OGH 3Ob89/91

OGH3Ob89/9118.12.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf M*****, vertreten durch Dr. Gerald Jahn, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei M*****bank Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Michael Kinberger, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen der Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch von S 82.201,- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 5. Juni 1991, GZ 21 R 156/91-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Gastein vom 28. Feber 1991, GZ 1 C 12/91z-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.094,- (darin S 849,- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Oppositionskläger wurde mit dem Versäumungsurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28.April 1988 zur Zahlung von S 82.201,- sA an die nun beklagte Bank verhalten. Zur Hereinbringung dieser vollstreckbaren Forderung wurde der Bank am 26. Juli 1988 die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung bewilligt und auf dem mit Wohnungseigentum verbundenen Anteil des Klägers an der Liegenschaft EZ 475 KG Böckstein in CLNR 78 das Pfandrecht zu TZ 895/88 mit 28.Juli 1988 einverleibt.

Das Landesgericht Salzburg eröffnete mit dem Beschluß vom 23. November 1988 zu S 104/88 über das Vermögen des Klägers den Konkurs. Die beklagte Bank meldete mit der am 12.April 1989 beim Konkursgericht eingegangenen, mit 12.Dezember 1988 datierten Eingabe ihre Konkursforderung mit S 106.761,72 an und verwies auf das beigelegte Versäumungsurteil vom 28.April 1988 und den Beschluß über die Bewilligung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung vom 26.Juli 1988. Die Forderung wurde im Konkurs nur mit S 82.201,- anerkannt, die Restforderung wurde vom Masseverwalter als überhöht bestritten (§ 109 Abs 1 KO). Über den Antrag des Schuldners auf Abschließung eines Zwangsausgleiches fand die Tagsatzung zur Verhandlung und Beschlußfassung am 7.Mai 1990 statt. Der beklagten Bank wurde ein Stimmrecht zuerkannt. Der Zwangsausgleichsantrag, wonach an die Konkursgläubiger eine Quote von 20 % ihrer Forderungen bezahlt werde, erhielt bei der Abstimmung am 7.Mai 1990 die nach § 147 Abs 1 KO zur Annahme erforderlichen Mehrheiten. Das Konkursgericht bestätigte am 13. Juni 1990 den Zwangsausgleich.

Die beklagte Bank erwirkte zu E 5047/90 des Bezirksgerichtes Gastein mit 14.September 1990 die Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 82.201,- sA durch die Zwangsversteigerung der mit dem zu CLNR 78 einverleibten Zwangspfandrecht belasteten Wohnungseigentumsanteile.

Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten die Exekution durch Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile bewilligt wurde, erhob der Kläger am 5.Jänner 1991 seine Einwendungen nach § 35 EO, daß der Anspruch "derzeit nicht vollstreckbar" sei, weil die beklagte Bank im Konkurs die Feststellung ihrer Forderung als Konkursforderung verlangt und damit auf ihr durch die Einverleibung des Zwangspfandrechtes erlangtes Absonderungsrecht verzichtet habe. Andernfalls hätte sie nur den voraussichtlichen Ausfall als Konkursforderung anmelden dürfen. Sie könne daher nur mehr die Zahlung der Quote nach dem Zwangsausgleich begehren und nicht wieder ihr Absonderungsrecht geltend machen.

Die beklagte Bank trat dem Klagebegehren entgegen. Sie habe auf ihr Absonderungsrecht, das durch Konkurseröffnung und Zwangsausgleich nicht berührt worden sei, nicht verzichtet und das Stimmrecht im Insolvenzverfahren zu Recht in Anspruch genommen, weil wegen der ihrem Pfandrecht vorgehenden Lasten ihre ganze Forderung voraussichtlich durch das Pfandrecht nicht gedeckt gewesen sei.

