nur durch Gewaltandrohung und Durchführung wie beschrieben von Seiten des Erst- und Zweitangeklagten ging G***** im Schlafzimmer daran, die Hose des schlafenden K***** zu öffnen, das Glied zu erfassen und zum Mund zu führen" (US 17), releviert der Rechtsmittelwerber eine weitere Undeutlichkeit, weil - so meint er - die Worte "wie beschrieben" nicht besagen, welche tatsächlichen Handlungen er gesetzt habe. Mit der gerügten Formulierung hat das Erstgericht aber - durchaus mit Deutlichkeit - zum Ausdruck gebracht, daß dem Genötigten zunächst Gewalt angedroht und dann diese Gewalt auch "wie beschrieben" (gemeint: durch gemeinsame Schläge von Seiten des N***** und des B***** sowie durch Schläge des N***** mit der Eisenstange) tatsächlich angewendet ("durchgeführt") wurde.

Die als erwiesen angenommene Tatbeteiligung des Beschwerdeführers wird von ihm auch unter dem Gesichtspunkt einer Urteilsunvollständigkeit bekämpft: Das Urteil habe die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Gerald T*****, Evelyn P*****, des Angeklagten K***** sowie seine eigene Verantwortung, daß er zum Zeitpunkt des beschriebenen Vorfalls in der Küche gesessen sei, völlig übergangen und unerörtert gelassen; das Urteil sei überdies aktenwidrig, weil die festgestellte Tatbeteiligung des Beschwerdeführers im Widerspruch zu den Aussagen sämtlicher Zeugen und des Mitangeklagten K***** stehe, die bestätigt haben, daß er zum Zeitpunkt des Vorfalls im Schlafzimmer sich in der Küche mit T***** und P***** befunden habe.

Weder die behauptete Unvollständigkeit, noch die Aktenwidrigkeit liegt vor.

Der Zeuge T***** hat in der Hauptverhandlung vom 25.Juli 1981 mit Bezugnahme auf die im Schlafzimmer erfolgte Vergewaltigung ausgesagt, er hätte - als er selbst in der Küche war - "B***** gehört, als dieser geschrien hat, ob er - gemeint

N***** - deppert ist, daß er ihn - G***** - mit der Eisenstange schlägt" (S 311 und 314, je Band I). Daraus ergibt sich, daß B***** sich zu jener Zeit im Schlafzimmer aufgehalten hat. Auf diese Aussage bezog sich T***** in der (gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten) Hauptverhandlung am 20.Dezember 1991 (S 56/II). In keiner der beiden Hauptverhandlungen hat T***** aber ausgesagt, der Beschwerdeführer wäre während der gesamten Dauer der Vergewaltigung mit P***** und ihm in der Küche gesessen. Was die Aussagen der Zeugin P***** und die Verantwortung des Mitangeklagten K***** anlangt, so haben die Tatrichter die Aussagen dieser Zeugin als unglaubwürdig erachtet (US 24 f) und sie sind der Verantwortung des Angeklagten K*****, der vorbrachte, sich infolge seiner Alkoholisierung an den Mundverkehr überhaupt nicht erinnern zu können (S 21/II), nicht gefolgt (US 25). Das Erstgericht war bei der gegebenen Sachlage daher nicht gehalten, sich mit den Angaben der zu diesem Beschwerdepunkt angeführten Personen weiter auseinanderzusetzen.

Da keine der genannten Personen ausgesagt hat, der Angeklagte B***** wäre vom Anfang bis zum Ende der Vergewaltigung ununterbrochen in der Küche gesessen und daher an dieser Tat nicht beteiligt gewesen, liegt auch die behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor, die nur dann gegeben wäre, wenn der Inhalt einer Aussage im Urteil unrichtig wiedergegeben wird. Demnach erweist sich die Urteilsfeststellung, auch der Angeklagte B***** habe G***** im Schlafzimmer durch Drohungen und Schläge zum verfahrensgegenständlichen Mundverkehr genötigt, mängelfrei begründet.

Eben diese Konstatierung übergeht der Nichtigkeitswerber jedoch mit der Rechtsrüge (Z 9 lit. a), in der er die Feststellung vermißt, wo er sich zur Zeit der Tathandlung im Faktum I/A befunden habe. Damit bringt er aber jenen Beschwerdepunkt nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe stets nur durch Vergleich des tatsächlichen Urteilssachverhalts mit dem darauf angewendeten Strafgesetz prozeßordnungsgemäß dargestellt werden können.

