Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen vierzehn Tagen die mit 12.247,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.041,20 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die S-KG, über deren Vermögen am 5.2.1990 das Konkursverfahren eröffnet wurde, schuldete der klagenden Partei aus einer ständigen Geschäftsbeziehung zu diesem Zeitpunkt mindestens
291.205 S. Nach Konkurseröffnung kaufte die beklagte Partei ua sämtliche Fertigware der Gemeinschuldnerin.
Zwischen den Streitteilen entstand ein Streit darüber, ob der klagenden Partei an Textilien, die früher im Eigentum der Gemeinschuldnerin gestanden hatten und sich in zwei Lagern in Wien befanden, ein Pfandrecht für ihre Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin zusteht.
Die klagende Partei transportierte diese Textilien nach Konkurseröffnung von Wien nach Salzburg, wobei strittig ist, wer dazu den Auftrag erteilte (ein Vertreter der Gemeinschuldnerin oder die beklagte Partei), und weigerte sich unter Berufung auf ihr Pfandrecht für die früheren entstandenen Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin, die so in ihre Verfügungsgewalt gelangten Textilien der beklagten Partei herauszugeben.
Um größeren Schaden abzuwenden, vereinbarten die Streitteile, daß die beklagte Partei die Textilien veräußern dürfe und den Zeitwert von 291.205 S bei einem Treuhänder zugunsten beider Streitteile erlege.
Der Kläger begehrt die Feststellung, ihm stehe an den strittigen Textilien ein Pfandrecht zu und die beklagte Partei sei schuldig, den Treuhänder zu beauftragen, ihm den Treuhandbetrag auszufolgen.
Er behauptet, daß seinen Geschäftsbeziehungen zur Gemeinschuldnerin stets die Allgemeinen Österreichischen Speditionsbedingungen zugrunde gelegt gewesen seien. Eine Behauptung, daß dies ausdrücklich auch für den Transport der strittigen Textilien von Wien nach Salzburg vereinbart wurde, stellte er nicht auf, brachte aber vor, daß der Transportauftrag nicht von der beklagten Partei, sondern von einem Vertreter der Gemeinschuldnerin erteilt worden sei. Im Zeitpunkt der Erlangung der Verfügungsgewalt über die strittigen Textilien habe die beklagte Partei noch nicht Eigentum erworben gehabt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es nahm als erwiesen an, daß am 9.2.1990 die G-GesmbH dem Masseverwalter angeboten habe, eine von ihr namhaft zu machende Firma werde den Betrieb der Gemeinschuldnerin kaufen. Nach Einzahlung des vereinbarten Kaufpreises habe der Masseverwalter das Anbot am 12.2.1990 angenommen und der von der G-GesmbH als Käufer namhaft gemachten beklagten Partei in den folgenden Tagen den Betrieb übergeben, insbesondere auch die Schlüssel zu den beiden Lagern in Wien. Die beklagte Partei habe daraufhin am 19.2.1990 durch ihren von ihr als Arbeitnehmer übernommenen früheren Angestellten der Gemeinschuldnerin der klagenden Partei den Transportauftrag erteilt.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß durch die Schlüsselübergabe an die beklagte Partei der Eigentumsübergang schon vor dem Transportauftrag stattgefunden habe, sodaß der klagenden Partei an den strittigen Textilien kein Pfandrecht für ältere Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin zustehe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht überprüfte die von der klagenden Partei bekämpfte Beweiswürdigung zur Frage, wer den strittigen Transportauftrag erteilt habe, nicht, sondern war der Auffassung, daß sich das Klagebegehren schon auf Grund der unstrittigen Tatsachenfeststellungen als unberechtigt erweise.