Das Erstgericht gab den Einwendungen des Klägers statt. Die beklagte Bank habe es entgegen § 103 Abs 3 KO in ihrer Forderungsanmeldung im Konkurs unterlassen, als Absonderungsgläubiger den Sachverhalt unter genauer Angabe des Gegenstandes der Absonderung darzulegen und anzugeben, bis zu welchem Betrag ihre Forderungen voraussichtlich durch das Absonderungsrecht gedeckt sind. Der Schuldner sei berechtigt, seine Verbindlichkeiten nur mehr nach dem Inhalt des Zwangsausgleiches zu erfüllen. Die gerichtliche Bestätigung des Zwangsausgleiches bestimme verbindlich, was der Schuldner noch zu leisten habe, und dies sei nur mehr die Quote von 20 %.

Das Berufungsgericht wies über die Berufung der beklagten Bank das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es treffe wohl zu, daß der Zwangsausgleich früher entstandene Exekutionstitel einschränke und daß durch den Zwangsausgleich verbindlich bestimmt werde, was der Schuldner noch zu leisten habe, doch würden bestehende Absonderungsansprüche durch den Konkurs nicht berührt. Das mehr als 60 Tage vor der Eröffnung des Konkurses begründete Pfandrecht der beklagten Partei sei durch das Insolvenzverfahren nicht beeinträchtigt worden. Das Verfahren zur Feststellung der Ansprüche nach den §§ 102 ff KO beziehe sich nur auf die Konkursforderungen. Aus dem Unterbleiben eines Hinweises auf das Pfandrecht in der Anmeldung als Konkursforderung könne auf den Verzicht des Gläubigers auf seinen Absonderungsanspruch nicht geschlossen werden. Die im § 103 Abs 3 KO geforderte Angabe, bis zu welchem Betrag die Forderung voraussichtlich durch das Absonderungsrecht gedeckt ist, könne entfallen, wenn mit einer Befriedigung aus dem Absonderungsrecht nicht zu rechnen sei, etwa im konkreten Fall, weil dem Rang des Pfandrechts der beklagten Bank Pfandrechte bis zu S 1,800.000,- vorgehen und das Wohnungseigentumsobjekt nur etwa S 1,000.000,- wert sei. Die Anmeldung der Forderung im Konkurs erlaube keine Auslegung als Verzicht auf die Geltendmachung des erworbenen Pfandrechts, zumal auch die Kosten der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung angemeldet wurden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Die beklagte Bank hat durch die Einverleibung des Zwangspfandrechtes zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Geldforderung auf den Liegenschaftsanteil des Verpflichteten mit dem 28.Juli 1988 das Absonderungsrecht erworben, das nach § 11 Abs 1 KO durch die Eröffnung des Konkurses am 22.November 1988 nicht berührt und auch durch die Bestimmung des § 12 Abs 1 KO nicht betroffen wurde. Der Gläubiger kann im Rang seines vom Konkurs nicht berührten Pfandrechtes jederzeit Befriedigung suchen (EvBl 1967/424), die Exekutionssperre des § 10 Abs 1 KO steht der Durchsetzung nicht entgegen (Heil, Insolvenzrecht, Rz 22).

