Spruch:
Der Revision der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben. Dem Rekurs der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache dahin zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes in der Hauptsache zur Gänze bestätigt wird, sodaß es insgesamt zu lauten hat:
"Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 98.015,-- samt 4 % Zinsen seit 11.7.1980 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 1,376.444,97 samt 4 % Zinsen seit 11.7.1980 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das Zinsenmehrbegehren von 4 % aus S 98.015,-- und aus S 1,376.444,97 vom 1.9.1978 bis 10.7.1980 wird abgewiesen. Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit S 348.308,78 bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen (darin enthalten S 18.287,-- Barauslagen und S 54.678,13 USt) binnen 14 Tagen zu bezahlen, und zwar die Erstbeklagte S 23.127,70 und die Zweitbeklagte S 325.181,08."
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt von den Beklagten anteilig die Rückzahlung eines Darlehens von S 196.030,-- s.A. und von der Zweitbeklagten überdies den Ersatz zweckverfehlter Leistungen von
S 1,278.429,97 s.A.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach seinen Feststellungen haben der Kläger und die Erstbeklagte am 18.7.1963 geheiratet. Am 28.10.1971 und am 31.12.1971 stellte der Kläger der Zweitbeklagten und deren Ehemann, den Eltern der Erstbeklagten, in zwei Teilbeträgen ein zinsenloses, mit dem Ableben der Darlehensnehmer zur Rückzahlung fälliges Darlehen von insgesamt S 196.030,-- zur Verfügung. Damit sollten die Darlehensnehmer ein Grundstück in Österreich erwerben, auf dem der Kläger ein Haus errichten kann, um gmeinsam mit seiner Ehefrau den Lebensabend in Österreich zu verbringen. Der Kläger wollte dies lediglich aus Rücksicht auf seine Ehefrau, die aus Österreich stammte und sich in Österreich niederlassen wollte. Nach dem Inhalt des vom Kläger und der Erstbeklagten errichteten Testamentes sollte die Rückzahlung des Darlehens dann als geleistet gelten, wenn nach dem Ableben beider Darlehensnehmer deren Besitz im Erbweg auf den Kläger bzw. seine Ehefrau gelangt, also wenn der Besitz bei aufrechter Ehe dem Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau zur Verfügung steht. Die Darlehensnehmer erwarben eine Liegenschaft in Tirol um S 187.605. Der Ehemann der Zweitbeklagten starb im Jahre 1973. Die Erstbeklagte ist seine Erbin. Im Jahre 1979 verkauften die beklagten Parteien die Liegenschaft in Tirol um S 444.280. Der Kläger erhielt davon nichts. Am 27.1.1975 kaufte die Zweitbeklagte mit Mitteln des Klägers zu dem gleichen Zweck, zu dem schon die Liegenschaft in Tirol gekauft wurde, ein Grundstück in Raas um S 187.000. Dort wurde auch die Errichtung eines Hauses begonnen. Im August 1978 verließ die Erstbeklagte den Kläger ohne Grund. Sie übersiedelte mit Kurt S***** zur Zweitbeklagten. Zu diesem Zeitpunkt war das Haus in Raas im Rohbau fertig und hatte, einschließlich Grund- und Aufschließungskosten, einen Wert von S 1,705.600. Finanzielle Leistungen und Eigenleistungen für den Hausbau wurden vom Kläger aufgebracht. Läßt man die Eigenleistungen und die Zahlungen ohne Rechnung unberücksichtigt, so sind vom Kläger bis Ende August 1978 mindestens S 800.000 für den Bau des Hauses finanziert worden. Der Kläger hatte für die Finanzierung des Baues von der Laufener Bank insgesamt DM 80.000 überwiesen. Weiters wurden Geldmittel - DM 59.400 - aus Liegenschaftsverkäufen in Deutschland aufgebracht, teilweise wurden aus Kreditmitteln, Eigenmitteln und Barbeträgen insgesamt S 1,091.429,97 aufgebracht. Die Ehe des Klägers mit der Erstbeklagten wurde am 14.10.1982 vom Amtsgericht Heilbronn ohne Ausspruch eines Verschuldens geschieden.
