Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wilhelm R***** auf Grund des einstimmigen Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Jahren verurteilt.
Darnach hat er am 16.März 1991 in Salzburg Franz K***** durch Erwürgen vorsätzlich getötet.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Z 6 und 8 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Als Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) rügt der Beschwerdeführer, daß - entgegen seinem Antrag in der Hauptverhandlung (S 56/II) - den Geschworenen nicht auch eine Eventualfrage nach Totschlag (§ 76 StGB) gestellt worden sei; dies jedoch zu Unrecht.
Wie schon der Schwurgerichtshof in seinem abweisenden Zwischenerkenntnis (S 56/II) richtig erkannt hat, sind in der Hauptverhandlung Tatsachen, die darauf hinweisen könnten, der Angeklagte habe sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tötung des Franz K***** hinreißen lassen, nicht vorgebracht worden.
Gemäß § 314 Abs. 1 StPO sind entsprechende Schuldfragen (Eventualfragen) nur dann an die Geschworenen zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung (unter anderem) Tatsachen vorgebracht wurden, nach denen - wenn sie als erwiesen angenommen werden - die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele, das nicht strenger ist als das in der Anklageschrift angeführte. Fehlt es an einem solchen Tatsachenvorbringen, darf eine Eventualfrage nicht gestellt werden (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 16 a ff zu § 314).
Vorliegend hat der Angeklagte weder in seiner Verantwortung im Zuge der Hauptverhandlung noch in seinen (in der Hauptverhandlung verlesenen) Angaben im Vorverfahren Tatsachen vorgebracht, die eine Tatbegehung in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung indizieren. Seine angeblich panikartige Befürchtung, wegen des dem Tatopfer versetzten heftigen Faustschlages auf die Unterlippe neuerlich gerichtlich wegen Körperverletzung verurteilt zu werden, war weder geeignet, eine heftige Gemütsbewegung zu begründen, noch wäre eine solche allgemein begreiflich gewesen. Für die Anwendbarkeit des § 76 StGB wird nämlich - was die Intensität des Affekts betrifft - ein tiefgreifender, mächtiger Erregungszustand nach Art eines Affektsturmes vorausgesetzt, der alle normalen verstandesmäßigen Erwägungen ausschaltet und die Tötungshemmungen "hinwegzufegen" geeignet ist (Kienapfel BT I3, Rz 17 zu § 76 StGB). Ein derartiger Erregungszustand läßt sich entgegen dem Beschwerdevorbringen auch aus den Angaben des Angeklagten unmittelbar nach der Tat nicht erschließen. Abgesehen davon kann eine Erregung dann nicht allgemein begreiflich sein, wenn ihre Ursache in der Furcht vor Bestrafung wegen einer vorangegangenen Gewalttat gegen das Opfer gelegen ist, das nach dieser Gewalttat - wie der Schwurgerichtshof mit Recht hervorhebt - den Angeklagten in keiner Weise mehr provoziert hat (siehe neuerlich Kienapfel aaO Rz 29 mwN; Mayerhofer-Rieder, StGB3, E 19 bis 19 b zu § 76). Schließlich sind weder eine vorangegangene homosexuelle Annäherung noch die Alkoholisierung des Angeklagten geeignet, die Erregung zu einer allgemein begreiflichen zu machen (vgl Mayerhofer-Rieder, StGB3, E 8, 8 a und 20 a zu § 76), wozu noch kommt, daß allein der systematische Einsatz verschiedener Tötungsvarianten gegen eine Affekthandlung spricht (Mayerhofer-Rieder, aaO, E 5).
Die Rechtsbelehrung hinwieder hat sich auf die den Geschworenen tatsächlich gestellten Fragen zu beziehen; eine Belehrung zu einer nicht gestellten Frage ist nicht zu erteilen. Da keine Eventualfrage nach Totschlag (§ 76 StGB) gestellt wurde, kann aus der Nichterörterung der Voraussetzungen dieses Delikts die von der Beschwerde relevierte Nichtigkeit nach § 345 Abs. 1 Z 8 StPO nicht abgeleitet werden (siehe § 321 Abs. 2 StPO;
Mayerhofer-Rieder StPO3 E 20 zu § 345 Z 8).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Aber auch der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Bei der Strafbemessung wertete das Geschworenengericht als erschwerend die drei einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten sowie seine äußerst brutale Vorgangsweise, insbesondere den mehrfachen Versuch der Tötung durch Verwendung eines Stromkabels, durch Würgen und das Zustechen mit einem Messer. Als mildernd nahm es hingegen das Tatsachengeständnis an, dem es allerdings relativ wenig Bedeutung beimaß, weil der Angeklagte auf Grund der vorhandenen Spuren überführt worden war, sowie die Erregung zur Tatzeit.
Die vom Angeklagten in seiner Berufung reklamierten (weiteren) Milderungsgründe liegen in Wahrheit nicht vor.
Der Annahme einer mildernden Wirkung der tataktuellen Berauschung des Angeklagten steht die Regelung des § 35 StGB entgegen, wonach ein derartiger, die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließender Rauschzustand nur insoweit mildernd ist, als die dadurch bedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit nicht durch den Vorwurf aufgewogen wird, den der Genuß oder Gebrauch des berauschenden Mittels den Umständen nach begründet. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Täter beim Genuß berauschender Mittel auf Grund konkreter Anhaltspunkte zumindest damit rechnen mußte, daß er im berauschten Zustand eine strafbare Handlung begehen könnte. Wilhelm R***** hat aber bereits im Zuge früherer Strafverfahren seine durch den Genuß alkoholischer Getränke erhöhte Bereitschaft zu deliktischem Verhalten erfahren (siehe S 13 in AZ U 111/84 des Bezirksgerichtes Thalgau S 13 in AZ 17 e Vr 3119/86 des Landesgerichtes Salzburg und S 15 in AZ U 50/87 des Bezirksgerichtes Thalgau).
Nach dem schon zur Nichtigkeitsbeschwerde Ausgeführten kann nicht davon gesprochen werden, daß sich der Angeklagte in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen (§ 34 Z 8 StGB). Seine - die hiefür erforderlichen Kriterien nicht aufweisende - Erregung zur Tatzeit hat das Erstgericht aber ohnedies in seine Strafzumessungserwägungen aufgenommen. Die Berufung unterläßt es im übrigen darzutun, aus welchen Gründen es dem Erstgericht verwehrt gewesen wäre, die mehrfachen Tötungsversuche und die spezifischen Modalitäten der Tat als erschwerend zu werten.
Im übrigen wären die vom Erstgericht angenommenen Milderungsgründe zum Nachteil des Angeklagten zu korrigieren, weil ein bloßes "Tatsachengeständnis" nicht strafmildernd wirkt und der Angeklagte nach der Aktenlage nicht wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (Leukauf-Steininger2, RN 25 und 26 zu § 34 StGB).
Unter Berücksichtigung aller Umstände war - ausgehend von den sonst vom Erstgericht zutreffend festgestellten Strafzumessungstatsachen - für eine Herabsetzung der über den Angeklagten verhängten, tatschuldangemessenen und persönlichkeitsadäquaten Freiheitsstrafe kein Raum, weswegen auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben mußte.
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