Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Antragsteller begehrte gemäß § 281 AußStrG die Ausstellung von Amtszeugnissen darüber, A. daß gegen ihn in der Zeit vom 1. Jänner 1975 bis einschließlich 31. Dezember 1990 die im Antrag näher angeführten Exekutionsverfahren angefallen seien und B. daß
a) andere als diese Exekutionen gegen ihn beim Exekutionsgericht nicht anhängig gewesen seien, b) daß das Pfändungsprotokoll Zl ...... erloschen sei und ein Pfändungsprotokoll mit aufrechten Pfandrechten im Zeitpunkt der Ausstellung der Amtsbestätigung nicht bestehe und c) daß er in dem vorher erwähnten Zeitraum keinen Offenbarungseid abgelegt habe. Er habe sich an Hand der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen keine vollständige Übersicht über die seit 1975 anhängigen Exekutionsverfahren verschaffen können, weil ein Teil der Akten nach erfolglosen Exekutionsvollzugsversuchen abgelegt worden sei, ohne daß er hievon verständigt worden sei. Auf diese Weise sei die von ihm betriebene Tilgung seiner Verbindlichkeiten erschwert worden. Eine weitere Erschwerung werde noch dadurch eintreten, daß die 1975 angefallenen Exekutionsakten ab 1. Jänner 1991 vernichtet werden könnten. Für die Ausstellung eines Amtszeugnisses sei kein besonderes rechtliches Interesse erforderlich.
Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil die Bestimmungen des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen im Exekutionsverfahren nicht anwendbar seien.
Das Rekursgericht gab dem Antrag in dessen Punkt A. statt, trug dem Erstgericht insoweit die Ausstellung eines Amtszeugnisses auf, wies den Antrag im übrigen Umfang dagegen ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar S 50.000,-- übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe mit Beschluß vom 6. März 1991, 1 Ob 510, 511/91, ausgesprochen, daß es sich bei der Ausstellung von Amtszeugnissen im Sinne des § 281 AußStrG selbst dann um eine Angelegenheit des Verfahrens außer Streitsachen handle, wenn die Tatsache, deren Bestätigung begehrt wird, in Akten festgehalten werde, die kein außerstreitiges Verfahren zum Gegenstand haben; das habe das Erstgericht übersehen. Dem im Antrag unter A. gestellten Begehren, das die einzelnen Exekutionsverfahren genau aufzähle, sei somit stattzugeben. Im weiteren Umfang sei das Begehren indessen nicht berechtigt, weil eine Bestätigung über negative Tatsachen nicht möglich sei. Dabei handle es sich überdies nicht um "aktenmäßig bekannte", also in Akten festgelegte Tatsachen.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Antragsteller dagegen erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine alle Fragen, die die Bestimmung des § 281 AußStrG aufwirft, ausschöpfende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; er ist jedoch nicht berechtigt.
Nach der jüngeren Rechtsprechung (SZ 48/116; HS 8027/7; EvBl. 1972/20 uva; zuletzt wieder 1 Ob 588/88 und 4 Ob 129/90) und dem überwiegenden Schrifttum (Holzhammer, Zivilprozeßrecht2, 167; Dolinar, Ruhen des Verfahrens und Rechtsschutzbedürfnis (1974); Sprung, Konkurrenz von Rechtsbehelfen im zivilgerichtlichen Verfahren, 53; Novak in ÖJZ 1952, 27; aA allerdings Fasching in Komm. III 6 f und LB2 Rz 738 ff sowie Böhm in JBl. 1974, 1), ist das Rechtsschutzbedürfnis ganz allgemein Voraussetzung für die gerichtliche Verfolgung von Ansprüchen, soweit im Einzelfall nicht schon das Gesetz ein rechtliches Interesse am Rechtsschutzgesuch fordert (wie etwa im § 228 ZPO). Fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, führt dies zur Abweisung des Klagebegehrens (ÖBl. 1990, 119; JBl. 1981, 41; SZ 48/116; 7 Ob 638/87 ua; anders die das Rechtsschutzbedürfnis bejahende Lehre, wie etwa Holzhammer aaO, die darin eine allgemeine Prozeßvoraussetzung erblickt, deren Mangel zur Klagszurückweisung führen müsse). Bei Leistungs- und Rechtsgestaltungsbegehren wird das Rechtsschutzbedürfnis allerdings vermutet, weil die Verfolgung solcher Ansprüche schon an sich die Annahme rechtfertigt, daß der Anspruchswerber in seinen Rechten beeinträchtigt sein könnte. Bestehen jedoch Zweifel, muß das Rechtsschutzbedürfnis auch bei solchen Begehren geprüft werden (1 Ob 545/81; Holzhammer aaO 168).
