OGH 16Os17/92-8 (16Os18/92-8)

OGH16Os17/92-8 (16Os18/92-8)27.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.März 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Friedrich und Dr. Lachner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Brandstetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf Anton B***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148, erster Fall, und § 15 StGB, (1.) über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung sowie (2.) über die Beschwerde des Angeklagten gegen (zu 1.) das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht und (zu 2.) den Beschluß dieses Gerichtes, beides vom 14.Jänner 1992, GZ 9 Vr 3050/91, ON 19 (zu 1) bzw ON 20 (zu 2), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben: Das angefochtene Urteil, jedoch nur im Schuldspruch lt Pkt I. B., in der rechtlichen Beurteilung des dem Angeklagten (nach dem aufrecht bleibenden Schuldspruch lt Pkt I. A.) weiterhin zur Last fallenden Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148, erster Fall, StGB (auch) als teilweise versucht (§ 15 StGB) und im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung), sowie demgemäß auch der bekämpfte Beschluß werden aufgehoben; die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Urteilsaufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seiner Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe und mit seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem (zum Anklage-Faktum II. einen Teil-Freispruch enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Rudolf B***** (zu I.A. und B.) des Verbrechens des (zu ergänzen: teils vollendeten,) teils versuchten ("gewerbsmäßigen schweren" - gemeint:) schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 erster ("Deliktsfall" - gemeint:) Qualifikationsfall und § 15 StGB schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z 5 und Z 9 lit a StPO gestützten, der Sache nach nur gegen den Schuldspruch lt Pkt I.B. gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt schon aus dem zuerst relevierten Grund insofern Berechtigung zu, als der damit bekämpfte Teil des Schuldspruchs tatsächlich in den Entscheidungsgründen überhaupt nicht erwähnt wird.

In Ansehung der von diesem Begründungsmangel betroffenen Teile des Urteils war daher nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO).

Ergänzend dazu ist dem Beschwerdeführer zu bestätigen, daß der - angesichts der ziffernmäßigen Modifizierung der sechzehn Teilschadensbeträge von je 8.810 S auf je 8.110 S im Urteil - rechnerisch irrig (vgl hiezu ÖJZ-LSK 1987/17 ua) aus der Anklageschrift übernommenen Addition des Gesamtschadens zum Faktum I.A. mit 140.960 S anstatt richtig mit 129.760 S keine rechtliche Bedeutung zukommt.

Zum Faktum I.B. wird das Erstgericht im zweiten Verfahrensgang auf eine sowohl sprachlich als auch rechtlich einwandfreie, die (allenfalls alternative oder mehrfache) Zielrichtung des Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes des Angeklagten sowie den (darauf bezogenen) Eintritt oder Nichteintritt der Deliktsvollendung (in die eine und/oder in die andere Richtung hin) klarstellende Fassung des Urteilstenors zu achten haben; die (auch insoweit unverändert in das angefochtene Urteil übernommene) Formulierung des Anklagesatzes bei der das in Rede stehende Faktum betreffenden Ausdehnung der Anklage in der Hauptverhandlung entsprach diesen Voraussetzungen jedenfalls nicht und wurde durch die ihr im Urteilstenor beigefügten Passagen in ihrer Mangelhaftigkeit nur noch verstärkt.

Schon die kassatorische Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde hatte sich auch auf den Widerruf der im Verfahren zum AZ 2 BE 2/89 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz angeordneten bedingten Entlassung des Angeklagten zu erstrecken, weil diesem Widerruf durch die Aufhebung des Urteils im Strafausspruch der Boden entzogen wurde; darauf war der Angeklagte mit seiner Beschwerde zu verweisen.

Nichtsdestoweniger ist schon aus diesem Anlaß klarzustellen, daß das Erstgericht bei der bekämpften Beschlußfassung, die es allein mit der nunmehr erneuten Verurteilung des Angeklagten begründete, das Fehlen der primären Voraussetzungen eines Widerrufs in materiellrechtlicher und in prozessualer Hinsicht völlig außer acht ließ: da der Angeklagte die ihm zur Last fallenden neuerlichen strafbaren Handlungen erst ab dem September 1991 begangen hat, nachdem die ihm bei seiner bedingten Entlassung bestimmte Probezeit - entgegen einem sachlich gleichwie rechtlich ganz und gar unverständlichen sowie im Ergebnis vollkommen verfehlten Vermerk im bezeichneten BE-Akt (S 30), wonach sie erst am 14.Oktober 1991 ende - schon am 5.Februar 1991 verstrichen war, kam wegen dieser Straftaten mangels ihrer Begehung während der Probezeit (§ 53 Abs. 1 StGB) - und damit vor deren Ablauf (§ 494 a Abs. 1 StPO) - nicht nur ein Widerruf keinesfalls in Betracht, sondern nicht einmal eine Zuständigkeit des im späteren Verfahren erkennenden Gerichts zur Entscheidung darüber. Der - wie dargetan auch sachlich verfehlte - Widerrufsantrag des öffentlichen Anklägers wird daher, sofern er aufrecht bleiben sollte, im zweiten Verfahrensgang (mangels Zuständigkeit gemäß § 494 a Abs. 1 StPO) zurückzuweisen sein.

Mit seiner Strafberufung war der Angeklagte auf die Aufhebung des Strafausspruchs zu verweisen.

Die Entscheidung über seine Berufung gegen den (auf dem unberührt bleibenden Schuldspruch zum Faktum I.A. beruhenden) Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche fällt im Sinn des - nach dem Ziel dieser Kompetenzbestimmung, die Entscheidung über eine mit einer Nichtigkeitsbeschwerde verbundene Berufung in allen Fällen, in denen die betreffende Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung erledigt wird, dem Gerichtshof zweiter Instanz zu übertragen (vgl hiezu die EBRV zum StRÄG 1987, 359 d Beil XVII. GP, 45), auch für die Fälle einer trotz teilweiser Urteilsaufhebung in Ansehung desselben Angeklagten noch aktuellen Berufung geltenden - § 285 i ,zweiter Satz, StPO in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz.

Für eine vom Angeklagten deswegen, weil er mit der Rechtsmittelausführung durch seinen Verteidiger nicht einverstanden sei, beantragte "neuerliche Fristsetzung zur Nichtigkeits- und Berufungseingabe" (ON 27) war nach dem Gesetz (§ 6 StPO) kein Raum, sodaß das (bisherige) Unterbleiben einer Beschlußfassung darüber durch den Schöffengerichts-Vorsitzenden einer zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen indizierten sofortigen Rechtsmittelentscheidung nicht entgegenstand.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte