Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf vier Jahre erhöht.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14.April 1950 geborene Hilfsarbeiter Blaz S*****-D***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs. 1 StGB (1./) und der (zu ergänzen: teils vollendeten und teils versuchten) schweren Nötigung nach den §§ 105 (zu ergänzen: Abs. 1) und 106 Abs. 1 Z 1 (zu ergänzen: und 15) StGB (4./) sowie der Vergehen der Blutschande nach dem § 211 Abs. 1 StGB (2./), des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach dem § 212 Abs. 1 StGB (3./) und der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er
zu 1./ in der Zeit vom 10.Mai 1991 bis 13.Juli 1991 in W***** in wiederholten Fällen seine am 10.Mai 1974 geborene leibliche Tochter Ivka S***** dadurch, daß er ihr Faustschläge versetzte, sie mit einem Riemen schlug und mit einem Messer bedrohte, sie zwang, sich zu entkleiden oder gegen ihren Willen ihr die Kleider vom Leibe riß, sein Glied in ihre Scheide einführte und einen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß vollzog, weiters sechs- bis siebenmal sie auf die geschilderte Weise zwang, sein Glied in den Mund zu nehmen, eine Person mit schwerer, gegen sie gerichteter Gewalt oder Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung des Beischlafes und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt,
zu 2./ im selben Zeitraum und am selben Ort dadurch, daß er mit seiner obgenannten Tochter den Geschlechtsverkehr vollzog, mit einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist, den Beischlaf vollzogen,
zu 3./ im selben Zeitraum und am selben Ort durch die unter 1./ geschilderten Handlungen sein minderjähriges Kind zur Unzucht mißbraucht,
zu 4./ in der Zeit vom 18.Februar 1991 bis 13.Juli 1991 in W***** Ivka S***** durch die wiederholten Äußerungen, er werde sie umbringen, wenn sie von den durch ihn erlittenen Mißhandlungen und den unter 1./ angeführten Handlungen anderen Personen erzähle oder Anzeige erstatte, zu einer Unterlassung, nämlich zur Unterlassung der Anzeigeerstattung genötigt und zu nötigen versucht und
zu 5./ in der Zeit vom 18.Februar 1991 bis 13.Juli 1991 in W***** Ivka S***** wiederholt durch Versetzen von Schlägen und Fußtritten vorsätzlich am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt, wobei sie Hämatome vorzüglich im Bereich des Gesichtes, aber auch an anderen Körperstellen erlitt.
Der Angeklagte bekämpft mit einer ausschließlich auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde lediglich die Schuldsprüche zu den Punkten 3./ und 5./ des Urteilssatzes.
Das Vorbringen der Rechtsrüge, zwischen den Tatbeständen des § 201 Abs. 1 StGB (Faktum 1) einerseits und des § 83 Abs. 2 StGB (Faktum 5) andererseits sei deshalb (scheinbare) Idealkonkurrenz gegeben, weil es zu den leichten Körperverletzungen der Tochter des Angeklagten nur im Zusammenhang mit den dem Beschwerdeführer angelasteten Vergewaltigungshandlungen gekommen sei, geht nicht vom Urteilssachverhalt aus. Nach den Feststellungen der Tatrichter mißhandelte der Angeklagte seine Tochter schon am Tage ihrer Ankunft mit Faustschlägen und Schlägen mit der flachen Hand in das Gesicht und versetzte ihr Fußtritte, wobei sich diese Mißhandlungen in der Folge fortsetzten. Dadurch erlitt Ivka S***** vor allem im Gesicht Blutunterlaufungen. Aus den Tatzeiträumen im Urteilsspruch ergibt sich, daß diese wiederholten Mißhandlungen der Tochter des Beschwerdeführers über einen weitaus längeren Zeitraum erfolgten (und zwar vom 18. Februar 1991 bis 31.Juli 1991, Faktum 5), als die wiederholten Vergewaltigungen (10.Mai 1991 bis zum 13.Juli 1991, Faktum 1). Auch setzte der Angeklagte nach den Konstatierungen des Urteils seine Mißhandlungen fort, nachdem er seine Tochter wieder zur Rückkehr gezwungen hatte (vgl. US 5 ff). Der Entscheidung ist nicht zu entnehmen, daß das Erstgericht rechtsirrig die dem Opfer bei den Vergewaltigungen durch Anwendung schwerer Gewalt zugefügten leichten Körperverletzungen idealkonkurrierend auch dem Tatbestand des § 83 Abs. 1 StGB unterstellt hätte. Es hat vielmehr ausdrücklich angeführt, daß der Angeklagte über die ihm angelasteten anderen strafbaren Handlungen hinaus noch für das vorsätzliche Mißhandeln seiner Tochter und die daraus resultierenden wenigstens fahrlässig herbeigeführten leichten Verletzungen im Sinne des § 83 Abs. 2 StGB hafte (vgl. US 16). Damit entbehrt dieser Teil der Rechtsrüge einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung des behaupteten Nichtigkeitsgrundes.
Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde und in der Stellungnahme der Generalprokuratur hat das Erstgericht auch mit Recht (echte) Idealkonkurrenz zwischen dem Verbrechen der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs. 1 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes) und dem Vergehen des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach dem § 212 Abs. 1 StGB (Punkt 3) angenommen.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst ist dazu festzuhalten, daß eine Willensbrechung (im Sinne einer Widerstandsunfähigkeit des Opfers) nicht Tatbestandsmerkmal des § 201 Abs. 1 nF StGB ist. Es wird vielmehr in dieser Strafnorm insoweit nur auf die Intensität von Gewalt und Drohung abgestellt. Allerdings wird der Einsatz schwerer Gewalt häufig tatsächlich (wenngleich nicht tatbestandsnotwendig) zu einer Willensbrechung des Opfers führen. Wurde eine solche schon durch die Gewaltanwendung allein bewirkt, dann wird eintätiges Zusammentreffen des § 201 Abs. 1 StGB mit dem § 212 StGB nicht anzunehmen sein (vgl. dazu Leukauf-Steininger, Komm.3, § 212 RN 23; Pallin im WK, ErgH, § 212 RN 17 a), weil diesfalls - wie die Generalprokuratur an sich zutreffend erkennt - durch die völlige Überwältigung des Opfers die Autorität des Täters ohne Bedeutung für die Verwirklichung des Tatvorhabens geblieben ist und der sexuelle Mißbrauch nicht unter Ausnützung einer (Autoritäts-)Stellung erfolgte, die nach dem Wortlaut des § 212 StGB zwar nur bei der zweiten Alternative des ersten Deliktsfalles ausdrücklich angeführt wird, beim Mißbrauch des eigenen minderjährigen Kindes aber als typisch vorausgesetzt werden kann (siehe Leukauf-Steininger aaO, RN 18; EvBl. 1979/72).
Daß Gewalt (oder auch Drohung) einen höheren Wirkungsgrad zu erreichen vermag, wenn sie von einer Autoritätsperson ausgeübt wird, kann nicht bezweifelt werden. So kann es sein, daß erst durch den Einsatz der Autorität als zusätzliches Mittel der Einwirkung auf das Opfer (neben dem Einsatz schwerer Gewalt) dessen Wille gebrochen wird. In einem solchen Fall ist aber die Annahme eintätigen Zusammentreffens der Tatbestände des § 201 Abs. 1 und des § 212 StGB gerechtfertigt. Eben dies erachteten die Tatrichter im vorliegenden Fall für gegeben. Sie gingen nämlich davon aus, daß die gegen Ivka S***** angewendete (schwere) Gewalt und Drohung erst im Zusammenwirken mit der Autorität ihres Vaters jenes Gewicht erhalten hat, das sie dessen Sexualattacken letztlich widerstandslos erdulden ließ (siehe S 191 dA).
Dem Erstgericht ist somit der behauptete Rechtsfehler nicht unterlaufen.
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 201 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Bei der Strafbemessung war erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen, die mehrfachen Tatwiederholungen durch einen längeren Zeitraum hindurch sowie die rohe und gefühllose Vorgangsweise; mildernd hingegen die bisherige Unbescholtenheit und das teilweise Geständnis.
Mit ihren Berufungen streben der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die bedingte Nachsicht eines Teiles derselben, die Staatsanwaltschaft hingegen eine Erhöhung der Stafe an.
Lediglich der Berufung des öffentlichen Anklägers kommt Berechtigung zu.
Das Geständnis des Angeklagten im Vorverfahren hat wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen (US 12) und wurde daher - entgegen der Auffassung der Anklagebehörde - zutreffend als mildernd gewertet. Demnach hat das Erstgericht die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig festgestellt. Es hat jedoch die rücksichtslose, brutale und rohe Vorgangsweise des Angeklagten gegenüber seiner minderjährigen Tochter, die auf eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten gleichgültige und ablehnende Einstellung (§ 32 Abs. 2 StGB) hinweist, nicht entsprechend berücksichtigt. Erst eine Freiheitsstrafe in der aus dem Spruch ersichtlichen Höhe trägt den im § 32 StGB normierten Grundsätzen für die Strafbemessung voll Rechnung und nimmt auf den Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat gebührend Bedacht.
Somit war dem Begehren der Staatsanwaltschaft zu entsprechen und der Angeklagte mit seiner (darnach unbegründeten) Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Der Kostenausspruch stützt sich auf die angeführte Gesetzesstelle.
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