OGH 15Os5/92-12

OGH15Os5/92-1223.4.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.April 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Walter N***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 30.September 1991, GZ 20 x Vr 8836/90-83, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Weiß, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Unger zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Rechtliche Beurteilung

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter N***** auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 22.August 1990 in Wien Gerhard W***** durch mehrere Faustschläge ins Gesicht, Tritte gegen den Rumpf- und Schädelbereich, heftiges wiederholtes Aufschlagen des Hinterkopfes auf Beton und Würgen, wodurch dieser die im Spruch des angefochtenen Urteiles näher beschriebenen zahlreichen Weichteilquetschungen und Knochenbrüche erlitt, die in der Folge zu einem Schädel-Hirntrauma mit Atem- und Hirnlähmung führten, vorsätzlich getötet.

Die Geschworenen haben die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach Mord mehrheitlich (im Stimmenverhältnis 5 : 3) bejaht und die Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit stimmeneinhellig verneint. Die nur für den Fall der Bejahung der Zusatzfrage zu beantwortende Eventualfrage nach Verübung der Tat im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs. 1 StGB) war, ebenso wie die weiteren, nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage gestellten Eventual- und Zusatzfragen folgerichtig unbeantwortet geblieben.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 8 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch haben sowohl der Angeklagte als auch der öffentliche Ankläger Berufung ergriffen.

Eine Nichtigkeit im Sinne der Z 4 leg. cit. erblickt der Beschwerdeführer darin, daß seinem Verteidiger vor der Hauptverhandlung die Akteneinsicht verwehrt, ihm das neurologische bzw. gerichtsmedizinische Gutachten nicht zugestellt und damit die im Geschworenenverfahren gemäß § 221 Abs. 1 StPO vorgeschriebene achttägige Vorbereitungsfrist nicht eingehalten worden sei, wodurch ihm die Möglichkeit genommen worden sei, die Beiziehung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigen zu beantragen. Diesen Verfahrensmangel habe er in der Hauptverhandlung auch gerügt.

Mit diesem Vorbringen übersieht er jedoch, daß § 221 Abs. 1 StPO nur die Zustellung der Vorladung zur Hauptverhandlung an den Angeklagten (im Geschworenenverfahren) acht Tage vor der Hauptverhandlung bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt und die Vorbereitungsfrist daher nur dem Angeklagten selbst eingeräumt wird (Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 8 zu § 221). Dem Angeklagten wurde die Ladung zu der für den 30.September 1991 anberaumten Hauptverhandlung aber bereits am 26.August 1991 zugestellt (ON 66), so daß die - ausschließlich der Nichtigkeitssanktion unterworfene - Vorbereitungsfrist gewahrt war. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Behinderungen während der Vorbereitungszeit stellen hingegen den Nichtigkeitsgrund nach Z 4 des § 345 Abs. 1 StPO nicht her, sondern könnten lediglich im Falle der ungerechtfertigten Ablehnung eines darauf gerichteten Antrages durch den Schwurgerichtshof unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 345 StPO releviert werden (siehe Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 28 zu § 221). Da ein Vertagungsantrag wegen der behaupteten Behinderung während der Vorbereitungsfrist vom Angeklagten nicht gestellt wurde, fehlt es aber an den formalen Voraussetzungen für eine - vom Angeklagten ohnedies gar nicht erhobene - Rüge aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO.

