OGH 8Ob5/90

OGH8Ob5/909.4.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes

Hon-Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bank *****, vertreten durch Dr. Walther Mörth und Dr. Georg Buder, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Ing. Kurt S*****, vertreten durch Dr. Alois Karan, Rechtsanwalt in Steyr, wegen S 285.539,90 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 20. Dezember 1989, GZ 3 R 231/89-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 1. Juni 1989, GZ 3 Cg 67/88-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.125,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.854,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte und Heinz S***** haben sich mit Gesellschaftsvertrag vom 15.12.1984 (mündlich)/20.2.1985 (schriftlich) zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (folgend: GesBR) verbunden, die unter der Gemeinschaftsbezeichnung "ART-Antriebs- und Regeltechnik" auftrat (Pkt.1 des Gesellschaftsvertrages). Zweck der Gesellschaft war die Entwicklung von und der Handel mit allen Komponenten der Antriebs- und Regeltechnik, insbesondere von Getrieben, Motoren, Frequenzumformern, Magneten, Pumpen, Ventilatoren, elektronischen Einrichtungen sowie Geräten für den Bereich der Wassertechnik... (Pkt.2). Der Beklagte, der nur beratend tätig sein sollte, stellte die erforderlichen Gewerbeberechtigungen zur Verfügung und Heinz S***** brachte die Vertriebsrechte der Produca-Ionentauscher ein (Pkt.5). Gewinne und Verluste sollten zu gleichen Teilen auf beide Gesellschafter aufgeteilt werden (Pkt.6). Alleinverantwortlicher und haftender Geschäftsführer der Gesellschaft war Heinz S*****, der die Gesellschaft nach außen vertrat und bei Geschäften, welche die Gesellschaft mit mehr als öS 300.000 Kredit belasteten, an die Zustimmung seines Gesellschafters gebunden war (Pkt.10). Heinz S***** stellte am 23.4.1985 namens der GesBR einen auf Ludwig F***** gezogenen und von diesem angenommenen, am 23.5.1985 fälligen, Wechsel an eigene Order über den Betrag von S 285.539,90 aus, den er an die nun klagende Bank verkaufte und durch Vollindossament übertrug; mangels Zahlung ging dieser Wechsel am 28.5.1985 zu Protest. Der klagenden Bank wurde von Heinz S***** beim Ankauf des Wechsels der Gesellschaftsvertrag zum Nachweis seiner Alleinvertretungsbefugnis vorgelegt.

Die klagende Bank brachte gegen den Beklagten und Heinz S*****, die als Gesellschafter der GesBR für das gegenständliche Handelsgeschäft "solidarisch" hafteten, die Wechselmandatsklage ein.

Das Erstgericht erließ den beantragten Wechselzahlungsauftrag gegen beide Beklagte. Heinz S***** ließ ihn in Rechtskraft erwachsen, der Beklagte erhob dagegen die Einwendung, er hafte aus dem Wechsel nicht, weil er ihn nicht unterfertigt habe und zum Zeitpunkt seiner Ausstellung nicht mehr Gesellschafter gewesen sei.

Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag aufrecht und stellt fest, daß der Beklagte im Zeitpunkt der Wechselausstellung noch Gesellschafter der GesBR war und als solcher durch den vertretungs- und geschäftsführungsbefugten weiteren Gesellschafter Heinz S***** verpflichtet worden ist.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und erklärte die Revision für zulässig, weil zur grundsätzlich bedeutenden Rechtsfrage, ob eine namens einer GesBR geleistete Wechselunterschrift unmittelbar die Gesellschafter verpflichte, keine Judikatur vorläge. Zwar habe eine GesBR nach ständiger Rechtsprechung keine Rechtspersönlichkeit, es fehle ihr daher auch die Wechselrechtsfähigkeit. Der vom geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter ausgestellte Wechsel sei jedoch bloß deshalb, weil ihm nicht alle Gesellschafter der GesBR ausgestellt hätten, nicht ungültig, vielmehr gelte die Wechselerklärung als im Namen aller Gesellschafter abgegeben. Schon die Bezeichnung der GesBR weise darauf hin, daß sie zumindest ein Minderhandelsgewerbe betreibe, sodaß der Beklagte solidarisch mit Heinz S***** für die gesamte Wechselforderung hafte.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil der zweiten Instanz erhobene Revision des Beklagten ist aus den vom Berufungsgericht zutreffend dargelegten Gründen zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Das Wechselgesetz enthält - wenn man von seiner IPR-Regelung in Art 91 absieht - keine Bestimmungen über die Wechselrechtsfähigkeit. Wer Träger von Wechselrechten und Wechselverbindlichkeiten sein kann, bestimmt sich für Inländer nach den einschlägigen privatrechtlichen Vorschriften über die Rechtsfähigkeit. Diese haben alle natürlichen und juristischen Personen (§§ 18, 26 ABGB) und die Personengesellschaften des Handelsrechtes (OHG, KG und EEG). Völlig unstreitig ist der GesBR keine Rechtsfähigkeit und daher auch nicht die Fähigkeit zuzuerkennen, Träger von Wechselrechten oder - wie