Nach der Auffassung des Erstgerichtes sei das Fortbestehen der Ehe zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten Geschäftsgrundlage der finanziellen Leistungen des Klägers gewesen. Infolge Wegfalls der Geschäftsgrundlage sei der Kläger berechtigt gewesen, das Darlehen aufzukündigen. Er könne auch seine sonstigen Leistungen zurückfordern.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im Zuspruch von je S 98.015 aus dem Rechtsgrund der Darlehensgewährung in der Hauptsache und wies lediglich das Zinsenmehrbegehren von 4 % vom 1.9.1978 bis 10.7.1980 ab. Im Umfang des darüber hinausgehenden, nur gegen die Zweitbeklagte erhobenen Teilanspruchs von S 1,278.429,97 s.A. hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sind.
Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes sei das Begehren auf Darlehensrückzahlung nach deutschem Sachrecht zu beurteilen. Danach könne ein Darlehensvertrag aus wichtigem Grund fristlos aufgelöst werden. Ein wichtiger Grund liege hier vor, da durch das zur Ehescheidung führende Verhalten der Erstbeklagten das bei Vertragsabschluß vorhanden gewesene Vertrauensverhältnis zerrüttet worden sei. Ein Anspruch auf Verzugszinsen stehe dem Kläger jedoch erst ab Einbringung der Klage zu. Bei dem nur gegen die Zweitbeklagte erhobenen weiteren Anspruch des Klägers handle es sich um einen Bereicherungsanspruch. Solche Ansprüche seien, von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen, nach dem Recht des Staates zu beurteilen, an dem die Bereicherung eingetreten ist, somit nach österreichischem Recht. Leistungen, die unter der Voraussetzung der Dauerhaftigkeit einer Ehe erbracht worden seien, vor allem solche für einen Hausbau zum Zwecke späteren gemeinsamen Wohnens, könnten bei Scheidung nach § 1435 ABGB zurückgefordert werden. Dies gelte nicht nur für Leistungen zwischen Ehegatten, sondern auch für Leistungen von Familienangehörigen des einen Ehegatten an den anderen. Es wäre sachlich nicht gerechtfertigt, Leistungen eines Ehegatten an die Mutter seiner Ehefrau hinsichtlich ihrer Rückforderbarkeit bei Auflösung der Ehe unter sonst gleichen Umständen anders zu behandeln. Für Aufwendungen in Erwartung einer Erbeinsetzung, die zuerst versprochen worden, dann aber unterblieben sei, gelte sinngemäß das gleiche. Die Zweitbeklagte sei daher verpflichtet, dem Kläger seine finanziellen Leistungen für den Hausbau zu ersetzen. Es stehe zwar unbekämpft fest, daß der Kläger S 187.000 für den Kauf des Baugrundes und noch mindestens S 800.000 für den Rohbau zur Verfügung gestellt habe. Bezüglich eines diesen Betrag übersteigenden Aufwandes des Klägers fehle es jedoch an klaren Feststellungen.
Die gegen das Teilurteil der zweiten Instanz gerichtete Revision der beklagten Parteien ist nicht berechtigt.
