OGH 15Os14/92-6

OGH15Os14/92-619.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.März 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sonntag als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard P***** und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130 zweiter Strafsatz StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Kurt H***** sowie die Berufung des Angeklagten Gerhard P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28.August 1991, GZ 2 b Vr 3309/91-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich des Angeklagten Kurt H***** im Ausspruch, er habe die ihm laut Punkt II des Urteilssatzes zur Last liegenden Diebstähle in der Absicht begangen, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und in der darauf beruhenden rechtlichen Beurteilung (auch) nach § 130 StGB sowie demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Kurt H***** auf die Entscheidung zu Punkt I. verwiesen.

IV. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Gerhard P***** werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

V. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Kurt H***** die den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) Kurt H***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch als Beteiligter nach §§ 12 (dritter Fall), 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Fall (gemeint: zweiter Strafsatz) StGB schuldig erkannt (Punkt II des Urteilssatzes).

Darnach hat er in Wien zu den vom Mitangeklagten Gerhard P***** laut Punkt I/2, 3 und 6 des Urteilssatzes verübten Einbruchsdiebstählen - bei denen der Genannte am 4.Dezember 1990 zum Nachteil der Susanna W***** Schmuck im Wert von zumindest 98.400 S (Punkt I/6), am 16.Jänner 1991 zum Nachteil der Silvia G***** 4.000 S Bargeld, ein Taschenmesser, einen Fotoapparat, eine Stange Zigaretten, eine Reisetasche, eine Nähekassette sowie Schmuck im Gesamtwert von 135.860 S (Punkt I/2) und am 19. Feber 1991 zum Nachteil der Gisela S***** Schmuck im Wert von 4.000 S und 50 Waschmarken a 7 S (Punkt I/3) erbeutet hat - dadurch beigetragen, daß er in der Umgebung des Tatortes sein Fahrzeug zur Flucht des Gerhard P***** samt Beute bereit hielt.

Rechtliche Beurteilung

Nur der Angeklagte H***** bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch mit einer (nominell) auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch haben beide Angeklagten Berufung ergriffen.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt zunächst in Ansehung der Schuldspruchfakten I/2 und 6 eine Tatbeurteilung (bloß) als Hehlerei mit der Argumentation an, daß der Beschwerdeführer, dem der "eigentliche Tatort" und die "unmittelbare Tatzeit" nicht bekannt gewesen seien, den Mitangeklagten P***** zur Begehung der in Rede stehenden (beiden) Diebstähle weder angestiftet noch sonst beraten und auch keinerlei ideellen Beitrag geleistet habe; P***** habe vielmehr in beiden Fällen eine vom Beschwerdeführer vorgenommene Fahrtunterbrechung zur Begehung von Einbruchsdiebstählen (in Wohnungen) ausgenützt, die zudem, als P***** mit dem Beschwerdeführer "wieder zusammentraf, bereits längst vollendet" gewesen seien.

Mit diesen Einwänden läßt die Beschwerde jedoch jene Urteilsfeststellungen unberücksichtigt, wonach der in der Hauptverhandlung geständige (S 109/Bd. II) Beschwerdeführer, der den Mitangeklagten P***** von einer gemeinsamen Haftzeit kannte (US 18), jeweils von dem auf die Verübung von Einbruchsdiebstählen in unmittelbarer Nähe gerichteten Vorhaben seines Komplizen wußte, und P*****, als dieser ihn verließ, auf das Einverständnis des Angeklagten H***** zählen konnte, er werde ihn - wie in der Folge auch tatsächlich geschehen - nach Verübung der Tat wieder aufnehmen und mit seinem PKW samt erbeutetem Diebsgut vom Tatort wegbringen (US 20, 25, 30). Indem der Beschwerdeführer dieses bereits vor Verübung der in Rede stehenden Diebstähle bestehende Einverständnis und die darauf bezughabenden Konstatierungen des Schöffengerichtes übergeht (US 20, 21, 27 f, 29 f), welches den bezüglichen (Unterstützungs-)Vorsatz des Beschwerdeführers aus den Angaben beider Angeklagten im Zusammenhalt mit ihrem Gesamtverhalten vor und nach den Taten abgeleitet und auf der Basis aller insoweit (mängelfrei) getroffenen Feststellung eine Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) - rechtlich zutreffend: SSt. 52/64; Leukauf-Steininger Komm.2 § 12 RN 40; Kienapfel BT II2 § 127 RN 237 f - bejaht hat, bringt er die Rechtsrüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Im bisher erörterten Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Berechtigt ist die Beschwerde jedoch, soweit sie gestützt auf denselben Nichtigkeitsgrund (Z 10), der Sache nach jedoch einen Begründungsmangel (Z 5) relevierend, in Ansehung der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden gewerbsmäßigen Begehung der Diebstähle ins Treffen führt, das Ersturteil bringe im Widerspruch zu der für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung erforderlichen Absicht auch zum Ausdruck, daß sich der Mitangeklagte P***** zur Begehung der Diebstähle spontan entschlossen habe und diese nicht von vornherein verabredet gewesen seien.