Nur der Vollständigkeit halber sei daher darauf verwiesen, daß es sich bei dem nach dem Beschwerdevorbringen (angeblich) nicht zugestellten neurologischen Gutachten um das schriftliche Sachverständigengutachten des Prim. Dr. G***** und bei dem gerichtsmedizinischen Gutachten um jenes des Sachverständigen Dr. D***** über die Blutalkoholbestimmung beim Angeklagten zur Tatzeit handelt. Das zuletzt bezeichnete Gutachten wurde vom Sachverständigen Dr. D***** auf Grund des bereits mehr als ein Jahr aktenkundigen Berichtes des Gerichtsmedizinischen Institutes der Universität Wien über das Ergebnis der Untersuchung der dem Angeklagten etwa elf Stunden nach der Tat abgenommenen Blutprobe (AS 119/I) aber erst mündlich in der Hauptverhandlung erstattet (AS 282/II). Was hingegen das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. G***** (ON 81) betrifft, so hat der in der Hauptverhandlung einschreitende Verteidiger des Angeklagten entgegen dem Beschwerdevorbringen gar nicht gerügt, daß ihm eine Ausfertigung dieses Gutachtens - die an ihn am 25.September 1991 ohnedies abgefertigt wurde (AS 3 l) - nicht zugekommen sei; er hat vielmehr lediglich am Beginn der Hauptverhandlung darauf hingewiesen, daß ihm ein Gutachten "im Zusammenhang" mit seinem Beweisantrag nicht zugestellt wurde (AS 233/II), wobei er mit dem bezüglichen, vor der Hauptverhandlung gestellten schriftlichen Beweisantrag (ON 76) - unter anderem - eine "gerichtschemische" Untersuchung zweier sichergestellter Bekleidungsgegenstände beantragt hat, die aber nicht vorgenommen worden war. Im übrigen wäre es dem in der Hauptverhandlung einschreitenden (gewählten) Verteidiger des Angeklagten in jedem Fall freigestanden im Hinblick darauf, daß der psychiatrische Sachverständige Dr. G***** erst nach der Einvernahme des Angeklagten und der Zeugen in der Hauptverhandlung erschien, zur Wahrung der Verteidigungsrechte des Angeklagten sogleich zweckdienliche Anträge zu der aus seiner Sicht erforderlichen ergänzenden Befragung des Experten zu stellen, was er jedoch unterlassen hat.

Mit seiner Verfahrensrüge (Z 5) wendet sich der Angeklagte gegen die Abweisung seines in der Hauptverhandlung unter Hinweis auf seinen früheren schriftlichen Antrag (ON 76) gestellten Beweisantrages auf Beischaffung der sichergestellten Windjacke Größe 98 und des Pullovers der Größe 52 zum Beweis dafür, daß ihm diese Kleidungsstücke nicht passen und daher von ihm nicht getragen worden sein können, die Abgrenzung der Blutspuren am Pullover durch die Windjacke ersichtlich sei und die Depositionen des Zeugen Bez.Insp. M*****, wonach diese Kleidungsstücke zum Aufwischen von Blut verwendet wurden, unrichtig seien. Wenngleich sich die Rüge ihrem Wortlaut nach (S 332/II) nur auf diesen Antrag (S 287/II) bezieht, wendet sie sich - wie sich aus dem Sachzusammenhang ergibt - inhaltlich auch gegen die Abweisung des hiezu gestellten weiteren Antrags, die in Rede stehenden Bekleidungsgegenstände durch das BKA Wiesbaden zum Nachweis dafür chemisch untersuchen zu lassen, daß die darauf vorhandenen Blutspuren vom Opfer (W*****) stammen. Durch die Aufnahme der begehrten Beweise wäre nach Auffassung des Angeklagten zu erweisen gewesen, daß eine dritte, bisher unbekannte Person in das Tatgeschehen "involviert" gewesen sein könnte (AS 288/II; 332/II).

Auch diese Rüge versagt.

