Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die Beteiligte P***** Bank AG hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die beiden Antragsteller schlossen im Rahmen eines Scheidungsverfahrens nach § 55 a EheG am 12. November 1991 vor dem Erstgericht eine Vereinbarung iS des § 55 a Abs. 2 EheG, in der es unter anderem heißt:
"3. Der Zweitantragsteller übernimmt nachstehende Verpflichtungen gegenüber den nachstehenden Gläubigern in seine alleinige Zahlungspflicht und hält diesbezüglich die Erstantragstellerin vollkommen schad- und klaglos:
h) P***** Bank AG ..... per 31. Oktober 1991 S 47.196,24 und per 6. November 1991 weitere S 10.239,20, zusammen mindestens
S 57.435,44."
Sie stellten hiezu gemäß § 98 Abs. 1 EheG den Antrag, daß der im Innenverhältnis zahlungspflichtige Zweitantragsteller Hauptschuldner und die im Innenverhältnis entlastete Erstantragstellerin Ausfallsbürge wird.
Der antragsgemäße Ausspruch des Erstgerichtes mit Wirkung für den Gläubiger erfolgte mit Beschluß vom gleichen Tag.
Die P***** Bank AG erhob gegen diesen Beschluß Rekurs. Zwischen ihr und den Antragstellern sei kein Kreditvertrag abgeschlossen worden, sondern ein Vertrag, dessen Inhalt das Leasing eines PKW Golf zu einem monatlichen Bruttoleasingentgelt von S 2.310,-- sei. Das Leasingentgelt sei monatlich im vorhinein fällig, der Vertrag sei auf unbestimmte Zeit unter Zugrundelegung einer Kalkulationsbasisdauer von 60 Monaten geschlossen worden. Beide Antragsteller hafteten nach dem Vertrag solidarisch. Jeder Leasingnehmer habe nach den dem Vertrag zugrundeliegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen (für sich allein) die Möglichkeit, den Vertrag durch schriftliche Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat aufzulösen. Der Vertrag enthalte keine Kaufanwartschaft durch die Leasingnehmer. Der Anwendbarkeit des § 98 EheG sei damit der Boden entzogen.
Die zweite Instanz gab dem Rekurs Folge und wies den Antrag, es werde gemäß § 98 EheG ausgesprochen, daß hinsichtlich der bei der P***** Bank AG mit mindestens S 57.435,44 aushaftenden Kreditverbindlichkeit der Zweitantragsteller Hauptschuldner und die Erstantragstellerin Ausfallsbürgin sei, ab. Sie sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht traf auf Grund des von der P***** Bank AG vorgelegten Leasingvertrages Feststellungen im Sinne des Vorbringens der Rechtsmittelwerberin und kam in seiner rechtlichen Beurteilung zum Ergebnis, es liege keine Kreditverbindlichkeit, sondern ein Operating-Leasing vor. Der Vertrag weise die typischen Merkmale eines Mietvertrages auf.
Der Revisionsrekurs der Erstantragstellerin ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
§ 98 EheG spricht in seiner Überschrift von Krediten und in Abs. 1 von Kreditverbindlichkeiten. Schon der Justizausschußbericht (729 BlgNR 16. GP 2) führt dazu aus, daß damit nicht nur Bankverbindlichkeiten (aus Kreditgeschäften iS des § 31 a Abs. 1 KSchG), sondern Verbindlichkeiten aus allen Verträgen gemeint seien, in denen die Leistungspflicht des einen Partners gegenüber der des anderen hinausgeschoben ist, wie etwa aus Ratengeschäften, selbst solchen zwischen Privatpersonen (Gamerith in RdW 1987, 185; SZ 62/193). Doch muß es sich um Kreditverbindlichkeiten handeln. Eine Kreditverbindlichkeit aber ist nach dem Inhalt des Leasingvertrages, den die Antragsteller mit der P***** Bank AG geschlossen haben, nicht gegeben.
Nach ständiger Rechtsprechung enthält ein Leasingvertrag in der Regel Elemente von Miete und Kauf und entspricht je nach der individuellen Ausgestaltung des Vertrages im Einzelfall eher dem einen oder dem anderen Typ. Grundsätzlich unterschieden wird zwischen dem kurzfristigen Operating-Leasing, bei welchem dem Leasingnehmer vom Leasinggeber die vorübergehende Nutzung eines Wirtschaftsgutes zur Verfügung gestellt und als Entgelt hiefür ein Teil des Gesamtgebrauchswertes der Sache bezahlt wird, und dem Finance-Leasing, bei dem der dauernde Einsatz des Wirtschaftsgutes durch den Leasingnehmer geplant ist und dieses vom Leasinggeber mehr oder weniger in der Funktion eines Kreditgebers finanziert wird. Beim Operating-Leasing handelt es sich meist um Miete, beim Finanzierungs-Leasing werden im allgemeinen die kaufvertraglichen und kreditvertraglichen Elemente überwiegen. Wesentlich beim Leasing muß unter anderem stets die Festsetzung einer bestimmten vertraglichen Nutzungsdauer und die Unkündbarkeit während dieser Zeit erscheinen. Je mehr die fest vereinbarte Nutzungsdauer bereits der Gesamtdauer der Gebrauchsfähigkeit des Wirtschaftsgutes entspricht, desto näher rückt das Vertragsverhältnis dem Kaufvertrag. Ist der Leasingvertrag dagegen auf unbestimmte Dauer geschlossen und jederzeit kündbar, dann müssen hierin zweifellos sehr gewichtige Kriterien für das Vorliegen eines Mietvertrages gesehen werden. Ein kündbarer, auf unbestimmte Dauer geschlossener Nutzungsvertrag muß daher im allgemeinen stets als Bestandvertrag qualifiziert werden (SZ 59/213).
Der zwischen den Streitteilen auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Vertrag kann seitens der Antragsteller jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat gekündigt werden; er enthält keine Bestimmungen über eine Kaufanwartschaft der Leasingnehmer. Das Entgelt ist monatlich jeweils im vorhinein zu zahlen. Wurde auch die Kalkulationsbasisdauer mit 60 Monaten angenommen, was für die Absicht einer nicht nur kurzfristigen Nutzung spricht, überwiegen daher doch eindeutig die Elemente eines Mietvertrages, und zwar ganz besonders im Hinblick auf die jederzeitige Kündbarkeit durch die Antragsteller und die unbestimmte Vertragsdauer. Das von den Antragstellern zu leistende Entgelt für das ihnen zur Nutzung überlassene Fahrzeug hat dementsprechend im vorliegenden Fall eher den Charakter eines Bestandzinses als jenen eines ratenweise abzustattenden Kaufpreises.
Mit Recht hat das Rekursgericht daher den auf einen Ausspruch nach § 98 Abs. 1 EheG gerichteten Antrag abgewiesen, so daß dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 234 AußStrG. Die P***** Bank AG hat für den an die zweite Instanz gerichteten Rekurs Kosten in jenem Rechtsmittel nicht verzeichnet. Sie kann dieses Versäumnis nicht durch nachträgliche Verzeichnung in der Revisionsrekursbeantwortung nachholen (§ 54 Abs. 1 ZPO am Ende).
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