Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteil der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit Bescheid vom 28.11.1989 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Zuerkennung einer Invaliditätspension ab 1.7.1989 ab.
Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Es stellte im wesentlichen fest, daß der am 12.9.1939 geborene Kläger in Österreich und Jugoslawien insgesamt 315 Versicherungsmonate erworben hat. Innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag liegen 106 Beitragsmonate, davon 43 jugoslawische und 63 österreichische. Während der in Österreich erworbenen Versicherungszeiten habe der Kläger diverse (nicht näher beschriebene) Hilfsarbeitertätigkeiten ausgeübt, die nicht als qualifiziert anzusehen seien. Während der im Beobachtungszeitraum in Jugoslawien erworbenen 43 Versicherungsmonate war der Kläger als Superphosphat- und Krioliterzeuger tätig, nach seinen Angaben stellt dies eine Facharbeitertätigkeit dar.
Der Kläger ist in der Lage, alle halbzeitig mittelschweren körperlichen, geistig einfachen Arbeiten in allen Körperhaltungen bei üblicher Arbeitszeit mit den üblichen Pausen zu verrichten. Arbeiten auf hohen Leitern und Gerüsten in überwiegend gebückter Körperhaltung und unter ständigem besonderem Zeitdruck scheiden aus.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Frage, ob der Beruf eines Superphosphat- und Krioliterzeugers eine qualifizierte Tätigkeit im Sinne des § 255 Abs 1 ASVG darstelle, könne ungeprüft bleiben, weil feststehe, daß diese Tätigkeit in den hier zu beachtenden letzten 180 Kalendermonaten vor dem Stichtag gelegenen Beitragsmonaten nicht überwiegend ausgeübt worden sei. Aufgrund des medizinischen Leistungskalküls sei der Kläger noch auf eine Vielzahl von Hilfsarbeitertätigkeiten verweisbar. Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG liege daher nicht vor.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, in welcher insbesondere gerügt wurde, daß auch im zweiten Rechtsgang eine Prüfung unterblieben sei, ob der Kläger eine Fachausbildung erhalten und während seiner Tätigkeit in Österreich qualifizierte Beschäftigungen im Sinne des § 255 Abs 1 ASVG ausgeübt habe, keine Folge.
Das Erstgericht habe den Kläger aufgefordert, binnen drei Wochen eine genaue Tätigkeitsbeschreibung des ausgeübten Berufes eines Superphosphat- und Krioliterzeugers vorzulegen und auf den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes verwiesen. Diesem habe der Kläger eindeutig entnehmen können, daß er ein ergänzendes Vorbringen über den Inhalt seiner Arbeitstätigkeit während seiner 63 Versicherungsmonate in Österreich zu erstatten habe, weil erst dann geprüft werden könne, ob er aufgrund seiner Ausbildung eine Facharbeitertätigkeit in Österreich ausgeübt habe, die etwa seiner Ausbildung als Facharbeiter in Jugoslawien entsprochen habe. Der Kläger habe daraufhin zwar eine Tätigkeitsbeschreibung über die Aufgaben eines Granulations-Anlage-Betreuers übermittelt, doch kein ergänzendes Vorbringen erstattet, daß er in Österreich eine Tätigkeit ausgeübt habe, die dieser Ausbildung entspreche, sondern vielmehr in einem Schreiben angeführt, seine Haupttätigkeit sei jene eines Kraftfahrers und Plakatständermontierers gewesen. Bei dieser Sachlage sei die Parteieneinvernahme des Klägers entbehrlich gewesen, damit sei im ergänzten Verfahren "eindeutig geklärt" worden, daß der Kläger in Österreich nur Hilfsarbeitertätigkeiten verrichtet habe. Es sei daher entbehrlich festzustellen, ob der Beruf eines Superphosphat- und Krioliterzeugers eine qualifizierte Tätigkeit im Sinne des § 255 Abs 1 ASVG darstelle. Auch aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Urkunden, nach welchen der Kläger in Österreich unter anderem Maschinenarbeiter und Gemüsekonservierungsarbeiter gewesen sei, ergebe sich keine Qualifikation. Es habe daher bei der Beurteilung der Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG zu verbleiben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Der Kläger hat schon in seiner Klage und in mehreren Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er aufgrund seiner Ausbildung zum Facharbeiter in Jugoslawien und aufgrund seiner danach in Österreich ausgeübten Tätigkeit nach § 255 Abs 1 ASVG einzustufen sei und daß die in den Jahren 1972 bis 1977 ausgeübten Tätigkeiten als Maschinenarbeiter, Maschineneinsteller, Maschinenfolien- und Folienverpacker sowie die Zubereitung von Konservierungsmitteln mit besonderer Verantwortung verbunden gewesen seien. Die vom Berufungsgericht zur Begründung der mangelnden Qualifikation herangezogene Tätigkeit als Kraftfahrer und Plakatständermontierer wurde nach den Angaben des Klägers nur während eines kurzen Zeitraumes 1977/1978 ausgeübt.