Der mangels vollständiger Deckung entstehende Ausfall wird Konkursforderung. Da oft zur Zeit der Forderungsanmeldung im Konkurs ungewiß ist, ob und in welcher Höhe nach der Pfandverwertung ein Ausfall eintritt, bestimmt § 48 Abs 3 KO, daß Absonderungsgläubiger, denen zugleich ein persönlicher Anspruch gegen den Gemeinschuldner zusteht, ihre Forderung gleichzeitig als Konkursgläubiger geltend machen können. Das Stimmrecht wird allerdings nach § 93 Abs 3 KO nur für den Teil der Forderungen gewährt, der voraussichtlich durch anderweitige Geltendmachung nicht gedeckt ist. Deshalb ordnet § 103 Abs 3 KO auch an, daß Absonderungsgläubiger, die - zulässig - ihre Forderungen auch als Konkursgläubiger geltend machen, in der Anmeldung den Sachverhalt unter genauer Angabe des Gegenstandes der Absonderung darzulegen und anzugeben haben, bis zu welchem Betrag ihre Forderungen voraussichtlich durch das Absonderungsrecht gedeckt sind. Die Bedeutung dieser Angabe beschränkt sich aber auf die daraus abzuleitende Inanspruchnahme des Stimmrechts im Konkurs und soll (bloß) die Entscheidung des Konkursgerichtes, inwieweit ein Stimmrecht für die Forderung des Absonderungsgläubigers zu gewähren ist, durch Ausscheidung des durch das Absonderungsrecht absehbar gedeckten Forderungsteiles vorbereiten. Eine Sanktion, daß durch die Unvollständigkeit der Forderungsanmeldung des Absonderungsgläubigers, der gleichzeitig als Konkursgläubiger auftritt (§ 48 Abs 3 KO), ein Verlust des Absonderungsrechtes eintritt, ist nicht vorgesehen und kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil die Absonderungsrechte überhaupt nicht dem Feststellungsverfahren der Konkursordnung unterliegen (Heil, Insolvenzrecht Rz 161) und daher auch nicht mittels Anmeldung geltend zu machen sind. Die vom Kläger an das Unterbleiben der nach § 103 Abs 3 KO für die Forderungsanmeldung vorgesehenen Angaben, die nur für die Stimmrechtsprüfung bedeutsam sind, geknüpften Rechtsfolgen traten daher nicht ein. Dem Kläger als Gemeinschuldner war das Bestehen des Absonderungsrechtes bekannt. Selbst aus der Forderungsanmeldung (38 der Anmeldungen) war der Erwerb des Pfandrechtes zu ersehen, weil zum Nachweis der Exekutionskosten auf die zwangsweise Pfandrechtsbegründung hingewiesen wurde. Es fehlte nur die Behauptung der beklagten Bank, daß sie voraussichtlich mit ihrer gesamten Forderung wegen der Vorbelastungen des Wohnungseigentumsobjektes nicht zum Zug kommen werde, um darzulegen, daß sie das Stimmrecht für die angemeldete Forderung - soweit eine Bestreitung der vollstreckbaren Forderung erfolgte, hätte nach § 110 Abs 2 KO der Bestreitende seinen Widerspruch mittels Klage geltend machen müssen - zur Gänze in Anspruch nehme.

