Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.789,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.131,60 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Entscheidungsgründe:
Die Begründung des Berufungsgerichtes, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Streitteilen durchgehend aufrecht besteht, ist zutreffend, so daß darauf verwiesen werden kann (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist auszuführen:
Nachdem die beklagte Partei mit Schreiben vom 15. Februar 1990 die Entlassung der Klägerin ausgesprochen hatte, teilte die Klägerin (durch ihren Anwalt) der beklagten Partei am 30. April 1990 mit, daß sie im Zeitpunkt des Ausspruches der Entlassung bereits schwanger gewesen sei und daher die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zur Anwendung gelangen. Sie wies darauf hin, daß aus diesem Grund das Dienstverhältnis auch mit dem Ende der Kündigungsfrist nicht geendet habe, und ersuchte, das Dienstverhältnis fortzusetzen und ihr die Wiederaufnahme der Arbeit zu ermöglichen. Sie bot ausdrücklich die Fortsetzung der Arbeitstätigkeit an und erklärte, jederzeit zum Wiedereintritt zur Verfügung zu stehen. Tatsächlich hat sie später über Aufforderung durch die beklagte Partei die Arbeit wieder angetreten. Mit Recht hat das Berufungsgericht der Erklärung vom 30. April 1990 maßgebliche Bedeutung beigemessen.
Der Arbeitgeber darf die Entlassung nach § 12 MSchG nur aus bestimmten Gründen aussprechen, wobei für den Entlassungsschutz nach dieser Bestimmung die objektive Tatsache der Schwangerschaft maßgebend ist; er tritt auch dann ein, wenn die Schwangerschaft dem Dienstgeber nicht bekannt war. Abweichend von dem allgemeinen, außerhalb des besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutzes geltenden Grundsatz, daß auch eine ungerechtfertigte Entlassung das Arbeitsverhältnis beendet, ist eine Entlassung aus anderen als den in § 12 MSchG genannten Gründen unwirksam. Das Arbeitsverhältnis bleibt aufrecht (SZ 49/139; JBl. 1986, 537; Knöfler-Martinek, Mutterschutzgesetz, 149 ua). Die Rechtsprechung hat den Grundsatz entwickelt, daß der besondere Bestandschutz nach § 12 MSchG dem Begehren auf Kündigungsentschädigung dann nicht entgegensteht, wenn die Arbeitnehmerin auf diesen Bestandschutz "verzichtet" und statt der Rechtsunwirksamkeit der Entlassungserklärung (und daher statt des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses) die Ansprüche nach § 29 AngG (§ 1162 b ABGB) geltend macht (siehe dazu die Zusammenfassung bei Kuderna "Einige Probleme des besonderen Kündigungsschutzes", DRdA 1990 1 ff, insbes. 8 ff). Kuderna (aaO) führt dazu aus, der Arbeitnehmer habe in diesen Fällen weder sein Einverständnis mit der Vertragsauflösung im Sinne einer einverständlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt noch auf Ansprüche im rechtlichen Sinn (§ 1444 ABGB) verzichtet; er habe lediglich von seinem Recht, die auf einer relativen Nichtigkeit beruhende Rechtsunwirksamkeit der Entlassung geltend zu machen, nicht Gebrauch gemacht; er habe ein ihm zustehendes Gestaltungsrecht nicht ausgeübt. Dies hat eine Sanierung der relativen Nichtigkeit zur Folge.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß eine nach § 12 MSchG unzulässige Entlassung das Arbeitsverhältnis nicht beendet. Es bedarf keiner Erklärung der Arbeitnehmerin, am Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses festzuhalten; dieses besteht vielmehr ex lege fort. Es unterliegt jedoch der Entscheidung der Arbeitnehmerin, die unberechtigte Entlassung hinzunehmen und die daraus resultierenden Ersatzansprüche geltend zu machen, oder auf dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu bestehen. Hat sie sich jedoch in der einen oder anderen Richtung erklärt, so ist sie daran gebunden.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin am 30. April 1990 der Beklagten gegenüber in verbindlicher Form ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, daß das Arbeitsverhältnis durch die Entlassungserklärung nicht beendet worden sei und sie vom aufrechten Bestehen des Arbeitsverhältnisses ausgehe; sie hat die entsprechenden Ansprüche gegen den Arbeitgeber geltend gemacht. Es handelte sich dabei keineswegs, wie dies die Revision darzustellen versucht, um ein Anbot von Seiten der Klägerin, das zu seiner Wirksamkeit der Annahme durch die beklagte Partei bedurft hätte, sondern um die Geltendmachung der relativen Nichtigkeit der Entlassungserklärung und der der Klägerin auf Grund des Gesetzes aus dem aufrechten Arbeitsverhältnis zustehenden Ansprüche. Damit hat die Klägerin aber ihr Wahlrecht konsumiert. Sie war an diese die Rechtslage gestaltende Erklärung gebunden und konnte nicht später die sich aus einer (nicht erfolgten) Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergebenden Ersatzansprüche begehren. Da mit Zugang des Schreibens vom 30. April 1990 klargestellt war, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin daher ungeachtet des Ausspruches der Entlassung weiter aufrecht besteht, konnten die in der Folge geführten Gespräche in rechtlich relevanter Weise nur mehr die Wiederaufnahme der Arbeit durch die Klägerin zum Gegenstand haben. Die Klägerin konnte die Bereitschaft der beklagten Partei zur Erbringung der von ihr geforderten Zahlungen nicht zur Bedingung für ihr Einverständnis zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses machen, weil dieses ohnehin aufrecht bestand, so daß der Klägerin nur Erfüllungsansprüche (§ 1155 ABGB), nicht aber Ersatzansprüche (§ 29 AngG) zustanden. Diese wurden aber von der Beklagten erfüllt. Dem Inhalt dieser Gespräche kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu, zumal die Klägerin ihre Ansprüche ausschließlich aus der Entlassungserklärung vom 15. Februar 1990 ableitet, durch die aber das Arbeitsverhältnis, wie ausgeführt, nicht beendet wurde: Die von der Klägerin vertretene Auffassung, zwischen den Streitteilen sei vor der neuerlichen Aufnahme der Arbeit ein neues Arbeitsverhältnis begründet worden, entbehrt jeder rechtlichen Grundlage.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)