Die beiden genannten Kleidungsstücke waren von den erhebenden Polizeibeamten in Tatortnähe, und zwar gegenüber dem Stadtbahnbogen 244 in einem Abfallbehälter, getrennt von anderen Beweisgegenständen aufgefunden und sichergestellt worden (AS 41 f/I und Zeugenaussage M*****, AS 261 ff/II). Sie wurden zusammen mit weiterem Beweismaterial, darunter auch einem vom Angeklagten bei der Tat getragenen dunkelblauen Pullover noch am 23. August 1990 an den gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr. D***** zur Untersuchung übergeben (AS 121 f/I). Die Untersuchung des Beweismaterials durch diesen Sachverständigen auf Blut, dessen Art- und Gruppenzugehörigkeit hatte lediglich das Ergebnis, daß die braunroten Verschmutzungen auf der blaugrauen Windjacke, Proben 24 a und b (AS 433/I) bzw. den beiden blauen Pullovern, Proben 19 bzw. 30 a bis c (AS 431 und 435/I) von menschlichem Blut stammen, ohne daß aber eine sichere Bestimmung der Blutgruppe möglich gewesen wäre (AS 447/I). Der Sachverständige Dr. D***** erläuterte und ergänzte in der Hauptverhandlung sein schriftliches Gutachten und schloß dabei über ausdrückliches Befragen durch den Verteidiger die Möglichkeit einer Blutbestimmung in bezug auf die auf den vorgenannten Kleidungsstücken vorhandenen Blutspuren durch das BKA Wiesbaden aus, weil die ein Jahr zuvor vorgenommene Untersuchung des Spurenmaterials "nach dem damaligen Stand erfolgte, der dem Institut für Gerichtsmedizin damals zur Verfügung stand und auf der gesamten Welt mit den gleichen Methoden untersucht werde" (AS 284/II).

Gemäß § 118 Abs. 2 StPO ist zur Erstattung eines Gutachtens grundsätzlich nur ein einziger Sachverständiger beizuziehen. Die Bestellung eines zweiten Sachverständigen - worauf das Beweisbegehren der Sache nach abzielt - kommt nur ausnahmsweise, und zwar nur dann in Betracht, wenn es wegen der Schwierigkeit der Beobachtung oder Begutachtung erforderlich ist oder wenn Befund und Gutachten Widersprüche und Mängel der in den §§ 125 und 126 StPO bezeichneten Art aufweisen, die sich nicht durch eine nochmalige Befragung des Sachverständigen beheben lassen. Eine Begutachtung ist dann als schwierig im Sinne der genannten Gesetzesstelle zu beurteilen, wenn ein Sachverständiger die ihm vorgelegten Sachfragen entweder gar nicht oder nicht mit Bestimmtheit zu beantworten vermag und sich die Möglichkeit einer Beantwortung durch andere Gutachter nicht von vornherein ausschließen läßt (Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 68 zu § 118).

Beides trifft vorliegend nicht zu; insbesondere hat der Angeklagte nicht dargetan, weswegen entgegen der diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen Dr. D***** zu erwarten sei, daß dem BKA Wiesbaden gegenüber dem gerichtsmedizinischen Institut der Universität Wien weitergehende Möglichkeiten zur Blutbestimmung zur Verfügung stünden oder seit der Untersuchung des Spurenmaterials neue Methoden zur Blutbestimmung entwickelt worden wären. Die Einholung eines weiteren (= zweiten) Gutachtens zur Blutbestimmung durch das BKA Wiesbaden ist daher nach Lage des Falles zu Recht unterblieben. Dem Schwurgerichtshof ist im übrigen (auch) darin beizupflichten, daß dann, wenn die Blutgruppenzugehörigkeit jener Blutspuren, die auf den im Abfallbehälter vorgefundenen Bekleidungsgegenständen (Windjacke und Pullover) vorhanden waren, nicht mehr bestimmt werden kann, auch die Durchführung des Beischaffungsantrages eine Erweiterung der Beweisgrundlage nicht erwarten läßt. Es wäre insbesondere nicht möglich gewesen, die Bekleidungsgegenstände einer bestimmten Person als Eigentümer zuzuordnen und sie als Indiz für oder gegen die Täterschaft des Angeklagten zu bewerten. Durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis wurden somit Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt.