Gleiches gilt für die Subsumtionsrüge (Z 10), mit der das Fehlen von Feststellungen behauptet wird, welche gegen Ernst G***** gerichtete schwere Gewalt bzw. welche Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben der Beschwerdeführer angewendet habe, um G***** zum Oralverkehr an K***** zu nötigen. Dabei übergeht die Beschwerde nämlich die Feststellung der Mittäterschaft von N***** und B***** sowie die konstatierten, von beiden genannten Angeklagten gesetzten Nötigungshandlungen, wie schon in Erwiderung der Mängelrüge dargetan wurde.

Mit der Mängelrüge zum Schuldspruch wegen § 99 StGB behauptet der Rechtsmittelwerber eine Urteilsunvollständigkeit insofern, als sich im Beweisverfahren ergeben hätte, daß nur der Zeuge F***** sowie die Angeklagten N***** und K*****, nicht aber er einen Schlüssel zur Wohnung des F***** hatten. Dieses Beweisergebnis sei vom Schöffengericht übergangen worden.

Der erwähnte Einwand betrifft indes keine entscheidende Tatsache. Denn auch in diesem Faktum wird dem Beschwerdeführer Tatbegehung in Mittäterschaft (gemeinsam mit N*****) zur Last gelegt, so daß auf die bereits zum Faktum Vergewaltigung dargelegten Kriterien der Mittäterschaft zu verweisen ist.

Nach den Urteilsfeststellungen war N***** und B***** bekannt, daß G***** während der Dauer seines Festgehaltenseins in der Wohnung mehrfach laut und deutlich zu erkennen gegeben hat, daß er die Wohnung verlassen wolle; trotzdem wurde er insgesamt neun Stunden festgehalten, wobei G***** unter anderem durch die in den Fakten I/A und I/B angeführten Vorgänge besondere Qualen bereitet wurden. Ausgehend von dem durch die Annahme der Mittäterschaft als erwiesen angenommenen gleichen Vorsatz ist nicht entscheidend, ob B***** einen Schlüssel zur Wohnung des F***** hatte, denn - wie gesagt - es haftet jeder Mittäter für den gesamten, durch das gemeinsame Zusammenwirken eingetretenen Erfolg. Dabei ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, daß tatbildlich iS des § 99 StGB auch handelt, wer den bereits ohne sein Zutun eingetretenen Entzug der Freiheit eines anderen verstärkt, verfestigt oder ohne aktives Tun weiter aufrecht erhält (Leukauf-Steininger, Komm.2, RN 9 zu § 99).

Indem der Nichtigkeitswerber die im Urteil festgestellte Annahme der Mittäterschaft (und deren rechtliche Auswirkungen) übergeht, bringt er die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) - mit der er Feststellungsmängel dahin geltend macht, daß es das Gericht unterlassen habe festzustellen, daß er nicht im Besitz der Wohnungsschlüssel gewesen sei, um die Tür aufzuschließen und G***** das Verlassen der Wohnung zu ermöglichen - nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) läßt gleichfalls eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. Mit der Behauptung, unter Zugrundelegung der Verurteilung nach § 201 Abs. 1 StGB sei die Unterstellung seines Verhaltens unter den Tatbestand des § 99 StGB nicht möglich, weil die mit der Vergewaltigung verbundene Freiheitsentziehung als typische Begleittat konsumiert werde, negiert er, daß G***** im Verlaufe seiner neun Stunden währenden Gefangenhaltung nicht nur vergewaltigt, sondern auch zu dem im Faktum I/B wiedergegebenen Verhalten genötigt wurde und während dieses Zeitraums gegen seinen Willen Geschirr abwaschen, sich ausziehen, anwesenden Personen die Zehen küssen und Frauenkleider anziehen mußte.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

K*****:

Die Mängelrüge (Z 5) bekämpft die Urteilsfeststellung, der Beschwerdeführer, der durch die von N***** und B***** erzwungenen Handlungen G***** wach geworden war, habe diese Handlungen hingenommen, dann auf Grund der fortgesetzten Weigerung G***** dessen Kopf zu sich herabgezogen und darauf Wert gelegt, daß G***** den Mundverkehr fortführe.

Als aktenwidrig bezeichnet der Nichtigkeitswerber die Konstatierung, er hätte Wert auf die Fortsetzung des Mundverkehrs gelegt. Der behauptete Urteilsmangel liegt aber nicht vor, weil Aktenwidrigkeit nur dann gegeben ist, wenn in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt wird, das deren Inhalt nicht bildet, wenn also der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben wird (Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 185 zu § 281 Z 5). Da eine derartige unrichtige Wiedergabe von der Beschwerde nicht behauptet wird, geht die Rüge fehl. Die gerügte Urteilsannahme ist vielmehr eine denkmögliche Schlußfolgerung aus dem konstatierten Verhalten des Beschwerdeführers, als er G***** an den Haaren bzw. am Kopf erfaßte und ihm so zu seinem Penis hinzog (US 18). Sofern der Rechtsmittelwerber aber behauptet, diese "Motivationslage" (offenbar gemeint das Wertlegen auf Fortsetzung des Mundverkehrs) sei deswegen mit schweren Begründungsmängeln behaftet, weil sie ausschließlich durch seine Alkoholisierung, Schlaftrunkenheit und das Bedrohungselement gegeben war, bekämpft er nach Art einer Schuldberufung in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter.