Tatsächlich hat das Schöffengericht zunächst festgestellt, daß der Beschwerdeführer in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Beteiligung an den von Gerhard P***** verübten Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wobei es die bezügliche Annahme darauf stützte, daß der Beschwerdeführer, der seit seiner im Jahr 1988 erfolgten bedingten Entlassung zwar mit kleinen Unterbrechungen immer wieder gearbeitet hat, "gestanden" habe, daß er "immer knapp mit Geld gewesen sei und daher die Beuteerlöse verwendet habe, um zusätzlich etwas zu haben" (US 22 f, 28 f). Demgegenüber bringt jedoch das Urteil an anderer Stelle (vgl. US 26) zum Ausdruck, daß der Beschwerdeführer "jeweils erst nach Abstellen seines PKW durch Mitteilung P***** davon erfahren habe, daß dieser nunmehr den Einbruchsdiebstahl begehen wolle".

Solcherart läßt das Ersturteil nicht mit der gebotenen Deutlichkeit erkennen, ob das Schöffengericht tatsächlich von einem Handeln des Beschwerdeführers mit der für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung erforderlichen Absicht (iSd § 70 StGB) überzeugt gewesen ist; dies umsoweniger, wenn man auch noch den zeitlichen Abstand der Tathandlungen und den eher nicht sehr bedeutenden Anteil des Angeklagten H***** an der an sich recht beträchtlichen Beute des unmittelbaren Täters mit in Rechnung stellt.

Dieser - von der Beschwerde der Sache nach zutreffend geltend gemachte - Begründungsmangel macht die Aufhebung des Schuldspruchs hinsichtlich der Qualifikation nach § 130 StGB und die Anordnung der Verfahrenserneuerung in diesem Umfang sowie demzufolge auch die Aufhebung des Strafausspruches hinsichtlich des Angeklagten H***** erforderlich. Darauf war der Beschwerdeführer mit seiner Berufung zu verweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird zu beachten sein, daß es für die Annahme gewerbsmäßiger Begehung genügt, daß der Täter beabsichtigt, sich eine nicht als unbedeutend zu vernachlässigende kriminelle Einnahme zu verschaffen. Dies setzt nicht voraus, daß die fortlaufende Einnahme, deren Erzielung durch die wiederholte Tatbegehung beabsichtigt ist, im strengen Wortsinn regelmäßig und dauernd fließen soll; von einer fortlaufenden Einnahme könnte allerdings dann nicht gesprochen werden, wenn der Täter bloß gelegentlich und fallweise gleichartige Taten zwecks Gewinnung einer Einnahme zu begehen beabsichtigt (EvBl. 1991/103 = NRsp 1991/107, 108;

Leukauf-Steininger Komm.2 RN 5; Mayerhofer-Rieder StGB3 ENr. 20, 24; Pallin WK Rz 8 je zu § 70).

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Gerhard P***** ist gemäß § 285 i StPO der Gerichtshof zweiter Instanz berufen.

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