Zu Recht rügt der Kläger in der Revision, daß bei dieser Sachlage die Feststellungen, die sich darauf beschränken, der Kläger habe in Österreich "diverse Hilfsarbeitertätigkeiten ausgeübt" und wegen deren Überwiegens im Beobachtungszeitraum seien die Anforderungen eines Superphosphat- und Krioliterzeugers nicht zu prüfen, zur abschließenden Beurteilung nicht ausreichen.
Zunächst ist dem Schriftsatz des - damals unvertretenen, der deutschen Sprache offenbar nicht besonders kundigen und in Jugoslawien wohnhaften - Klägers vom 12.3.1990 und der beigelegten Bescheinigung vom 23.9.1968 zu entnehmen, daß der Kläger eine Fachausbildung in Jugoslawien zum "chemischen Arbeiter aus dem Berufe Superphosphat- und Krioliterzeuger" schon vor Aufnahme seiner Tätigkeit in Österreich erhalten hat, ob er während der in den Beobachtungszeitraum
fallenden - weiteren - 43 jugoslawischen Versicherungsmonate ab 1.1.1986 bis zum Stichtag auch diese oder eine ähnliche Tätigkeit ausgeübt hat, läßt sich dem Akteninhalt nicht mit Sicherheit entnehmen.
Bisher kann daher nicht beurteilt werden, ob der Kläger in Jugoslawien eine Ausbildung erhalten hat, die einem Lehrberuf in Österreich gleichzustellen wäre und ob der Kläger in der Folge in Österreich und sodann wiederum in Jugoslawien eine qualifizierte Tätigkeit ausgeübt hat.
Im fortgesetzten Verfahren werden daher weitere Feststellungen zu treffen sein: Zunächst wird der Ausbildungsumfang und der Tätigkeitsbereich des Klägers als Facharbeiter in Jugoslawien vor seiner Einreise nach Österreich abzuklären sein, dann werden - nach Vernehmung des Klägers, geeigneter Auskunftspersonen oder Einholung genauer Beschreibungen der Beschäftigungen des Klägers bei den einzelnen
Dienstgebern - genaue Feststellungen über Dauer und Art der jeweils ausgeübten Tätigkeiten sowie über die hiezu erforderlichen Kenntnisse während der in Österreich erworbenen Versicherungszeiten und schließlich die ab 1986 bis zum Stichtag ausgeübte Tätigkeit in Jugoslawien im einzelnen festzustellen sein. Erst dann kann abschließend beurteilt werden, ob rechtlich die Voraussetzungen für das Vorliegen von Invalidität des Klägers nach § 255 Abs 1 ASVG oder nach dessen Abs 3 zu beurteilen sind.
Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt beruht auf § 2 Abs 1 ASGG iVm § 52 Abs 1 ZPO.
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