Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.789,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.131,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei ist Eigentümerin des Hauses Wien 1., Rotenturmstraße 29. Der Hausverwalter schloß namens der (damaligen) Hauseigentümerin mit der Beklagten, die schon bis dahin Mieterin des Geschäftslokales III A war, am 23.9.1980 einen neuen Mietvertrag über das Geschäftslokal; in diesem Vertrag wurde der Verwendungszweck ausdrücklich auf den Verkauf von Schuhen und Kinderoberbekleidung beschränkt.
Die klagende Partei begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, "die Überlassung des Gebrauches des....
Geschäftslokales...., bestehend aus einem Lokal im Parterre samt
dazugehörigem Geschäftsraum im Souterrain und einem Kellerraum an
die M***** P***** Gesellschaft mbH zu unterlassen, sowie
Maßnahmen für die Unterlassung des Gebrauches des
Geschäftslokales....(durch diese Gesellschaft)... zu ergreifen
und diese aus dem vorbezeichneten... Geschäftslokal zu
entfernen", und ferner, "in den....gemieteten
Geschäftsräumlichkeiten... den Verkauf von Waren, die nicht im
Rahmen eines Verkaufsgeschäftes für Schuhe und
Kinderoberbekleidung geführt werden, insbesondere den Betrieb
einer Kleiderboutique für Erwachsenenoberbekleidung mit der
Bezeichnung Z***** zu unterlassen, sowie auch Maßnahmen für die
Durchsetzung dieses Unterlassungsbegehrens gegenüber der...
(vorgenannten Gesellschaft) ... zu ergreifen". Nach dem Mietvertrag vom 23.9.1980 dürfe der Bestandgegenstand nur zum Betrieb eines Verkaufsgeschäftes für Schuhe und Kinderoberbekleidung verwendet werden. Die Änderung des Verwendungszweckes sei ohne schriftliche Zustimmung durch den Vermieter unzulässig. Die Beklagte habe das Bestandobjekt jedoch zur Gänze der schon erwähnten Gesellschaft überlassen, die darin eine Kleiderboutique für Erwachsenenoberbekleidung betreibe.
Die Beklagte wendete insbesondere ein, der Hausverwalter habe der Verpachtung des Unternehmens an die erwähnte Gesellschaft ausdrücklich zugestimmt. Das Warenangebot der Pächterin halte sich im Rahmen des im Mietvertrag festgelegten Verwendungszweckes.
Das Erstgericht wies das gesamte Klagebegehren ab.
Es stellte - soweit für die Erledigung der Revision von Bedeutung - fest, die Pächterin betreibe nunmehr unter der Geschäftsbezeichnung Z***** einen Handel mit Bekleidung für Leute zwischen 12 und 18 Jahren; Kinderschuhe würden nicht mehr geführt, weil das Warenangebot nunmehr ausgelaufen sei.
Rechtlich meinte das Erstgericht, es sei schon im Verfahren 48 C 343/88 geklärt worden, daß die Beklagte ihr Unternehmen verpachtet habe. Trotz weitgehender Änderung des Warensortiments sei die Unternehmensidentität gewahrt geblieben. Dem Pächter müsse das Recht zugebilligt werden. Waren anderer Herkunft zu vertreiben, als sie der Verpächter angeboten habe. Unbedenklich sei die Änderung des Betriebsgegenstandes, soweit damit kein Branchenwechsel verbunden sei. Würden nun ausschließlich Kindermoden und nicht mehr auch - wie bisher - Kinderschuhe angeboten, werde damit die Unternehmensidentität nicht angetastet.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil, soweit damit das Begehren auf Unterlassung des Verkaufes von Waren, die nicht im Rahmen eines Verkaufsgeschäftes für Schuhe und Kinderoberbekleidung geführt werden, sowie auf Ergreifung von Maßnahmen für die Durchsetzung dieses Unterlassungsbegehrens gegen die Pächterin abgewiesen wurde, als Teilurteil und sprach insoweit aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei; in bezug auf das restliche Begehren hob es die bekämpfte Entscheidung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung durch das Erstgericht auf, ohne den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte - soweit für die Erledigung der Revision bedeutsam - aus, das im Kündigungsverfahren angenommene Pachtverhältnis stehe dem Begehren auf Unterlassung der Weitergabe des Bestandgegenstandes nicht entgegen, weil die Verpachtung des Unternehmens selbst im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes bei vertraglichem Verbot der Überlassung des Mietobjekts unterbunden werden könne. Der