Entgegen der Ansicht des Antragstellers bedarf auch sein Begehren auf Ausstellung eines Amtszeugnisses gemäß § 281 AußStrG eines ausreichenden rechtlichen Interesses, zumal der Antrag ausschließlich auf ein bestimmtes Verhalten des Gerichtes - die Ausstellung eines Zeugnisses über aktenkundige
Tatsachen - abzielt, ohne daß aus einem solchen Begehren allein schon hervorginge, ob und wie weit das Amtszeugnis erforderlich ist, um eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Antragstellers Dritten gegenüber hintanzuhalten. Das Bedürfnis nach bloßer Information über den Akteninhalt rechtfertigt für sich allein noch kein rechtliches Interesse des Antragstellers an der Ausstellung eines Amtszeugnisses, weil er einem solchen Informationsmanko schon durch Einsicht in die Akten abhelfen könnte; soweit es dabei um Gerichtsakten geht, die nicht seine Rechtssachen betreffen, muß er aber selbst für die Gestattung der Akteneinsicht ein rechtliches Interesse glaubhaft machen (§ 219 Abs. 2 ZPO).
Der Antragsteller muß deshalb ein über das bloße Informationsbedürfnis hinausgehendes rechtliches Interesse an der Ausstellung des begehrten Amtszeugnisses behaupten und bescheinigen (vgl. schon Kißling, Gerichtsbarkeit außer Streitsachen, 427). Er muß deshalb im Antrag Gründe dartun, weshalb er gerade das begehrte Amtszeugnis benötigt, und diese Beweggründe auch bescheinigen.
Der Antragsteller hat jedoch in seinem verfahrenseinleitenden Antrag das Erfordernis eines rechtlichen Interesses bestritten und bloß ganz allgemein angeführt, er benötige das Amtszeugnis, um sich eine Übersicht über die gegen ihn innerhalb eines Zeitraumes von 16 Jahren anhängig gemachten Exekutionen zu verschaffen. Gerade dieses Bedürfnis könnte er - soweit das überhaupt möglich ist - schon durch die Einsicht in die Akten und die erforderlichen Abschriftnahmen befriedigen, ohne daß er deshalb auch noch ein beglaubigtes Amtszeugnis des Gerichtes anfordern müßte. Erst in der Revision führt er - freilich bloß zur Begründung der Zulassungsbeschwerde - aus, daß Bestätigungen wie die von ihm geforderte in der Wirtschaft wiederholt verlangt würden, etwa um unzutreffende Angaben in den Negativlisten der Banken, Versicherungsunternehmungen und der Kreditschutzverbände widerlegen zu können; daß er das Amtszeugnis (über den schon im Antrag angeführten Beweggrund hinaus) konkret zur Vorlage bei Dritten benötigte, um Rechtsnachteile von sich abzuwenden, kann aber selbst dem Revisionsrekurs nicht entnommen werden.
Das Rekursgericht hat deshalb den Antrag - in dem hier zu prüfenden Umfang - schon deshalb im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil der Antragsteller kein ausreichendes rechtliches Interesse an der begehrten Ausstellung des Amtszeugnisses angegeben, geschweige denn bescheinigt hat. Ob Amtszeugnisse gemäß § 281 AußStrG auch über sog. Negativtatsachen auszustellen seien, was das Gericht zweiter Instanz verneinte, muß deshalb nicht mehr geprüft werden.
Dem Revisionsrekurs ist deshalb ein Erfolg zu versagen.
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