OGH 13Os123/91 (13Os124/91)

OGH13Os123/91 (13Os124/91)18.12.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Dezember 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Aigner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz SCH***** u.a. wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und 3 Z 3 SGG und anderen strafbaren Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Franz SCH***** und Angelika M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 3.Oktober 1991, GZ 35 Vr 718/90-62, sowie die Beschwerde des Franz SCH***** gegen den in dieses Urteil aufgenommenen Beschluß auf Widerruf bedingter Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt, das auch über die Beschwerde des Angeklagten Franz SCH***** gegen den Widerrufsbeschluß zu entscheiden haben wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch rechtskräftige Freisprüche enthaltenden) Urteil wurden Franz SCH***** der Vergehen des Gebrauches fremder Ausweise nach dem § 231 Abs. 1 StGB, der Urkundenfälschung nach den §§ 223 Abs. 2; 223 Abs. 1, 224 StGB, der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs. 1 StGB sowie nach dem § 16 Abs. 1 SGG (I. bis V. des Urteilsspruches) und des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und 3 Z 3 SGG (VI.), Angelika M***** des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und 3 Z 3 SGG (VI.) schuldig erkannt.

Die gemeinsam ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten, mit denen ausdrücklich die Gründe des § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und 11 StPO geltend gemacht werden, richten sich ausschließlich gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und 3 Z 3 SGG (VI.), mit dem ihnen angelastet wird, in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter am 7.Februar 1990 in den Niederlanden und in Belgien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen bzw übergroßen Menge, nämlich 139,7 g Heroin, 39,5 g Kokain, 204,7 g einer Kokain-Amphetaminmischung und 51 g Haschisch aus den Niederlanden ausgeführt und nach Belgien eingeführt zu haben, wobei beabsichtigt war, die Suchtgifte in der Folge nach Österreich einzuführen.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge (Z 5) wirft dem Urteil zunächst Widersprüchlichkeit vor, weil es einerseits die Absicht der Angeklagten, Suchtgifte letztlich nach Österreich einzuführen, feststellt, andererseits einräumt, die Angeklagten könnten (auch) zur Durchführung eines Aids-Tests nach Amsterdam gefahren sein und sich erst dort zur Suchtgiftausfuhr nach Belgien entschlossen haben.

Nach den Feststellungen des Schöffengerichtes haben die Angeklagten als Mittäter die urteilsgegenständlichen Suchtgifte aus den Niederlanden nach Belgien eingeführt, wobei ihre Absicht darauf gerichtet war, die Suchtgifte über Luxemburg, Frankreich und die Schweiz nach Österreich zu bringen. Zu dieser umständlichen Reiseroute entschlossen sie sich deshalb, weil für die Zweitangeklagte in der Bundesrepublik Deutschland ein Einreiseverbot bestand (US 16). Dabei konnten sich die Tatrichter zur Reiseroute auf die Verantwortung beider Angeklagten stützen (AS 8, 13, 98/II; S 17 des Beilagenkonvolutes (Bleistiftbezeichnung)), die Absicht der Einfuhr der Suchtgifte nach Österreich aber aus dem Gesamtverhalten der Angeklagten, insbesondere aus dem Umstand erschließen, daß sie bei ihrer Betretung jeweils an ihrem Körper selbst und in ihrer Kleidung Suchtgift sowie Gegenstände zum Suchtgiftkonsum mitführten (US 17).

Diesen Feststellungen widersprechen auch die (entscheidungsunwesentlichen) Erwägungen nicht, ob sich die Angeklagten (allenfalls auch) zur Durchführung (eines später dann tatsächlich nicht vorgenommenen) Aids-Tests nach Amsterdam begaben und erst dort den Tatentschluß faßten. Ebensowenig widersprüchlich sind die Überlegungen des Erstgerichtes zur Verantwortung der Angeklagten, das Suchtgift wäre ihnen zum Transport ohne ihr Wissen unterschoben worden. Die diesbezügliche Begründung, Suchtgifte von Menge und Wert der bei den Angeklagten ergriffenen werde wegen der mangelnden Sicherheit der Wiedererlangung bei einer Reise, wie sie die Angeklagten geplant hatten, nicht einem anderen zum Transport unterschoben, widerspricht weder den Denkgesetzen noch der allgemeinen Lebenserfahrung. Ein formaler Begründungsmangel liegt somit auch insoweit nicht vor.

