Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Gericht zweiter Instanz wird die Entscheidung über den Rekurs der beklagten Partei unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.
Text
Begründung
Das Erstgericht erließ die vom Kläger beantragte einstweilige Verfügung (ON 6). Dieser Beschluß wurde entgegen der Zustellverfügung trotz ausgewiesener Bevollmächtigung der Beklagtenvertreter nicht an diese, sondern, wie sich aus dem im Akt befindlichen Rückschein ergibt (S 40), der Beklagten selbst durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt 8023 mit Beginn der Abholfrist 20.12.1991 zugestellt.
Das Gericht zweiter Instanz wies den am 23.1.1992 zur Post gegebenen Rekurs der Beklagten als verspätet zurück, ohne die Zustellung näher zu prüfen und zu erheben, in welchem Zeitpunkt die Zustellung allenfalls im Sinne des § 9 Abs 1, letzter Satz, ZustG als vollzogen gilt, weil das zuzustellende Schriftstück dem Bevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Weist das Rekursgericht in einem Provisorialverfahren ein Rechtsmittel, ohne in die Prüfung des Sicherungsanspruches einzugehen, nur aus formellen Gründen - hier: als verspätet (§ 523 ZPO) - zurück, dann fehlt es an einem Erkenntnis über die Anordnung oder Aufrechterhaltung einer Sicherungsmaßnahme im Sinne des § 402 Abs 1 EO; der Rechtsmittelgegner ist daher am Verfahren über den Revisionsrekurs gegen den Zurückweisungsbeschluß der zweiten Instanz nicht zu beteiligen (6 Ob 809/83; 7 Ob 643/84; 6 Ob 602/85; 7 Ob 679/85; 2 Ob 574/87).
Der Revisionsrekurs der Beklagten ist entgegen der Meinung des Rekursgerichtes zulässig und auch berechtigt, weil die angefochtene Entscheidung einen klaren Verstoß gegen die gemäß § 402 Abs 2, § 78 EO auch im Provisorialverfahren anzuwendende Bestimmung des § 93 Abs 1 ZPO bedeutet, wonach nach Erteilung einer Prozeßvollmacht alle Zustellungen nur an den namhaft gemachten Bevollmächtigten zu geschehen haben. Eine Zustellung an die Partei ist in einem solchen Fall wirkungslos und setzt damit keine Rechtsmittelfrist in Gang; dieser Verstoß wird aber gemäß § 9 Abs 1, letzter Satz, ZustG geheilt, sobald das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist, also auch dann, wenn die Partei das Zustellstück dem Bevollmächtigten übergibt (Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 528; SZ 23/337; EvBl 1964/329; RdW 1985, 371; 3 Ob 26 - 30/90). Um eine Verspätung des zurückgewiesenen Rekurses annehmen zu können, hätte das Gericht zweiter Instanz demnach prüfen müssen, ob in diesem Sinne überhaupt eine Heilung des Zustellmangels eingetreten ist. Im vorliegenden Fall hat aber die Beklagte durch die dem Revisionsrekurs beigeschlossenen Urkunden sogar erwiesen, daß das Zustellstück entgegen den Angaben des Rückscheins nicht einmal beim Zustellpostamt hinterlegt, sondern sofort an das Erstgericht zurückgesendet wurde, wo es bereits am 23.12.1991 wieder eingelangt ist. Sie hat auch durch die von ihr bevollmächtigten Rechtsanwälte bescheinigt, daß ihnen das dem Geschäftsführer der Beklagten vom Erstgericht am 10.1.1992 ausgefolgte Zustellstück als solches bisher nicht ausgehändigt worden ist, sondern nur eine "Telefaxkopie" von Graz nach Wien übermittelt wurde.
Damit steht aber fest, daß der Rekurs schon deshalb nicht verspätet sein kann, weil die Rechtsmittelfrist mangels Zustellung an die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten noch gar nicht zu laufen begonnen hat.
Der angefochtene Zurückweisungsbeschluß war daher aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz eine Sachentscheidung über den Rekurs der Beklagten aufzutragen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 402 Abs 2, § 78 EO und § 52 Abs 1 ZPO.
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