Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Teilfreispruch unberührt bleibt, im übrigen (Schuldspruch wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB, im Strafausspruch und Ausspruch über die Kostenersatzpflicht) aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Wilhelm ST***** wird (auch) von der Anklage, er habe in S***** als Beamter, und zwar hauptamtlicher bzw teilzeichnungsberechtigter Verwalter der Verwahrungsstelle der Gemeinde S***** bzw als Gemeindesekretär, mit dem Vorsatz, dadurch die Gemeinde S***** an ihrem Vermögen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen der Gemeinde S***** als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er 1. zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im November 1989 einen Geldbetrag von zumindest 250 S aus der von ihm verwalteten Handkasse der Gemeinde S***** für private Zwecke entnahm und entgegen den Vorschriften nicht an die Hauptkasse der Gemeinde S***** bzw das Konto der Gemeinde S***** bei der RAIKA S***** abführte; 2. vom März 1990 bis September 1990 die Einnahmen für Verwaltungsabgaben und Kehrbücher im Betrag von 515 S nicht an die Hauptkasse der Gemeinde ***** bzw auf das Konto der Gemeinde S***** bei der RAIKA S***** abführte bzw einzahlte, sondern für sich privat verwendete, und er habe hiedurch das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Der am 8.Februar 1956 geborene Wilhelm ST***** wurde mit dem - einen rechtskräftigen Teilfreispruch vom weiteren Anklagevorwurf der mißbräuchlichen Verwendung zusätzlicher Kassenbeträge in der Gesamthöhe von 11.081,50 S enthaltenden - angefochtenen Urteil im Sinn der oben wiedergegebenen Anklage des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit b (der Sache nach lit a) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt.
Mit Recht problematisiert der Angeklagte die für die Beurteilung des hier inkriminierten Tatverhaltens entscheidende Frage, ob er bei der Tatausführung in Ausübung einer ihm zustehenden Befugnis handelte, namens des Rechtsträgers (hier der Gemeinde) als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen. Diese Voraussetzung trifft im konkreten Fall auf das dem Anklagevorwurf zugrundeliegende Verhalten des Angeklagten nicht zu. Dieses erschöpfte sich vielmehr (der Sache nach durchwegs) in einem "bloßen Griff in die Amtskasse", der darauf ausgerichtet war, Geldbeträge privaten Zwecken zuzuführen. Dieses Vorgehen stand aber seiner Art nach mit den dem Angeklagten als Organ der Gemeinde beim Führen der betreffenden Handkasse oblegenen Aufgaben - die allein darin bestanden, die eingenommenen Beträge zu verbuchen und monatlich (bar oder unbar) an die Hauptkasse abzuführen (US 4) - nicht derart im (engen äußeren und inneren) Zusammenhang (vgl SSt 53/77 = verst. Senat ua), daß es iS § 302 Abs. 1 StGB als Organhandeln zu beurteilen wäre; bei der ihm angelasteten (vorübergehenden) Zueignung von Amtsgeldern als solcher handelte er demnach jedenfalls nicht in (mißbräuchlicher) Ausübung einer ihm (immerhin der Art nach) eingeräumten Befugnis, als Organ der Gemeinde Amtsgeschäfte vorzunehmen
(vgl EvBl 1987/153, SSt 50/13 ua).
Ein Befugnismißbrauch anderer Art hinwieder, demzufolge sich die unbefugten Entnahmen nur als letzte Phase einer insgesamt als mißbräuchliche Ausübung einer Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften als Organ der Gemeinde zu beurteilenden Tätigkeit darstellen würden (vgl EvBl 1990/127, SSt 50/13 ua), wie etwa eine Verfälschung der Bücher oder Belege zwecks Schädigung der konkreten Kontroll- und Dispositionsrechte der Gemeinde (vgl EvBl 1986/64, ÖJZ-LSK 1984/68 ua), liegt dem Beschwerdeführer im Umfang des Schuldspruchs nicht zur Last.
Rechtsrichtig ist daher sein vom Erstgericht als erwiesen angenommenes Tatverhalten in objektiver Hinsicht lediglich als das (unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit im Sinn des § 313 StGB begangene) Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB zu beurteilen, dessen Tatbestand hier jedoch im Hinblick auf die - auch für den Teilfreispruch maßgebend gewesenen, von der Anklagebehörde (insoweit) nicht bekämpften - tatrichterlichen Feststellungen über die Wirksamkeit eines (Ersatzfähigkeit und Ersatzwilligkeit voraussetzenden) "präsenten Deckungsfonds", also über das Fehlen eines auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Tätervorsatzes, in subjektiver Hinsicht nicht verwirklicht hat.
Ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedarf, war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der angefochtene Schuldspruch aufzuheben und (auch) in diesem Umfang mit Freispruch des Angeklagten vorzugehen.
Mit seiner hiedurch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)