Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 11.220,66 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.870,11 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Begründung
Gemäß § 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs. 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Der Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision beruht auf dessen Annahme, es liege keine veröffentlichte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vor, wie weit der Vertrauensschutz eines Fußgängers nach zulässigem Betreten des Schutzweges zwecks Fahrbahnüberquerung gehe, bzw. ob ihn während der Überquerung der Fahrbahn auf dem Schutzweg die gleichen Vorsichtspflichten in bezug auf den Fahrzeugverkehr treffen wie bei der Fahrbahnüberquerung außerhalb eines Schutzweges.
Vorweg ist festzuhalten, daß das Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs an sich den Grund für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO darstellt, von einer erheblichen Rechtsfrage deshalb allein aber noch nicht gesprochen werden kann, wenn entsprechende Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind; dies jedenfalls seitdem ein Zugang zu Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs besteht. Voraussetzung für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO ist weiters, daß die Entscheidung des Rechtsstreites von der Lösung der als Grund für die Zulassung der Revision relevierten Frage oder einer anderen in der ordentlichen Revision aufgezeigten Rechtsfrage iS des § 502 Abs. 1 ZPO abhängt. Bei Beurteilung der Erheblichkeit der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Fragen für die Beurteilung des Verhaltens der Klägerin als Grund für die Annahme eines ihr anzulastenden Mitverschuldens ist davon auszugehen, daß die Klägerin die Fahrbahn auf einem Schutzweg imm Sinne des § 2 Abs. 1 Z 12 StVO überquert hat, Normen, die das Verhalten von Fußgängern beim Überqueren von Fahrbahnen außerhalb von Schutzwegen betreffen, für die vorliegende Entscheidung somit nicht wesentlich sind. Das Verhalten der Klägerin ist daher nach § 9 Abs. 2 StVO iVm § 76 Abs. 4 lit. a und § 76 Abs. 5 erster SatzStVO zu beurteilen.
Zur Frage des Verhaltens von Fußgängern beim Überqueren der Fahrbahn auf einem Schutzweg hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt Stellung genommen, und dabei ausgesprochen, daß § 9 Abs. 2 StVO nicht nur eine Geschwindigkeitsbeschränkung für die Annäherung von Fahrzeugen an Schutzwege normiert, sondern auch den "Vorrang" des bereits auf dem Schutzweg befindlichen Fußgängers gegenüber herankommenden Fahrzeugen festlegt (8 Ob 96/79), sodaß der Lenker des herannahenden Fahrzeuges den "Vorrang" des Fußgängers, der den Schutzweg bereits betreten hat, in allen Fällen, in denen dieser bei der Fortsetzung seiner beabsichtigten Straßenüberquerung durch sein Fahrzeug gefährdet oder behindert werden könnte, zu wahren hat (2 Ob 155, 156/81), und daß der im Vorrang befindliche Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn auf dem Schutzweg darauf vertrauen darf, daß sich der Lenker eines herankommenden Kraftfahrzeuges mit einer solchen Geschwindigkeit nähert, daß er das Kraftfahrzeug anhalten kann, um dem Fußgänger das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen (8 Ob 96/79; ZVR 1981/107). Die vom Berufungsgericht zur Begründung für den Zulassungsausspruch herangezogene Frage des Bestehens einer Verpflichtung des Fußgängers, mit dem Überqueren der Fahrbahn innezuhalten, wurde von diesem im Rahmen der Erledigung der Rechtsrüge unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§ 9 Abs. 2 und 76 Abs. 4 lit. a StVO zutreffend beantwortet. Die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, die sich mit dem Überqueren der Fahrbahn in Teilstrecken befaßten (keine Verpflichtung dazu: ZVR 1966/238;
Recht, die Fahrbahn ungehindert und ungefährdet zu überqueren:
2 Ob 355/67; Gebot und Zulässigkeit dazu: ZVR 1964/275, JBl. 1972, 150, ZVR 1973/128; ZVR 1984/174 und 213; Verpflichtung mit dem Überqueren in Fahrbahnmitte innezuhalten: 2 Ob 111/77, 2 Ob 236/81; Zulässigkeit des Überquerens in zwei Etappen bei breiten Straßen: 8 Ob 221/78, 8 Ob 254, 255/79 ua) sind zu § 76 Abs. 5 (Satz 2) StVO, also zu Unfällen beim Überqueren der Fahrbahn außerhalb von Schutzwegen, ergangen. Da Überlegungen dahin, ob diese Rechtsprechung auf durch andere Normen geregelte Sachverhalte anzuwenden ist, fehl am Platz sind, hat das Berufungsgericht zu Unrecht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 1 ZPO angenommen.
Die Revisionswerber machen in ihrer Revision das Vorliegen einer sonstigen erheblichen Rechtsfrage in diesem Sinn nicht geltend. Es mußte daher die Revision ungeachtet des Zulassungsausspruches des Berufungsgerichtes - im Sinne des in der Revisionsbeantwortung primär gestellten Antrages - als unzulässig zurückgewiesen werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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