Zum einen mangle ein Vorbringen, daß auch für den Transportauftrg vom 19.2.1990 die AÖSp vereinbart worden seien, sodaß das Pfandrecht nach § 50 AÖSp nicht zum Tragen komme. Auf das gesetzliche Pfandrecht nach den §§ 410 und 440 HGB habe sich die klagende Partei nicht berufen. Sie habe vor allem auch keine konnexen, nämlich konkret durch die Fracht begründete Forderungen, geltend gemacht. Nach Konkurseröffnung könne an Massegegenständen für Konkursforderungen nicht neu ein Absonderungsrecht begründet werden. Vor Konkurseröffnung habe aber die klagende Partei noch keine Verfügungsgewalt über die strittigen Textilien gehabt. Auch für den vom Erstgericht nicht festgestellten, aber von der klagenden Partei behaupteten Fall der Auftragserteilung durch die Gemeinschuldnerin, wobei hier auch noch eine Anscheinsvollmacht des Masseverwalters angenommen werden müßte, habe daher das von der klagenden Partei behauptete Pfandrecht nicht entstehen können.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Pfandrechte des Spediteurs nach § 410 HGB oder des Frachtführers nach § 440 HGB kommen der klagenden Partei nicht zugute, weil sie keine das strittige Gut selbst betreffenden konnexen Forderungen (also die Kosten der Versendung der strittigen Textilien von Wien nach Salzburg) geltend macht (SZ 54/8; Schütz in Straube, HGB, Rz 7 zu § 410 mit dem Hinweis, daß dies auch für Dauer-Speditionsverträge gilt).
Wenn überhaupt, könnte sich die klagende Partei daher nur auf das Pfandrecht des Spediteurs nach § 50 AÖSp berufen. Danach werden (lit a) auch nicht konnexe Forderungen gegenüber dem Auftraggeber gesichert. Die klagende Partei könnte also das Pfandrecht auch für die schon vor dem strittigen Transport entstandenen Forderungen aus früheren Geschäftsverrichtungen für denselben Auftraggeber geltend machen. Auch die Voraussetzungen nach § 50 lit c AÖSp, nämlich daß die zu sichernden Forderungen nicht strittig sind und die Vermögenslage des Schuldners die Forderung des Spediteurs gefährdet, wären gegeben.
Die Besonderheit des vorliegenden Falles ist aber, daß diese zu sichernden früheren Forderungen der klagenden Partei vor Konkurseröffnung gegenüber dem Gemeinschuldner entstanden waren, daß es sich also um Konkursforderungen handelt, während der strittige Transportauftrag, der der klagenden Partei die Verfügungsgewalt an den strittigen Textilien verschaffte, erst während des Konkursverfahrens erteilt wurde.
Um unter diesen Voraussetzungen das Entstehen eines Pfandrechtes nach § 50 AÖSp anzunehmen, müßte der Masseverwalter - dem Gemeinschuldner selbst war ja die Verfügung entzogen - mit der klagenden Partei vereinbart haben, daß das strittige Gut der klagenden Partei nicht nur zum Zwecke der Veranlassung des Transportes von Wien nach Salzburg übergeben, sondern auch das gesetzliche Pfandrecht auf nicht konnexe (Konkurs-)Forderungen erweitert werde. Der Masseverwalter hätte zwar einen solchen Vertrag wegen Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gläubiger nicht abschließen dürfen, ein dennoch abgeschlossener Vertrag wäre aber gültig (Bartsch-Pollak3 I 292).
Ein solcher Vertrag wäre aus dem zuletzt genannten Grund etwas so Ungewöhnliches, daß die klagende Partei sein Zustandekommen ausdrücklich behaupten und beweisen hätte müssen. Nur durch den Verweis auf die Fortsetzung der früheren mit dem Gemeinschuldner bestandenen Geschäftsverbindung, der die AÖSp zugrunde gelegt waren, aber selbst (was gar nicht behauptet wurde) wenn auch für den strittigen Transportauftrag die AÖSp stillschweigend oder ausdrücklich vereinbart worden wären, ist für die klagende Partei nichts zu gewinnen. Der Masseverwalter vertritt zwar in gewisser Hinsicht auch den Gemeinschuldner, verwaltet aber ein Sondervermögen und ist demnach nicht der selbe Auftraggeber wie der Gemeinschuldner. Erhält der Spediteur nach Eröffnung des Konkursverfahrens vom Masseverwalter im Zusammenhang mit einem für Rechnung der Konkursmasse erteilten Versendungsauftrag die Verfügungsgewalt über ein Gut, das zur Konkursmasse gehört, so steht dem Spediteur wegen der mit diesem Gut nicht zusammenhängenden Forderungen, die gegen den Gemeinschuldner vor Eröffnung des Konkursverfahrens entstanden sind, das Pfandrecht nach § 50 AÖSp nicht zu (ebenso für den deutschen Rechtsbereich Krien-Hay, Komm ADSp 304 f).
Es ist daher entbehrlich zu prüfen, wer den strittigen Transportauftrag erteilte und wann die beklagte Partei Eigentum am strittigen Gut erworben hat.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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