Mit seiner Instruktionsrüge (Z 9), die der Angeklagte teilweise der Sache nach auch unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO ausführt, behauptet er eine in mehrfacher Hinsicht unrichtige bzw. unvollständige Rechtsbelehrung.

Eine mangelhafte, in einem wesentlichen Punkt unvollständige Rechtsbelehrung sei nach Ansicht des Beschwerdeführers zunächst darin zu erblicken, daß die Rechtsbelehrung zwischen den Begriffen der "tiefgreifenden Bewußtseinsstörung" bzw. der "vollen Berauschung" einerseits und dem (vom Sachverständigen errechneten) Blutalkoholwert andererseits keine Beziehung herstellt. Die Beschwerde läßt dabei außer acht, daß Gegenstand der Rechtsbelehrung nur rechtliche, nicht aber tatsächliche Umstände sein können, die nur für die Beweiswürdigung in Betracht kommen. Auf den konkreten Sachverhalt des zur Beurteilung stehenden Falles ist daher nicht einzugehen. Die Zurückführung der in die Fragen aufgenommenen gesetzlichen Merkmale auf den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalt ist vielmehr Sache der nach § 323 Abs. 2 StPO abzuhaltenden Besprechung (Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 14 und 18 zu § 345 Abs. 1 Z 8).

Davon abgesehen hat der Schwurgerichtshof in der schriftlichen Rechtsbelehrung zu den Zusatzfragen (nach Zurechnungsunfähigkeit gemäß § 11 StGB) und den Eventualfragen (nach voller Berauschung) den Rechtsbegriff der Zurechnungsunfähigkeit richtig als Fehlen der Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit definiert, das von Gesetzes wegen aus vier Gründen, darunter infolge tiefgreifender Bewußtseinsstörung eintreten kann. Es wird auch der Rechtsbegriff der vollen Berauschung ausführlich und zutreffend erläuert und unter anderem dargetan, daß volle Berauschung eine tiefgreifende Bewußtseinsstörung darstellt, die vom Angeklagten unverschuldet oder vorsätzlich bzw. fahrlässig herbeigeführt werden kann, wobei auch die jeweiligen, daraus resultierenden Folgen für die Beantwortung der an die Geschworenen gerichteten Fragen angeführt sind (S 30 ff der Rechtsbelehrung). Daß in der Rechtsbelehrung einzelne typische Kennzeichen für das Vorliegen einer vollen Berauschung hervorgehoben werden, nicht aber daraus hervorgeht, daß ein hoher Blutalkoholgehalt ab etwa 3 %o ebenfalls auf das Vorliegen einer vollen Berauschung hindeuten kann, war der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht zuwider nicht geeignet, einen Irrtum der Geschworenen herbeizuführen. Einerseits kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, daß eine Bewußtseinstrübung bis zur vollen Berauschung im Regelfall im nahen Zusammenhang mit dem durch den Blutalkoholgehalt feststellbaren hohen Alkoholisierungsgrad steht und andererseits wurde den Geschworenen vom psychiatrischen Sachverständigen Prim. Dr. G***** erläutert, daß der Grad der alkoholabhängigen psychischen und physischen Beeinträchtigung nicht an bestimmte Blutalkoholwerte gekoppelt werden kann, weshalb er letztlich die Beurteilung der Frage einer allfälligen vollen Berauschung der Beweiswürdigung der Geschworenen überließ (AS 285 f/II). Da ein allgemein anerkannter Erfahrungssatz nicht besteht, daß jeder Mensch bei Vorliegen einer bestimmten Blutalkoholkonzentration infolge Vollrausches zurechnungsunfähig wäre, es vielmehr stets auf die - wie bereits erwähnt erst bei der Besprechung nach § 323 Abs. 2 StPO zu erörternden - besonderen Umstände des Einzelfalles ankommt, macht das Fehlen eines Hinweises auf die Bedeutung eines hohen Blutalkoholgehaltes für die Frage des Vorliegens einer vollen Berauschung die Rechtsbelehrung nicht zu einer (infolge Unvollständigkeit) unrichtigen.