Vermieter könne vom Mieter die Unterlassung der dem vereinbarten Vertragszweck widersprechenden Tätigkeit deshalb auch grundsätzlich verlangen, das gelte jedoch nur für wesentliche Änderungen des Geschäftsbetriebes. Unwesentliche Änderungen und Erweiterungen des Warenangebotes müsse der Vermieter indessen in Kauf nehmen. Demnach müsse der Vermieter auch die Änderung des Warenangebots von der Oberbekleidung für Kinder auf solche für Teenager, ja selbst für Damen dulden, wenn der vertragliche Verwendungszweck - wie hier - mit dem "Verkauf von Schuhen und Kinderoberbekleidung" umschrieben sei. Solche unwesentliche Änderungen müßten als vom Vermieter bei Vertragsabschluß als stillschweigend in Kauf genommen angesehen werden. Es müsse auch der wirtschaftlichen Entwicklung in der Branche des Mieters Rechnung getragen werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich das Begehren der klagenden Partei, die Beklagte schuldig zu erkennen, den Verkauf von Waren, die nicht im Rahmen eines Verkaufsgeschäftes für Schuhe und Kinderoberbekleidung geführt werden, zu unterlassen (bzw. entsprechende Maßnahmen zur Durchsetzung dieses Unterlassungsbegehrens gegen die Pächterin zu ergreifen). Die klagende Partei steht nach wie vor auf dem Standpunkt, da die Pächterin das vermietete Geschäftslokal nicht im Rahmen des im Mietvertrag festgelegten Verwendungszweckes gebrauche, sei die Beklagte als deren Verpächterin zur Unterlassung dieses Vertriebs verpflichtet.
Die Art der Verwendung hat sich grundsätzlich am Vertragsinhalt,
insbesondere an dem darin festgelegten Verwendungszweck zu
orientieren; nach der Rechtsprechung (vgl. nur die bei Würth in
Rummel, ABGB2 § 1098 Rz 4 zitierte Judikatur) kann der
Bestandzweck auch auf bestimmte Geschäftszweige wirksam
festgelegt werden. Die Einhaltung einer solchen Verwendungsabrede
kann - außer bei Schikane - im Wege einer Unterlassungsklage
erzwungen werden, sofern in dem abredewidrigen Gebrauch nicht
überhaupt ein Auflösungsgrund im Sinne des § 1118 erster Fall
ABGB (1 Ob 587/89) oder wenigstens ein Kündigungsgrund (§ 30
Abs.2 Z 7 MRG) zu erblicken ist. Der Bestandgeber ist
insbesondere nicht zur Duldung wesentlicher Veränderungen der
Bestandsache genötigt, die durch die vertragswidrige
Widmungsänderung erforderlich werden. Dagegen muß er
unwesentliche Veränderungen, namentlich auch eine unwesentliche
Änderung oder Erweiterung des Warenangebots, hinnehmen, soweit
der Bestandnehmer damit lediglich auf die wirtschaftliche
Entwicklung in seinem Geschäftszweig reagiert, vor allem um seine
Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu sichern, bzw. keinem
vertraglich übernommenen Konkurrenzverbot zuwiderhandelt und mit
der Änderung des Sortiments auch keine intensivere Benützung des
Bestandgegenstandes verbunden ist (EvBl.1966/422 =
MietSlg.18.177; Würth aaO).
Die vom Erstgericht festgestellte Änderung des Warenangebots durh die Pächterin infolge Auflösung des Handels mit Kinderschuhen bzw. durch den Wechsel von Kinder- zu Teenageroberbekleidung ist - wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend erkannte - als derartige unwesentliche Veränderung anzusehen, mit der keine intensivere Nutzung des Mietobjekts verbunden und die der Vermieter deshalb auch in Kauf zu nehmen hat. In der schon zitierten Entscheidung EvBl.1966/422 = MietSlg.18.177 beurteilte der Oberste Gerichtshof selbst die Erweiterung des Handels mit Stoffen und Seide um den Vertrieb von Trachten und Sportbekleidung als solche unwesentliche, trotz der vertraglichen Einschränkung des Bestandzweckes auf den Handel mit Stoffen und Seide vom Vermieter hinzunehmende Veränderung, weil der Mieter mit diesem erweiterten Warenangebot im gleichen Geschäftszweig (Textilhandel) verblieben sei. In der - gewiß geringfügigeren - Modifikation des Warenangebots durch die Pächterin kann demnach im Sinne der soeben dargelegten Grundsätze kein Vertragsverstoß erblickt werden, sodaß diese Veränderung des Warensortiments die klagende Partei zu dem hier allein zu beurteilenden Unterlassungsbegehren nicht berechtigt.
Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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