OGH 12Os9/92 (12Os10/92)

OGH12Os9/92 (12Os10/92)20.2.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Februar 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Friedrich, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Weixelbraun als Schriftführer in der Strafsache gegen Rupert M***** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahles durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 3 WaffenG über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 6. November 1991, GZ 22 Vr 2646/91-35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird erteilt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rupert M***** wurde (zu 1) des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB und (zu 2) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 3 WaffenG schuldig erkannt.

Inhaltlich des Urteils hat er in Innsbruck

(1.) am 16.Juli 1991 mit Josef ST***** einen Einbruch zwecks Diebstahls in die Trafik des Alfred S***** versucht und

(2.) am 3.Juni 1991 eine Gas-Schreckschußpistole sowie 5 Patronen entgegen einem ihm gemäß § 12 WaffenG auferlegten Verbot besessen.

Mit seiner auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte den Schuldspruch wegen des Verbrechens (1.). Mit seiner Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) wendet er sich gegen das ihm angelastete Vergehen (2.). Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und der gegen das Strafmaß erhobenen Berufung verbindet der Angeklagte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung jener Rechtsmittel. Dieses Begehren allein ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die vorliegende Erklärung der zuständigen Kanzleiangestellten des Verteidigers (ON 44) bestätigt nämlich dessen Behauptung, daß nur ein Aufmerksamkeitsfehler dieser sonst verläßlichen Person eine fristgerechte Ausführung der Rechtsmittel verhindert hatte (§ 364 Abs. 1 StPO iVm SSt. 11/77). Damit war aber auch der mangels rechtzeitiger Rechtsmittelausführung und vor dem Wiedereinsetzungsantrag gefaßte Beschluß des Vorsitzenden auf Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde hinfällig. Im übrigen wurde er einerseits gar nicht bekämpft und hat er andererseits der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlußfassung entsprochen (vgl. 13 Os 94/87).

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) wurde nicht die Vorstrafenbelastung des Rechtsmittelwerbers allein zur Begründung der Unglaubwürdigkeit des sich wechselhaft verantwortenden und sich schließlich der Alleintäterschaft bezichtigenden Mittäters ST*****, herangezogen. Das Erstgericht verwies vielmehr in seinen Urteilsgründen auch noch auf die Flucht des Angeklagten beim Einschreiten der Polizeibeamten und auf die nicht nur von diesen bekundete, sondern ursprünglich auch vom Angeklagten einbekannte Tatsache, daß er dabei einen Hammer weggeworfen hat. Nicht unerwähnt blieb ferner in den Urteilsgründen die weiters geänderte Einlassung des Angeklagten, wonach er (und nicht, wie festgestellt, die einschreitenden Polizeibeamten) es gewesen sei(en), der (die) ST***** vom Einbruch abzuhalten trachtete(n), obwohl doch vorher die beiden Täter ganz andere Gründe für ihren Aufenthalt am Tatort zur Tatzeit und dafür, daß M***** den sichergestellten Hammer weggeworfen hat und geflüchtet ist, angegeben hatten (siehe ON 4 und 5). Wie aber die Tatsache, daß der Angeklagte zur Tatzeit vom Tatort flüchtete und einen Hammer weggeworfen hat, zu bewerten ist, fiel allein in die Beweiswürdigung der Tatrichter; dies bekämpft unzulässig die Beschwerde, wenn sie diesem Umstand keine entscheidungswesentliche Bedeutung beimißt.

Aus den Akten - nicht aus dem Beweisverfahren, wie der Beschwerdeführer meint - ergeben sich keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Dort findet sich nämlich die Aussage der Polizeibeamten, wonach bei ihrem Ansichtigwerden der Angeklagte den Hammer weggeworfen hat (S 194, 199); im übrigen ist der Beschwerdeeinwand unerfindlich, weshalb man während der Flucht nicht (zugleich) einen Hammer wegwerfen könne und daher beide Verhaltensweisen im Widerspruch zueinander stünden. Daß diesen Hammer aber der Angeklagte geworfen hat, haben nicht nur die beiden für glaubwürdig erachteten Polizeibeamten ausgesagt, sondern zeigen auch die Vernehmungsprotokolle mit dem Beschuldigten vor Polizei und Untersuchungsrichter (S 59 und 81).

Die Vorstrafenbelastung, welche das Erstgericht ebenfalls verwertet hat, ist aus den Akten zu ersehen (s. Strafregisterauskunft S 19 f).

Die gegen den Schuldspruch nach § 36 Abs. 1 Z 3 WaffenG erhobene Rechtsrüge versucht unter Zugrundelegung der erst im Zuge des gerichtlichen Verfahrens leugnenden Verantwortung des Angeklagten (siehe S 14, 19 in ON 27) darzutun, daß der Angeklagte in Unkenntnis des Umfanges des über ihn verhängten Waffenverbotes gewesen sei, ihn keine Erkundigungspflicht getroffen habe und der diesbezügliche Fahrlässigkeitsvorwurf des Erstgerichts daher verfehlt sei.

Damit geht die Beschwerde jedoch prozeßordnungswidrig nicht von der vom Schöffengericht festgestellten (und ursprünglich auch einbekannten) Kenntnis des Angeklagten, daß er die Waffe dem über ihn ausgesprochenen Waffenverbot zuwider besessen hat aus (US 6), sondern wendet sich nur gegen einen - auf Grund des festgestellten Vorsatzes - überflüssigen Hinweis des Gerichtes, wonach auch die (ausdrücklich als unglaubwürdig gewertete) Verantwortung des Angeklagten (vor Gericht) über den Umfang des Waffenverbotes ihn nicht entschuldigen könnte, weil ihn diesfalls eine Erkundigungspflicht, die er fahrlässig unterlassen hätte, getroffen hätte.

Ein Rechtsirrtum des Gerichts kann jedoch nur unter Zugrundelegung der festgestellten Tat, nicht aber aus theoretischen Überlegungen des Erstgerichts zu einer inaktuellen Tatsachenvariante aufgezeigt werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Gemäß § 285 i StPO hat damit das Oberlandesgericht Innsbruck über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten zu entscheiden.

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