Aus der Entscheidung SZ 45/5 läßt sich für den vom Kläger eingenommenen Standpunkt nichts gewinnen. Die im Fall einer Inanspruchnahme der Haftung eines Rechtsanwaltes für einen bei einer Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren unterlaufenen Kunstfehler maßgebende rechtliche Beurteilung hatte nichts mit einem Absonderungsrecht zu tun und betraf allein die durch das IRÄG weitgehend überholte Rechtslage, nach der die Konkursforderungen in drei Klassen eingeteilt waren. Da Absonderungsrechte im Konkurs überhaupt keiner Anmeldung unterliegen, kann die (frühere) Verbindlichkeit der Anmeldung einer Forderung in der dritten Klasse statt in der ersten Klasse keinesfalls auf die neben dem von den Konkurswirkungen unberührten Absonderungsrecht erfolgte Anmeldung der Forderung im Konkurs übertragen werden. Durch den Zwangsausgleich mag für die Konkursgläubiger, die ihre Forderung angemeldet haben, verbindlich bestimmt sein, was ihnen der Gemeinschuldner noch zu leisten hat (SZ 45/5). Die Rechte der Absonderungsgläubiger werden hingegen durch den Zwangsausgleich nach § 149 Abs 1 KO nicht berührt. Kommt einem Gläubiger die Doppelstellung des Absonderungs- und des Konkursgläubigers zu, so steht ihm beim Zwangsausgleich aus der Verwertung seines Absonderungsrechtes der ungekürzte Forderungsteil zu und zusätzlich die Quote aus dem Rest der gesamten Forderung (MGA 29, E 3 zu § 149 KO). Soweit der Absonderungsgläubiger in Ansehung des gedeckten Forderungsteiles gleichzeitig auch Konkursgläubiger ist, kommt ihm also eine Doppelstellung zu. Er darf zwar im Konkurs den vollen Forderungsbetrag anmelden, und auch die Feststellung hat mit dem vollen Forderungsbetrag zu erfolgen, soweit die Forderung sonst zu Recht besteht; endgültig nimmt er aber nur mit dem Ausfall als Konkursgläubiger an der Befriedigung teil (ecolex 1990,608 = BankArch 1991, 60). Mängel seiner Forderungsanmeldung können daher nur seine Stellung als Konkursgläubiger berühren, nicht aber seine im Konkurs nicht der Anmeldung unterliegenden Absonderungsrechte. Der vom Kläger gezogene Schluß, die Unterlassung der im § 103 Abs 3 KO geforderten Angabe bewirke das Ausscheiden als Absonderungsgläubiger und beschränke den Gläubiger auf die aus dem Zwangsausgleich für die Konkursgläubiger geschaffene Rechtsposition, entbehrt jeder Grundlage. Der Kläger hat selbst zugestanden, daß nach Inhalt des Zwangsausgleiches die Absonderungsansprüche unberührt blieben. Wenn er meint, dieser sein (eine Voraussetzung für die Ausgleichsbestätigung bildender) Vorschlag habe sich nur auf Gläubiger bezogen, die ihr "Absonderungsrecht mittels Forderungsanmeldung geltend gemacht haben, was bei der beklagten Partei nicht der Fall sei", so verkennt er, daß Absonderungsrechte im Konkurs nicht geltend zu machen sind. Es bleibt daher selbst nach dem der bemängelten Anmeldung als Konkursforderung nachfolgenden Zwangsausgleich dabei, daß der beklagten Bank ihr Absonderungsrecht erhalten blieb und sie nur mit dem Ausfall auf die Quote beschränkt wurde.

Einen ausdrücklichen Verzicht auf die Geltendmachung des Pfandrechtes hat der Kläger nicht behauptet. Bei der Beurteilung der Frage, ob stillschweigender Verzicht auf ein Recht vorliegt, ist stets besondere Vorsicht geboten. Eine Erklärung durch Stillschweigen muß nach § 863 Abs 1 ABGB so zum Ausdruck gelangen, daß mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund übrig bleibt, daran zu zweifeln. Bloßes Schweigen hat keinen Erklärungswert, und eine Untätigkeit des Berechtigten allein rechtfertigt nicht die Annahme der stillschweigenden Erklärung des Verzichtes (vgl Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 14f zu § 863; EvBl 44/106; EvBl 1977/124 uva).

Die Forderungsanmeldung der beklagten Bank im Konkurs über das Vermögen des Klägers bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, sie habe nur mehr eine Konkursforderung geltend machen und auf ihr Absonderungsrecht verzichten wollen. Daß dem Inhaltserfordernis nach § 103 Abs 3 KO eine andere Bedeutung als die zukommt, sich das Absonderungsrecht zu wahren, wurde schon betont. Auf einen Verzicht könnte nur geschlossen werden, wenn die beklagte Bank darauf deutende Erklärungen abgegeben hätte, nicht aber, wenn sie ihr Absonderungsrecht unerwähnt gelassen hätte. Der Einwand des Klägers, der Masseverwalter habe die das Kapital übersteigende Forderung der Bank bestritten, ohne daß die beklagte Bank dagegen etwas unternommen habe, ist verfehlt. Soweit die angemeldete Forderung vollstreckbar war, hätte der Bestreitende seine Einwendungen mittels Klage geltend machen müssen (§ 110 Ab 2 KO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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