Dem gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erhobenen Rekurs der Zweitbeklagten kommt Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Revision:
Auf die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges ist nicht einzugehen. Die Vorinstanzen haben die Zulässigkeit des Rechtsweges übereinstimmend bejaht. Es liegt somit eine den OGH bindende Entscheidung vor (JBl. 1990, 592; EFSlg. 54.926 ua).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß ein Darlehensvertrag als Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden kann, und daß ein wichtiger Grund dann vorliegt, wenn einer Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann, was nach Lage des Falles zu beurteilen ist, entspricht der Lehre und Rechtsprechung sowohl in Deutschland als auch in Österreich (Palandt51 § 609 RdNr. 13; MünchKomm-Westermann2 § 609 RdNr. 1; Soergel-Lippisch/Häuser § 609 Rz 11 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; Schubert in Rummel2 Rz 1 vor § 983 S. 1505;
vgl auch Rummel in Rummel2 Rz 27 zu § 859 S. 1002; NZ 1985, 230;
HS 6474). Im vorliegenden Fall erfolgte nach den unbekämpften Feststellungen die Darlehensgewährung des Klägers an seine Schwiegereltern letztlich zum Zwecke der Errichtung eines Wohnhauses in Österreich, um dort gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Tochter der Darlehensnehmer, den Lebensabend verbringen zu können. Durch die Scheidung der Ehe kann der Geschäftszweck nicht mehr erreicht werden, ohne daß dem Kläger vorgeworfen werden könnte, die Erreichung des Geschäftszweckes wider Treu und Glauben vereitelt zu haben. Unter diesen Umständen kann dem Kläger die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden, sodaß das Berufungsgericht zu Recht ein Kündigungsrecht des Klägers bejaht hat. Der Hinweis der Revision darauf, daß die Erstbeklagte jedenfalls Hälfteeigentümerin der Liegenschaft in Tirol geworden sei, übersieht den darüber hinausgehenden Geschäftszweck und die Feststellung, daß eine Darlehensrückzahlung nur dann entfallen sollte, wenn der Besitz der Darlehensnehmer dem Kläger gemeinsam mit der Erstbeklagten zur Verfügung steht. Die Frage, ob die Kündigung innerhalb angemessener Frist erfolgte (vgl. Soergel-Lippisch/Häuser aaO), stellt sich hier nicht, weil der Geschäftszweck endgültig erst mit der Scheidung der Ehe vereitelt wurde, der Kläger aber schon vorher die Rückzahlung begehrte.
II. Zum Rekurs:
Da die Bereicherung erst mit der endgültigen Vereitlung des Vertragszweckes und somit nach dem 1.1.1979 eingetreten ist, ist das Berufungsgericht zutreffend bei der Lösung der kollisionsrechtlichen Frage von § 46 IPRG ausgegangen. Da das Ergebnis von den Parteien auch nicht in Frage gestellt wird, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden.
Auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes zur Rückforderbarkeit zweckverfehlter Leistungen entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl. Rummel aaO Rz 4 ff zu § 1435 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung und die bereits vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen, insbesondere SZ 37/79 betreffend das Verhältnis zwischen Schwiegersohn und Schwiegereltern). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat der Kläger für den Kauf des Baugrundstückes S 187.000 und für den Bau des Hauses S 1,091.429,97 aufgewendet. Daß es sich auch bei dem letztgenannten Aufwand um Geldleistungen (und nicht um Arbeitsleistungen = Eigenleistungen) des Klägers handelte, kann nach der Begründung des Erstgerichtes, das sich auf die Überweisungsbelege und die Aussage des Klägers stützte, nicht zweifelhaft sein. Die Feststellungen des Erstgerichtes wurden von den Beklagten nicht bekämpft. Die Rechtsrüge der Berufung, die lediglich von einem festgestellten Aufwand von S 800.000 ausgeht, vernachlässigt die weitergehenden, jedoch unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes. Das Berufungsgericht hatte jedoch gemäß § 498 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung die unbekämpft gebliebenen Feststellungen zugrundezulegen. Von diesen Feststellungen ausgehend ist aber die Sache im Sinne des Klagebegehrens zur Entscheidung reif.
Demgemäß ist der Revision der Beklagten ein Erfolg zu versagen. Dem Rekurs der Zweitbeklagten dagegen ist Folge zu geben (§ 519 Abs 2 letzter Satz ZPO), wobei die Sachentscheidung auch zum Nachteil der Rekurswerberin ergehen kann (Fasching ZPR2 Rz 1983).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 46 und 50 ZPO.
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