OGH 10ObS331/91

OGH10ObS331/9110.12.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst und Dr.Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Karlheinz Kux (Arbeitgeber) und Otto M.Schmitz (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franziska A*****, vertreten durch Franz Freymann, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, 1041 Wien, Prinz Eugen-Straße 20-22, dieser vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, diese vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. August 1991, GZ 34 Rs 84/91-80, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20.September 1989, GZ 1 Cgs 164/88-59, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist richtig (§ 48 ASGG). Es bestand für die Vorinstanzen nicht die Notwendigkeit zu Feststellungen darüber, ob die Klägerin gemäß § 255 Abs 2 ASVG während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag überwiegend in einem angelernten Beruf tätig war. Das Erstgericht hat - in der Berufung unbekämpft - den Inhalt der Tätigkeit der Klägerin als Chauffeurin festgestellt. Aus diesen Feststellungen ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß für die Tätigkeit der Klägerin jene Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich waren, die den Berufsschutz als Kraftfahrer begründen (vgl hiezu SSV-NF 2/66, 2/98, 4/80).

Es wurde darüber hinaus zwar auch festgestellt, daß die Klägerin als Zuschneiderin beschäftigt war. Das Berufungsgericht hat hiezu aber schon in seinem im ersten Rechtsgang ergangenen Aufhebungsbeschluß vom 30.8.1988 unter Hinweis auf den Pensionsakt ausgeführt, daß dies nur bis Dezember 1973 der Fall war und die - qualifiziert vertreten gewesene - Klägerin hat dagegen nichts vorgebracht. Es besteht und bestand deshalb kein Anlaß, an der Richtigkeit dieser Annahme des Berufungsgerichtes zu zweifeln. Geht man aber hievon aus, so hat die Klägerin die Tätigkeit als Zuschneiderin während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag nicht überwiegend ausgeübt, weshalb sie den Berufsschutz nach § 255 Abs 1 ASVG auch dann nicht begründen würde, wenn sie als Tätigkeit in einem angelernten Beruf im Sinn des nachfolgenden Abs 2 anzusehen wäre. Es bedurfte daher Feststellungen hiezu nicht. Die Verhältnisse, die der in der Revision bezogenen Entscheidung SSV-NF 4/119 zugrundelagen, sind hier somit nicht gegeben. Im übrigen hat die Klägerin auch in ihren Rechtsmitteln nie konkret jene Kenntnisse und Fähigkeiten angeführt, aus denen auf die Möglichkeit geschlossen werden müßte, daß sie in einem angelernten Beruf tätig gewesen sein könnte.

Ist aber die Frage der Invalidität der Klägerin nach § 255 Abs 3 ASVG zu beurteilen, so ist nach ständiger Rechtsprechung das Verweisungsfeld mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt ident (SSV-NF 2/34, 2/50 uva). Der in der Revision vertretenen Ansicht, die Klägerin dürfe auf die Berufstätigkeit, auf die sie von den Vorinstanzen verwiesen wurde, nicht verwiesen werden, kann daher nicht gefolgt werden.

Die Vorinstanzen haben ferner die Frage der Beweislast für die Dauer der zu erwartenden Krankenstände in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gelöst (vgl SSV-NF 4/40). Die Revisionausführungen bieten keinen Anlaß, hievon abzugehen, zumal § 273 ZPO, auf den darin Bezug genommen wird, in dem hier erörterten Zusammenhang nicht angewendet werden kann.

Schließlich überzeugt auch die in der Revision vertretene Auffassung nicht, es sei im Hinblick auf den notwendigen Haltungswechsel denkunmöglich, daß die Klägerin den Verweisungsberuf ausüben könne. Die Klägerin mißversteht die Bedeutung der Feststellung, daß die Haltungen so aufzuteilen sind, daß das Sitzen einerseits und das Gehen und Stehen andererseits jeweils die halbe Arbeitszeit nicht übersteigt. Dies bedeutet nur, daß die einzelnen Haltungen jeweils in der Summe gleich lang eingenommen werden müssen. Es ist nicht zu erkennen, warum dies denkunmöglich sein soll, wenn der Arbeitstag länger als acht Stunden dauert. Die Klägerin muß die Haltungen mindestens alle zwei Stunden wechseln. Da ihr somit auch ein Haltungswechsel in geringeren Zeitabständen möglich ist, kann sie die einzelnen Haltungen in jedem beliebigen Zeitraum gleichmäßig aufteilen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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