OGH 5Ob128/91

OGH5Ob128/9117.12.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Rudolf S*****, Chemischputzer, ***** S*****, vertreten durch Dr.Ernst Zöhrer und Dr.Stefan Zöhrer, Rechtsanwälte in Wien, betreffend die Einverleibung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes in der EZ ***** KG Z*****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten vom 4.September 1991, GZ R 544/91-7, TZ 7536/91, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Pölten vom 15.Juli 1991, TZ 4823/91-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller war mit Theresia Maria S***** verheiratet; diese Ehe wurde mit Beschluß des BG Innere Stadt Wien am 30.4.1991 gemäß § 55a EheG rechtskräftig geschieden.

Im Zuge des Scheidungsverfahrens haben "die Ehegatten" am 30.4.1991 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, in dem "die Ehefrau dem Ehemann" das lebenslange unentgeltliche Wohnrecht an der Liegenschaft EZ ***** KG Z***** mit dem Gartengrundstück 193/3 einräumte. Außerdem verpflichtete sich "die Ehefrau", die Liegenschaft "zu Lebzeiten des Ehemannes" weder zu belasten noch zu veräußern, und gab entsprechende Aufsandungserklärungen ab.

Unter Vorlage des Scheidungsbeschlusses und einer Ausfertigung des Vergleiches vom 30.4.1991 (beide sind mit der Besstätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit versehen) begehrte der Antragsteller am 12.7.1991 beim Erstgericht die grundbücherliche Einverleibung des Wohnrechts sowie des Veräußerungs- und Belastungsverbotes. Das Erstgericht gab zwar dem Antrag auf Einverleibung des Wohnrechts statt, lehnte jedoch die Verbücherung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes ab, weil die davon betroffenen Verragsparteien bei Überreichung des Grundbuchsgesuches bereits geschieden waren und nicht mehr dem Personenkreis des § 364c ABGB angehörten.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit dem Beisatz, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Mit dinglicher Wirkung könne ein Veräußerungs- und Belastungsverbot nur begründet werden, wenn das in § 364c ABGB vorausgesetzte Verwandtschaftsverhältnis sowohl im Zeitpunkt der Vereinbarung als auch im Zeitpunkt des Eintragungsgesuches gegeben sei. Wenn daher das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Liegenschaftseigentümer und Verbotsberechtigtem zum Zeitpunkt der begehrten Eintragung nicht mehr besteht, fehle es an einer für die Verbücherung wesentlichen Voraussetzung, weil gemäß § 93 GBG für die Beurteilung des Ansuchens der Zeitpunkt des Einlangens beim Grundbuchsgericht maßgeblich ist.

Ansonsten bestünden keine Eintragungshindernisse. Für den Nachweis des Angehörigkeitsverhältnisses bei Begründung eines dinglichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes werde zwar grundsätzlich die Vorlage von Standesurkunden verlangt; die hier vorgelegten Urkunden ließen jedoch auch so mit ausreichender Deutlichkeit erkennen, daß die Ehe der Vertragsparteien erst nach Abschluß der iSd § 55a Abs 2 EheG geschlossenen Vereinbarung geschieden wurde.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, daß zur Frage, ob das von § 364c ABGB geforderte Angehörigenverhältnis auch noch im Zeitpunkt der Einbringung des Verbücherungsantrages vorhanden sein müsse, keine höchstgerichtliche Judikatur auffindbar sei.

Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, sie im Sinne einer Bewilligung der Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes abzuändern. Er vertritt den Standpunkt, daß das für die Verdinglichung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes erforderliche besondere Naheverhältnis zwischen Liegenschaftseigentümer und Verbotsberechtigtem gemäß § 364c ABGB nur im Zeitpunkt der vertraglichen Begründung des Rechtes bzw Verbotes vorhanden sein müsse und sich der Anspruch auf Verbücherung bereits aus dem rechtmäßig abgeschlossenen Vertrag ergebe. Ansonsten wäre selbst bei offenkundiger Schutzbedürftigkeit des Verbotsberechtigten die Einverleibung eines in einem Scheidungsvergleich vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbotes de facto ausgeschlossen.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; es ist jedoch nicht berechtigt.

§ 364c zweiter Satz ABGB macht die dingliche Wirkung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes davon abhängig, daß es zwischen den dort angeführten nahen Angehörigen (darunter Ehegatten) begründet und im Grundbuch eingetragen wird. Da das Grundbuchsgericht die Berechtigung eines Eintragungsgesuches nach der Sach- und Rechtslage zu beurteilen hat, die bei Einlangen des Ansuchens besteht (§ 93 GBG), muß also das besondere Naheverhältnis zwischen Liegenschaftseigentümer und Verbotsberechtigtem in diesem Zeitpunkt aufrecht sein (vgl ZBl 1932/114). Zu diesem Schluß führt auch eine teleologische Interpretation des § 364c ABGB. Diese Ausnahme von der prinzipiellen Verfügungsfreiheit des Liegenschaftseigentümers wurde geschaffen, um die Erhaltung des Familienbesitzes zu ermöglichen (vgl Hofmeister, Veräußerungs- und Belastungsverbote. Aktuelle Rechtsprechung und Entwicklungstendenzen, Vortragsbericht, ÖJZ 1986, 752 ff; NZ 1970, 172), was gerade nicht der Zweckbestimmung eines zwischen Ehegatten vereinbarten Veräußerungs- und Belastungsverbotes anläßlich der Ehescheidung entspricht. Die Lehre, die schon unterschiedliche Standpunkte zur Frage vertritt, ob ein zwischen Ehegatten wirksam vereinbartes und bücherlich eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot durch die Scheidung der Ehe seine Rechtswirkung verliert (siehe dazu die Meinungen von Gschnitzer, JBl 1958, 121, und Hofmeister aaO zu SZ 30/71), ist sich dann auch gewiß, daß mit Aufhebung des Naheverhältnisses auch die Aufhebung der Bindung geboten ist (Gschnitzer aaO). Diese Rechtslage hatte das Grundbuchsgericht zu beachten. Es lehnte daher zu Recht die Eintragung des nicht mehr zwischen Ehegatten bestehenden Veräußerungs- und Belastungsverbotes ab.

Ebenfalls zu folgen wäre der Meinung des Rekursgerichtes, daß der Antragsteller den Bestand der Ehe bei Abschluß des Scheidungsvergleichs ausreichend belegt hätte. Abgesehen davon, daß die Gesetzeslage dafür spricht (§ 55a Abs 2 EheG), läßt die oben wiedergegebene Wortwahl des gerichtlich protokollierten Vergleichs erkennen, daß die Ehe der Vertragsparteien bei der vermögensrechtlichen Regelung noch aufrecht war. Der Nachweis des Angehörigkeitsverhältnisses iSd § 364c ABGB hat zwar grundsätzlich, aber nicht ausnahmslos durch Standesurkunden zu erfolgen. Ein Gerichtsprotokoll, das diese Angaben enthält, erscheint unbedenklich und ausreichend.

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