diesfalls - Wechselverbindlichkeiten zu sein. Hier hat der alleinvertretungs- und geschäftsführungsbefugte Gesellschafter Heinz S***** namens der mit dem nun Beklagten geschlossenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter Verwendung der vertraglich vorgesehenen Gemeinschaftsbezeichnung "ART - Antriebs- und Regeltechnik" einen Wechsel an eigene Order ausgestellt und nach der Annahme durch den Bezogenen Ludwig F***** an die nun klagende Bank verkauft und durch Vollindossament übertragen. Da der Wechsel vom Akzeptanten bei Fälligkeit nicht eingelöst wurde, nahm die nun klagende Bank nach rechtzeitiger Protestierung aus diesem Papier die beiden Gesellschafter der unter der Gemeinschaftsbezeichnung "ART - Antriebs- und Regeltechnik" betriebenen Gesellschaft als Rückgriffsschuldner mit Wechselmandatsklage in Anspruch. Nach dem Gesellschaftszweck Entwicklung und Handel mit allen Komponenten der Antriebs- und Regeltechnik, insbesondere Getrieben, Motoren, Pumpen, Ventilatoren udgl, haben sich die beiden Gesellschafter zum Betrieb eines natürlichen Handelsgewerbes zusammengeschlossen (§ 1 Abs 1 Z 1 HGB), es ist aber von den Vorinstanzen nicht geprüft und festgestellt worden, ob dies ein Voll- oder ein Minderhandelsgewerbe ist, denn es wurde die wechselmäßige Haftung der beiden Gesellschafter auch für den angenommenen Fall des Vorliegens eines Minderhandelsgewerbes bejaht. Läge ein Vollhandelsgewerbe vor, so müßte (ungeachtet des Gebrauches einer gesetzwidrigen Firma) der Bestand einer OHG - eine Haftungsbeschränkung des nichtvertretungs- und nur beschränkt geschäftsführungsbefugten beklagten Gesellschafters wurde weder vereinbart noch in der "Firma" zum Ausdruck gebracht und im Firmenbuch eingetragen oder dem Gläubiger mitgeteilt (§§ 161, 176 HGB), sodaß eine KG ausscheidet - und demgemäß die Haftung der beiden Gesellschafter gemäß 128 HGB bejaht werden. Es ist aber den Vorinstanzen in der Ansicht beizustimmen, daß die Gesellschafterhaftung aus dem vorliegenden Wechselpapier auch unter der Annahme, daß es sich um eine GesBR handeln sollte, zu Recht besteht. Die Rechtsträger einer GesBR sind ihre Gesellschafter (SZ 59/161 uva; Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österr. GesRechts5, 56 mwN in FN 1 und 2; Roth, Grundriß des österr. Wertpapierrechts, 30 mwN in FN 4). Sind sie aber die Zurechnungssubjekte für die Rechte und Pflichten der GesBR, so sind auch die von ihren mit der Gesellschaftsvertretung im entsprechenden rechtlichen Verpflichtungsbereich Betrauten namens der GesBR eingegangenen Gesellschaftsverbindlichkeiten als in ihrem Namen eingegangen anzusehen, gleichviel ob die dabei verwendete Gemeinschaftsbezeichnung die bürgerlichen Namen der Gesellschafter enthalten hat oder nicht. Im Rechtsverkehr ist ein derartiger Vorgang allgemein üblich (Zöllner, Wertpapierrecht14, 63). Es ist daher (wie Zöllner aaO weiter zutreffend darlegt) nicht einzusehen, daß das, was bei Kaufverträgen selbstverständlich ist, beim Wechsel nicht wirksam sein soll, denn es liegt in der rechtlichen Wirksamkeit eines solchen Vorganges doch nicht auch schon die Zuerkennung der Rechtsfähigkeit der GesBR. Es ist zwar richtig, daß dadurch nicht gerade die Verkehrsfähigkeit des Wechselpapiers gefördert wird, aber es ist schließlich doch Sache derjenigen, die ein solches Papier nehmen, daß sie sich damit allfällige Zurechnungsschwierigkeiten aufhalsen. Diesfalls hat die nun klagende Bank ohnedies vor Entgegennahme des angekauften Wechsels die Vorlage des Gesellschaftsvertrages verlangt und sich dadurch Gewißheit über die Zurechnungs- und Haftungsfragen verschafft. Durch die Vorlage des Gesellschaftsvertrages beim Erstgericht ist auch der erforderliche urkundliche Nachweis für das Wechselmandatsverfahren erbracht worden. Da die Wechselverbindlichkeit (Rückgriffshaftung) hier durch die Wechselausstellung unter der Bezeichnung der GesBR begründet wurde, die nach dem Gesellschaftsvertrag als Gemeinschaftsbezeichnung der Gesellschafter in Angelegenheiten der Gesellschaft anzusehen ist, und dies der nun klagenden Bank beim Wechselerwerb bewußt war, so wurden die beiden Gesellschafter als die wahren Wechselaussteller und Rückgriffsschuldner auch für wechselrechtliche

Zwecke - jedenfalls inter partes - ausreichend individualisiert (so zutreffend Roth aaO 30). Die zwar privatrechtlich für die GesBR-Vertretung durchaus zulässige Beschränkung der Vertretungsmacht der für sie auftretenden Gesellschafter durch Ausschluß der Eingehung von Wechselverbindlichkeiten wurde hier vom Beklagten nicht eingewendet und war daher auch nicht zu prüfen. Die Solidarhaftung der beiden Gesellschafter als der wahren Wechselaussteller im Regreß ist hier schon in Art 47 Abs 1 WG begründet, sodaß auf die sonst - nach hM - greifende Bestimmung des Art 8 Nr 1 EVHGB nicht rekurriert werden muß.

Mit Recht haben deshalb die Vorinstanzen den gegen den Beklagten als Gesellschafter der GesBR erlassenen Wechselzahlungsauftrag aufrechterhalten.

Der Revision des Beklagten mußte demnach der Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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