Den Beschwerdeausführungen zuwider haben die Tatrichter den tatsächlichen Reinheitsgehalt der diversen Suchtgifte aus dem unbedenklichen, im Verfahren vor dem Strafgericht in Lüttich eingeholten toxikologischen Gutachten festgestellt (US 14; S 25 bis 30 des Beilagenkonvolutes (Bleistiftbezeichnung)), das mit den im Rechtshilfeweg beigeschafften Teilen des belgischen Strafaktes in der Hauptverhandlung verlesen wurde (AS 124/II). Sie konnten auch von einem "erheblichen Wert" der Suchtgifte ausgehen, weil sich aus diesem Akt ergab, daß der Handelswert der sichergestellten Drogen in Belgien zwischen 1,963.000 und 2,183.000 belgischer Francs lag (S 36 des Beilagenkonvulotes (Bleistiftbezeichnung); d.s.ca. 654.000 bis 727.000 S zur Zeit der Verfahrensführung in Belgien, vgl. S 38 des Beilagenkonvolutes).

Aus der Feststellung des Schöffengerichtes, daß die Angeklagten die Suchtgifte lediglich für einen (eventuellen) Auftraggeber zum Transport übernommen haben, ergibt sich bereits die mangelnde Relevanz einer genauen Feststellung, wieviel Geld ihnen zum Erwerb von Suchtgift tatsächlich zur Verfügung stand.

Die Mängelrüge bekämpft mit dem weiteren Vorbringen, die Vorgangsweise der Angeklagten bei ihrem Suchtgifttransport wäre geradezu tollkühn gewesen, im Kern lediglich in einer im Nichtigkeitsverfahren (auch unter dem Gesichtspunkt der Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO) unzulässigen Art die Beweiswürdigung der Erstrichter. Sie versagt somit zur Gänze.

In den Tatsachenrügen (Z 5 a) beschränken sich die Beschwerdeführer zunächst darauf, das Vorbringen in der Mängelrüge zu wiederholen. Wie sich aus den bereits zur Mängelrüge dargelegten Erwägungen ergibt, werden damit erhebliche, aus der Aktenlage zu begründende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen nicht geweckt, weshalb auch die Tatsachenrüge erfolglos bleiben muß.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet die Anwendbarkeit der österreichischen Strafgesetze im Sinne des § 64 Abs. 1 Z 4 StGB, geht damit aber an den ausdrücklichen Urteilsfeststellungen vorbei, daß die Angeklagten beabsichtigten, die Suchtgifte nach Österreich zu bringen (US 16), womit österreichische Interessen verletzt worden sind (vgl auch Mayerhofer-Rieder, StGB3, ENr 4 zu § 64). Sie gelangt damit nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Letztlich werden in der Strafzumessungsrüge (Z 11) mit dem Vorbringen, die deutlich verminderte Zurechnungsfähigkeit der Angeklagten sei bei der Strafbemessung zu wenig berücksichtigt worden,- ebenso wie mit dem weiteren Vorbringen in der Tatsachenrüge, die Feststellung der Entlassungszeit der Angeklagten aus der Haft in Belgien allein aufgrund ihrer Angaben sei qualifiziert bedenklich - lediglich Berufungsgründe geltend gemacht. Es wird nämlich damit nicht dargelegt, in welcher Weise der Gerichtshof seine Strafbefugnis überschritten, bei dem Ausspruch über die Strafe für die Strafzumessung maßgebende entscheidende Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt oder in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen hätte (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 1 bis 3 und 7, zu § 281 Z 11).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO im Zusammenhalt mit dem § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen sowie über die Beschwerde gegen den Widerruf der bedingten Strafnachsicht der örtlich zuständige Gerichtshof zweiter Instanz berufen ist (§§ 285 i, 494 a StPO).

Die Kostenentscheidung findet in der angeführten gesetzlichen Bestimmung ihre Begründung.

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