OGH 10ObS260/91

OGH10ObS260/9110.12.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Karlheinz Kux (AG) und Otto M. Schmitz (AN) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H***** G*****, vertreten durch Dr. Gerhard Millauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER ANGESTELLTEN, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch Dr. Alfred Kasamas, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Juni 1991, GZ 31 Rs 79/91-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 30. November 1990, GZ 12 Cgs 131/90-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden teilweise bestätigt, so daß sie als Teilurteil zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei für die Zeit vom 1. Jänner 1990 bis 30. Juni 1990 eine Ausgleichszulage zur Berufsunfähigkeitspension von monatlich S 2.452,40 zu zahlen. Das Begehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei für die Zeit vom 1. Jänner 1990 bis 30. Juni 1990 eine Ausgleichszulage in einer den Betrag von monatlich S 2.452,40 übersteigenden Höhe zu zahlen, wird abgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleiben diesbezüglich der Endentscheidung vorbehalten."

Hinsichtlich des Begehrens der klagenden Partei auf Gewährung der Ausgleichszulage für die Zeit ab 1. Juli 1990 werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Sache wird in diesem Umfang zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hinsichtlich des von der Aufhebung betroffenen Verfahrensteiles bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Kaufvertrag vom 25. Oktober 1988 erwarb der Kläger eine Eigentumswohnung. Den Kaufpreis finanzierte er mit einem Bauspardarlehen. Dieses Darlehen war für das Jahr 1989 mit Schuldzinsen im Betrag von S 41.479,45 belastet. Aus einem Guthaben in der Höhe von S 191.400,-- bei derselben Bausparkassa reiften im selben Zeitraum Zinsen im Betrag von S 7.898,55 ab. Das gesamte Guthaben dieses letztgenannten Kontos wurde per 30. Juni 1990 abgebucht und auf das Darlehenskonto übertragen.

Der Kläger bezieht von der beklagten Partei eine Pension im Betrag von S 2.323,40 (1990). Mit Bescheid der beklagten Partei vom 12. März 1990 wurde die Ausgleichszulage des Klägers ab 1. Jänner 1990 mit einem Betrag von S 2.452,40 neu festgestellt, wobei die beklagte Partei einen Betrag in der Höhe eines Zwölftels der Zinsen aus dem Bausparguthaben als Einkommen des Klägers in Anschlag brachte.

Der Kläger begehrt, die beklagte Partei zu verpflichten, ihm die Ausgleichszulage in der vollen Höhe der Differenz zwischen seiner Pension und dem Richtsatz zu gewähren. Die Bausparkasse habe ihm für den Wohnungskauf 1988/89 einen mit 8 % p a verzinsten Zwischenkredit in der Höhe des Kaufpreises unter der Bedingung gewährt, daß ein angesparter Betrag in der Höhe von S 191.400,-- (30 % des Kaufpreises) bei einer Verzinsung von 4,5 % bis Mitte 1990 auf einem Guthabenskonto gesperrt verbleibe. Die beklagte Partei habe bei Neufeststellung der Ausgleichszulage nur die Zinsen aus diesem Guthaben, nicht aber die viel höheren Darlehenszinsen berücksichtigt.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Ein Ausgleich der Guthabenszinsen mit den Darlehenszinsen habe nicht zu erfolgen. Die von der Judikatur zur Durchführung des Verlustausgleiches entwickelten Grundsätze seien nicht anwendbar. Die Darlehenszinsen müßten unberücksichtigt bleiben, während die Guthabenszinsen in voller Höhe als Einkommen anzusehen seien.

Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers, soweit es sich auf eine höhere als die ab 1. Jänner 1990 bescheidmäßig gewährte Ausgleichszulage richtete, ab. Im Sozialversicherungsrecht könnten nicht einfach die Regeln der Einkommensteuergesetze angewendet werden. Zinsen und Rückzahlungen eines Darlehens, das zur Schaffung oder zur Erhaltung einer Einnahmequelle aufgenommen worden sei, seien bei der Feststellung des Nettoeinkommens zu berücksichtigen. Hiebei sei weiters ein Ausgleich mit Verlusten auch zwischen verschiedenen Einkommensarten durchzuführen. Der Kauf einer Eigentumswohnung sei jedoch keine Schaffung einer Einkunftsquelle; der Kläger wolle das Objekt als Privatwohnung verwenden; weshalb die dafür aufgewendeten Darlehenszinsen und Rückzahlungen nicht mit anderen Einkünften aufgerechnet werden könnten. Wie und wofür ein Pensionist Einkünfte, hier die Guthabenszinsen, verwende, sei für die Anrechnung bei Feststellung seines Anspruches auf Ausgleichszulage bedeutungslos.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, wobei es im wesentlichen der Begründung des Erstgerichtes beitrat. Da die vom Kläger erworbene Eigentumswohnung nur der privaten Nutzung des Klägers diene, könnten Zinsen, die er für den zur Finanzierung der Wohnung aufgenommenen Kredit zu bezahlen habe, nicht als Passivpost berücksichtigt werden. Der Umstand, daß zwischen den vom Kläger lukrierten und den von ihm für das Darlehen aufzuwendenden Zinsen ein gewisser sachlicher Zusammenhang bestehe, könne nichts daran ändern, daß das Darlehen lediglich dem privaten Konsum und nicht der Schaffung einer Einkommensquelle diene.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Daß der Kläger nach Übersiedlung in die neue angeschaffte Eigentumswohnung die von ihm derzeit bewohnte Wohnung zu vermieten beabsichtige und hieraus ein Einkommen beziehen werde, wurde im Verfahren vor dem Erstgericht nicht vorgebracht. Auf die in diesem Zusammenhang erstatteten Revisionsausführungen ist nicht einzugehen, weil es sich dabei um unzulässige Neuerungen handelt.

Der Oberste Gerichtshof hat in mehreren Entscheidungen (SSV-NF 1/21, 3/129 ua) ausgesprochen, daß dann, wenn eine Person über mehrere Einkunftsarten verfügt, Gewinne aus einer Einkunftsquelle mit Verlusten aus anderen Einkunftsquellen auszugleichen sind. Im vorliegenden Fall diente jedoch die Kreditaufnahme der Anschaffung einer Eigentumswohnung, die der Kläger zu bewohnen beabsichtigt und damit nicht der Schaffung einer Einkommensquelle. Zutreffend haben die Vorinstanzen daher die Anwendung dieser von der Judikatur entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall abgelehnt. Dient eine Kreditaufnahme nicht der Schaffung einer Einkommensquelle, sondern privaten Zwecken, ist ein Verlustausgleich mit anderen Einkünften grundsätzlich nicht vorzunehmen. Auch aus dem Hinweis darauf, daß zufolge der Sperre des Kontos keine Möglichkeit bestanden habe über die Zinsen zu verfügen, ist für den Standpunkt der Revision nichts gewonnen. Wohl hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß wegen der durch die Verpflichtung zur Bildung der Mietzinsreserve bestehenden faktischen Verfügungsbeschränkung des Vermieters über den Mietzins nur jene (früheren) Mietzinsreserven als Einkünfte im Sinne des Ausgleichszulagenrechtes zu werten sind, die nicht mehr zur Deckung von Kosten der Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten zu verwenden sind (SSV-NF 1/62; idS auch SSV-NF 5/69-im Druck). Dieser Fall liegt jedoch anders, weil es sich bei den Vorschriften über die Mietzinsreserve um gesetzliche Bestimmungen handelt, die eine praktische Verfügungsbeschränkung bezüglich dieser Einkünfte bewirken. Hier hat jedoch der Kläger indem er eine Anlageform wählte, bei der die Zinserträge seinem Zugriff entzogen waren, sich durch freien Entschluß der Verfügung über diese Einkünfte begeben. Die für eine gesetzliche Verfügungsbeschränkung geltenden Grundsätze können auf diesen Fall nicht übertragen werden.

Für die Zeit vom 1. Jänner 1990 bis 30. Juni 1990 ist davon auszugehen, daß der Kläger Zinseinkünfte in der festgestellten Höhe bezogen hat. Für diese Zeit besteht daher kein Anspruch auf Ausgleichszulage in einer die bescheidmäßig zuerkannte Leistung übersteigenden Höhe. In Verdeutlichung des Spruches des Ersturteiles war dem Kläger die Ausgleichszulage für diesen Zeitraum in dieser Höhe zuzuerkennen, während das Mehrbegehren abzuweisen war.

Festgestellt wurde, daß das bis dahin auf dem Sparkonto erliegende Guthaben am 30. Juni 1990, und damit noch vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz, abgebucht und auf das Darlehenskonto überwiesen wurde. Es fehlen jedoch Feststellungen zur Frage, ob und allenfalls in welcher Höhe der Kläger seither Einkünfte aus diesem Kapitalvermögen bezieht. Damit liegen die für die Entscheidung über den Ausgleichszulagenanspruch ab 1. Juli 1990 erforderlichen Grundlagen nicht vor. In diesem Punkt erweist sich das Verfahren ergänzungsbedürftig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 2 ASGG iVm § 392, 52 ZPO.

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