OGH 14Os7/92

OGH14Os7/9210.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.März 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sonntag als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert S***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Robert S***** und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 1.Oktober 1991, GZ 10 Vr 763/91-11, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, und des Angeklagten Robert S***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Robert S***** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Robert S***** und Thomas R***** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil sie am 26. Juni 1991 in Mitterdorf im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter danach getrachtet haben, eine fremde bewegliche Sache in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich Zigaretten und Bargeld im näher nicht bekannten Wert, dem Gastwirt Gottfried B***** durch Einsteigen in das Extrazimmer mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Die Verurteilung des Angeklagten Thomas R***** erwuchs in Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Robert S***** bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit. a, 9 lit. b und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher er eine Beurteilung der Tat als noch straflose Vorbereitungshandlung zum Diebstahl anstrebt, ferner eine Straflosigkeit des ihm angelasteten deliktischen Verhaltens wegen Rücktritts vom Versuch in Anspruch nimmt und schließlich die Qualifikation der Tat als Diebstahlsversuch "durch Einsteigen" nach § 129 Z 1 StGB bestreitet.

Alle vorgebrachten Einwände sind nicht stichhältig.

Nach den Urteilsfeststellungen drückte der Angeklagte ein Fenster des Gastlokales des Gottfried B***** auf, um sogleich durch die Fensteröffnung in das Gastlokal zu gelangen, wo er Bargeld und Zigaretten stehlen wollte. Dieses Verhalten lag nicht nur im nahen Vorfeld der Erfolgsverwirklichung und entsprach einer ausführungsnahen Betätigung des Tatentschlusses, sondern war bereits der Beginn der Tatausführung und somit Diebstahlsversuch.

Mit den Behauptungen, die Lärmverursachung bei Öffnung des Fensters sei vom Angeklagten nicht als Vereitelung des Vorhabens einer unbeobachteten Tatverübung empfunden worden, sondern das Geräusch habe nur ernüchternd gewirkt und die freiwillige Aufgabe der Tatfortsetzung nach sich gezogen, geht die Beschwerde nicht vom Urteilssachverhalt aus und bringt zudem eine unbeachtliche Neuerung vor. Somit gelangt die Rechtsrüge mangels des geforderten Vergleiches zwischen den urteilsfeststellungen und dem darauf angewendeten Gesetz insoweit nicht zur prozeßordnungsmäßigen Ausführung.

Letztlich versagt auch die Anfechtung der Tatqualifikation gemäß § 129 Z 1 StGB, weil weder nach der Wortbedeutung der Tätigkeitsbezeichnung "Einsteigen", noch nach dem Gesetzeszweck gefordert wird, daß ein derartiges Verhalten mit "Einkriechen oder Hindurchzwängen" verbunden sein muß. Unter "Einsteigen" in ein Gebäude ist das Benützen einer zum Zutritt nicht bestimmten Öffnung zu verstehen, die ein normales Eintreten nicht gestattet, sodaß es zum Hindurchgelangen einer gewissen Anstrengung oder doch einer nicht ganz unerheblichen Veränderung der gewöhnlichen Körperhaltung bedarf. Das vom Beschwerdeführer sinngemäß als relativ bequeme Eintrittsmöglichkeit charakterisierte Klettern durch ein ebenerdiges Hausfenster entspricht wegen der dafür erforderlichen - von einem "Eintreten" beträchtlich abweichenden - Körperbetätigung diesem strafgesetzlichen Begriff des Einsteigens (Mayerhofer-Rieder StGB3, ENr. 6 und 6 a zu § 129). Abgesehen davon fällt das gewaltsame Öffnen des Fensters unter den Begriff des "Einbrechens".

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Rechtsmittelwerber nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete es das Vorliegen von fünf einschlägigen Vorverurteilungen und den raschen Rückfall als erschwerend, hingegen das umfassende, einsichtsvolle Geständnis, den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist, sowie das Alter des Angeklagten von unter 21 Jahren zur Tatzeit als mildernd.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht bzw. die Verhängung einer Geldstrafe. Die Staatsanwaltschaft strebt eine Erhöhung der Strafe an.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu:

Die Staatsanwaltschaft bemängelt in ihrer Berufung zu Recht, daß das Erstgericht den Umstand, daß S***** seinen Mittäter zur Mitwirkung an der Tat überredet habe, nicht als Erschwerungsgrund (§ 33 Z 3 StGB) genannt hat. Jedoch ließ das Erstgericht bei der Gewichtung des Unrechtsgehaltes als unberücksichtigt, daß die Tat im Fall ihrer Vollendung nur einen unbedeutenden Vermögensverlust nach sich gezogen hätte.

Auch können die aus dem Vorstrafakt (18 E Vr 672/89 des Kreisgerichtes Leoben) zu ersehenden schweren Erziehungsmängel bei dem zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alten Angeklagten, die einen wesentlichen Faktor für die Begehung seiner Straftaten darstellen, nicht ganz unberücksichtigt bleiben.

Entgegen der in der Berufung des Angeklagten vertretenen Auffassung wurde jedoch vom Erstgericht sein Geständnis ausreichend gewertet. Zusammenfassend ergibt sich damit, daß die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe schuldangemessen ist.

Angesichts der einschlägigen Vorverurteilungen und des raschen Rückfalls kommt eine (teil-)bedingte Nachsicht der Strafe nicht in Betracht.

Die bloße Verhängung einer Geldstrafe ist auf Grund des zutreffend gefundenen Strafmaßes gemäß § 37 Abs. 1 StGB unzulässig.

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