Aus dem Fehlen einer gesonderten Erläuterung in der vom Obmann der Geschworenen abgefaßten Niederschrift gemäß § 331 Abs. 3 StPO über jene Erwägungen, die stimmeneinhellig zur Verneinung der Zusatzfrage der Zurechnungsunfähigkeit gemäß § 11 StGB geführt haben, kann eine fehlerhafte Rechtsbelehrung, die einen Irrtum der Geschworenen bewirkt haben soll, ebensowenig abgeleitet werden, wie irgend ein anderer Nichtigkeitsgrund (siehe Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 10 ff zu § 331), zumal in der Rechtsbelehrung - wie bereits dargelegt - die Rechtsbegriffe der tiefgreifenden Bewußtseinsstörung und der vollen Berauschung rechtlich einwandfrei erläutert wurden.

Wenn der Beschwerdeführer weiters in der Rechtsbelehrung einen Hinweis darauf vermißt, welche Bestandteile des Gutachtens des psychiatrischen Sachverständigen Prim. Dr. G***** die Geschworenen ihrer Beurteilung zugrunde legen durften, weil der Sachverständige bei der Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens in der Hauptverhandlung der den Geschworenen vorbehaltenen Beweiswürdigung und rechtlichen Beurteilung durch seine zu weitgehenden Aussagen im Zusammenhang mit der Frage der tiefgreifenden Bewußtseinsstörung und dem Problem der vollen Berauschung unzulässigerweise vorgegriffen habe, zeigt er erneut keine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung auf, sondern behauptet Fehler des Gutachtens, die er zum Anlaß für eine nochmalige Befragung des Sachverständigen bzw. für eine Antragstellung iS der §§ 125, 126 StPO hätte nehmen können. Dazu im Verfahren erster Instanz nicht geäußerte Bedenken lassen sich aber im Rahmen der Instruktionsrüge, die der Überprüfung der nur auf rechtliche Umstände beschränkten Rechtsbelehrung (§ 321 Abs. 2 StPO) dient, nicht nachholen.

Unzutreffend ist schließlich auch der im Rahmen der Subsumtionsrüge vorgebrachte Einwand, die Rechtsbelehrung sei auch deshalb in einer ihre Unrichtigkeit bewirkenden Weise unvollständig geblieben, weil sie sich nicht ausreichend mit der Wissens- und Wollenskomponente des Tötungsvorsatzes auseinandergesetzt habe. Denn die Geschworenen wurden zutreffend über das Wesen des Vorsatzes instruiert (S 1 ff der Rechtsbelehrung), wobei auf sämtliche Vorsatzformen eingegangen und zu der auf das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB gerichteten Hauptfrage festgehalten wurde, daß für dieses Delikt bedingter (Tötungs-)Vorsatz genügt (S 5 der Rechtsbelehrung).

Wenn der Beschwerdeführer schließlich - abermals mit unzulässigem Hinweis auf die Niederschrift der Geschworenen - unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs. 1 StPO einen Feststellungsmangel des Wahrspruchs zur subjektiven Tatseite bzw. einen Rechtsirrtum der Geschworenen hinsichtlich der tiefgreifenden Bewußtseinsstörung behauptet, wird der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Wie jeder materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund kann auch die Subsumtionsrüge nur durch einen Vergleich des im Wahrspruch festgestellten Tatsachensubstrates mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargetan werden. Dabei ist der Oberste Gerichtshof an die durch den Wahrspruch festgestellten Tatsachen gebunden. Eine Nichtigkeitsbeschwerde, die sich - wie im vorliegenden Fall - über die im Wahrspruch festgestellten Tatsachen, also auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite oder des festgestellten Mangels eines Entschuldigungsgrundes hinwegsetzt, ist nicht gesetzmäßig ausgeführt (Mayerhofer-Rieder, StPO3, E 2 bis 4 a zu § 345 Allg., und E 8 zu § 345 Z 12 StPO). Vorliegend weicht der Angeklagte aber mit seiner Subsumtionsrüge unzulässigerweise vom Wahrspruch der Geschworenen ab, die durch Bejahung der Hauptfrage unter anderem einen (zumindest bedingten) Tötungsvorsatz und durch Verneinung der Zusatzfrage a) das Nichtvorliegen des Schuldausschließungsgrundes der Zurechnungsunfähigkeit nach § 11 StGB festgestellt haben.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aber auch die Berufungen sind unbegründet.

