Spruch:
1. Der nachträgliche Ausspruch der Strafe (§§ 15, 16 JGG) im Urteil vom 5.November 1991 (ON 11) ohne vorangegangene Anhörung des Bewährungshelfers,
2. das Unterbleiben eines urteilsmäßigen Ausspruchs, daß im Verfahren, in dem der Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe ergangen ist (AZ 35 Vr 1529/88 des Landesgerichtes Linz), ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht komme und
3. der im Protokollsvermerk über die Hauptverhandlung entgegengenommene und beurkundete Verzicht des anwaltlich nicht vertretenen Angeklagten auf die Inanspruchnahme des Widerrufsrechtes des § 268 Abs. 2 StPO,
verletzen das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 494 a Abs. 3 StPO, 494 a Abs. 1 Z 3, zweiter Halbsatz, StPO und § 268 Abs. 2 StPO.
Rechtliche Beurteilung
Gründe:
Mit dem gemäß den §§ 458 Abs. 3, 488 Z 7 StPO in gekürzter Form ausgefertigten Urteil des Einzelrichters des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 5.November 1991, GZ 12 E Vr 551/91-11, wurde Thomas E***** des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und unter gleichzeitiger Festsetzung der Strafe gemäß den §§ 15, 16 JGG für den mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 12.Dezember 1988, GZ 35 Vr 1529/88-13, ergangenen Schuldspruch nach dem § 13 Abs. 1 JGG zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die gemäß dem § 494 a Abs. 3 StPO gebotene Anhörung des im vorzitierten Linzer Verfahren bestellten Bewährungshelfers unterblieb ebenso wie der urteilsmäßige Ausspruch, daß in diesem (früheren) Verfahren ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht komme (§§ 494 a Abs. 1 Z 3 zweiter Halbsatz StPO). Nachdem der anwaltlich vertretene Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtet hatte und deshalb auf das ihm gemäß dem § 268 Abs. 2 StPO zustehende Recht auf Widerruf dieses Verzichts binnen drei Tagen hingewiesen worden war, erklärte er, auf die Inanspruchnahme dieses Widerrufsrechtes zu verzichten (AS 85). Dieser - vom Einzelrichter genehmigend zur Kenntnis genommene und protokollarisch festgehaltene - Verzicht widerspricht der gesetzlichen Regelung, weil damit gerade dem anwaltlich nicht vertretenen Angeklagten die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, einen voreiligen, aus welchem Motiv immer erklärten Rechtsmittelverzicht durch einen binnen drei Tagen ohne Angabe von Gründen schriftlich eingebrachten oder zu Protokoll gegebenen Widerruf zu revidieren. Diese Revisionsmöglichkeit ist der Zielsetzung dieser Gesetzesbestimmung gemäß unverzichtbar.
Es waren daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes die vom Generalprokurator zutreffend aufgezeigten Gesetzesverletzungen festzustellen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)