Es mag zutreffen, daß der Rechtsmittelwerber Angst insbesondere vor N***** hatte; daß er aber von N***** und B***** bedroht wurde, um an sich den Mundverkehr vornehmen zu lassen, findet in der Aktenlage keine Deckung.

Der Umstand, daß der Zeuge T***** die Aussage des Zeugen G*****, der Beschwerdeführer habe diesen an den Haaren bzw. am Kopf zu sich herabgezogen, nicht unterstützt, steht der Unbedenklichkeit dieser Urteilsfeststellung nicht entgegen, denn T***** war nach seinen eigenen Angaben (S 57/II) zur Zeit dieses Vorfalls in der Küche der Wohnung und hat nur kurz ins Schlafzimmer, in dem der abgenötigte Mundverkehr stattfand, hineingeschaut.

Gegenstand dieses Strafverfahrens sind ua Drohungen, von denen lediglich der Zeuge G***** betroffen war. In diesem Zusammenhang hat das Schöffengericht ausgeführt, allein die Androhung eines Schlages mit der sichergestellten Eisenstange sei geeignet, Furcht und Unruhe zu verbreiten, wozu komme, daß im Pongau die Neigung des Angeklagten N***** zur Gewalttätigkeit bekannt sei, demnach auch G***** und sein Begleiter wußten, daß die Tätlichkeiten und Drohungen des Genannten ernstzunehmen seien (US 25). Das Beweisverfahren hat jedoch keinen wie immer gearteten Anhaltspunkt dafür erbracht, daß N***** den Beschwerdeführer bedroht hat, an sich einen Mundverkehr vornehmen zu lassen. Nicht einmal der Beschwerdeführer selbst hat sich in diese Richtung verantwortet. Demnach war eine dahingehende, von der Beschwerde vermißte Feststellung (der Sache nach Z 9 lit. b) weder indiziert noch geboten.

Auch die abschließenden Ausführungen in der Mängelrüge erweisen sich in Wahrheit als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung. Zwar trifft zu, daß der Sachverständige Dr. H***** in seinem schriftlichen (ON 72) und auch in dem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten eine Zurechnungsunfähigkeit des Beschwerdeführers "in den ersten 30, 60, 90, 120 Sekunden" des Schlaf-Wach-Übergangsstadiums, verbunden mit der Alkoholisierung nicht ausgeschlossen hat (S 67/II); keineswegs aber hat der Sachverständige dem Beschwerdeführer einen während des gesamten Tatzeitraumes andauernden Zustand der Zurechnungsunfähigkeit gutächtlich attestiert (s. S 64/II).

Das Schöffengericht hat im übrigen die Zurechnungsfähigkeit des Berufungswerbers nicht nur auf dieses Sachverständigengutachten gestützt; es hat vielmehr auch die Feststellungen der Gendarmeriebeamten anläßlich der Festnahme der Angeklagten, bei welcher die Beamten eine schwere Alkoholisierung der Angeklagten nicht wahrgenommen haben, weiters die dies bestätigenden Feststellungen des später beigezogenen Arztes Dr. S***** sowie das auf Grund der Aussagen der Zeugen G***** und T***** als erwiesen angenommene zielstrebige und "ideenreiche" Vorgehen sämtlicher Angeklagten - mithin auch des Nichtigkeitswerbers - als Begründung für die bekämpfte Annahme herangezogen. Auf der Grundlage all dieser Verfahrensergebnisse erweist sich diese Urteilsannahme aber als denkrichtig und auch sonst formal mängelfrei; das dagegen ankämpfende Beschwerdevorbringen läuft vielmehr (abermals) auf eine unzulässige Bekämpfung tatrichterlicher Beweiswürdigung hinaus.

Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich der Beschwerdeführer erneut gegen seine als erwiesen angenommene Tatbeteiligung und Zurechnungsfähigkeit. Nach eingehender Prüfung der hiezu vorgebrachten Argumente gelangte der Oberste Gerichtshof jedoch zur Überzeugung, daß damit keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit dieser, dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen dargetan werden.

Sämtliche Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO, teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO - schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Demgemäß ist zur Entscheidung über die Berufungen der Gerichtshof zweiter Instanz zuständig (§ 285 i StPO).

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