Das Geschworenengericht hat bei der Strafbemessung als erschwerend das Vorliegen von zwei einschlägigen Vorstrafen, die Begehung der Tat bei zweifach offenem Strafvollzug sowie die außerordentlich grausame Tatausführung durch Totprügeln und Tottreten des Opfers, als mildernd hingegen das Geständnis zur Tat, die der Tat vorangegangene Provokation durch das Verhalten des Opfers sowie die Enthemmung des Angeklagten durch den der Tat vorangegangenen Alkoholkonsum gewertet und ausgehend von diesen Strafbemessungstatsachen eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren für tatschuldangemessen erachtet.

Dem in der Berufung der Staatsanwaltschaft formell zutreffend reklamierten weiteren Erschwerungsgrund des raschen Rückfalls nach der - im Verhältnis zur gegenständlichen allerdings geringfügigen - Verurteilung durch das Strafbezirksgericht Wien vom 11.Juni 1990, AZ 2 U 591/90, kommt deswegen keine die Erhöhung der über den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe bedingende Bedeutung zu, weil das Erstgericht diesen Umstand der Sache nach ersichtlich ("Begehung der Tat bei zweifach offenem Strafvollzug") ohnedies in seine Strafbemessungserwägungen einbezogen hat. Des weiteren hat es der von der Staatsanwaltschaft besonders hervorgehobenen Brutalität der Tatausführung ebenfalls Rechnung getragen und diese bei der Gewichtung der Strafbemessungsschuld des Angeklagten gebührend berücksichtigt.

Die Berufung des Angeklagten hinwieder bringt lediglich vor, der Angeklagte sei bei herabgesetzter Alkoholtoleranz zum Tatzeitpunkt schwer berauscht gewesen und habe auf Grund der vorangegangenen Provokation in einem hochgradigen Affekt gehandelt; es komme sein Zustand zum Zeitpunkt der Tat der Begehung "einer Rauschtat" zumindest sehr nahe. Mit diesem Berufungsvorbringen vernachlässigt der Angeklagte allerdings, daß das Geschworenengericht sowohl die der Tat vorangegangene Provokation als auch seine Enthemmung zum Tatzeitpunkt ausdrücklich als mildernd in seine Strafbemessungsüberlegungen einbezogen hat. Nach dem verbindlichen Wahrspruch der Geschworenen kann nicht davon ausgegangen werden, daß sich der Angeklagte in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen (§ 34 Z 8 StGB), seine Enthemmung zur Tatzeit aber wurde vom Erstgericht ohnedies zu seinen Gunsten berücksichtigt. Insgesamt wurden die Strafbemessungsgründe - wie die Berufung auch konkludent einräumt - im wesentlichen zutreffend dargestellt, vor allem aber richtig gewichtet.

Unter Berücksichtigung aller für die Strafbemessung bedeutenden Faktoren bestand daher für eine Veränderung der über den Angeklagten verhängten, tatschuldangemessenen und persönlichkeitsadäquaten Freiheitsstrafe - die entgegen den Ausführungen der Staatsanwaltschaft keineswegs "weit unter dem gesetzlich angedrohten ... Strafmaß" liegt - kein Anlaß, weswegen beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen war.

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