OGH 8Ob599/90

OGH8Ob599/9028.11.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Todeserklärungssache betreffend Ernst P*****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin Barbara P*****, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Dr. Elisabeth Simma und Dr. Helwig Keber, Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 16. März 1990, GZ 5 R 3/90-11, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 30. November 1989, GZ 24 T 200/89-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der österreichische Staatsbürger Ernst P***** wurde *****1938 in Wien geboren. *****1965 schloß er vor dem Standesamt Wien-Favoriten die Ehe mit Beatrix Herta P*****. Dieser Ehe entstammen die *****1965 geborene Antragstellerin Barbara P***** und der *****1968 geborene Ernst P*****. Ende Mai 1968 verließ Ernst P***** sen. seine Familie und ließ seither weder gegenüber seiner Gattin noch seinen Kindern etwas von sich hören. Sein letzter bekannter Aufenthalt war in Salzburg, *****; dort wohnte er bis 3.3.1970 in Untermiete und meldete sich an diesem Tag bei der Bundespolizeidirektion Salzburg nach Wien ab. Hier hat er sich jedoch nicht angemeldet. Der Nachlaß nach seinem *****1984 verstorbenen Vater Wilhelm K***** wurde Ernst P***** und seiner Schwester je zur Hälfte eingeantwortet. Im Abhandlungsverfahren konnte Ernst P***** trotz intensiver Suche durch einen Kurator nicht ausfindig gemacht werden. Zur Verwaltung seines Vermögens wurde ein Abwesenheitskurator bestellt. Kurze Zeit nach dem Abhandlungsverfahren beantragte die Antragstellerin erstmals die Todeserklärung ihres Vaters. Im Verfahren blieben alle Nachforschungen und Anfragen nach dem Verbleib und der Existenz des Ernst P***** erfolglos. Auch im Abwesenheitspflegschaftsverfahren waren Erhebungen in Form von Suchanzeigen in auflagestarken Tageszeitungen in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland sowie im Sonderprogramm "Internationale Personensuche" im BTX ergebnislos.

Das Erstgericht wies den erneuten Antrag der Barbara P***** auf Einleitung des Todeserklärungsverfahrens betreffend ihren Vater Ernst P***** mit der Begründung ab, es lägen nach wie vor keine Umstände vor, die am Fortleben des Ernst P***** erhebliche Zweifel begründen könnten, sodaß mangels einer größeren Wahrscheinlichkeit für den Tod des Vermißten von einer die Todeserklärung berechtigenden Verschollenheit nicht gesprochen werden könne.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil es "nach der Entscheidung EvBl. 1961/313" für die Einleitung des Todeserklärungsverfahrens darauf ankomme, ob Leben und (wohl: oder) Tod des Vermißten für einen denkenden Menschen gleichmäßig ungewiß sind, sodaß eine wörtliche Auslegung dieses Rechtssatzes im vorliegenden Fall auch zur gegenteiligen Entscheidung führen könnte.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Verschollen im Sinn des § 1 Abs.1 TEG 1950 ist, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne daß Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hiedurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden. Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, wird für die Einleitung eines Todeserklärungsverfahrens somit nicht nur der Ablauf der für die Todeserklärung aufgrund allgemeiner Verschollenheit gemäß § 3 TEG vorgesehenen Fristen (von 10 Jahren ab dem letzten Lebenszeichen oder unter entsprechenden Umständen noch kürzere Zeiträume), sondern auch nach den Umständen des Falles überdies das Vorliegen ausreichender Gründe für die Annahme ernstlicher Zweifel an seinem Fortleben (also eine hohe Wahrscheinlichkeit für sein Ableben) verlangt. Das Gericht zweiter Instanz hat mit zureichenden Gründen das Vorliegen von Hinweisen auf einen Umstand oder eine Situation, die für ein Ableben des Vermißten eine hohe Wahrscheinlichkeit annehmen ließen, verneint und daraus zutreffend den Schluß gezogen, es sei sein Auswandern nach Übersee oder ein "Wechsel der Identität" genau so wahrscheinlich wie sein Tod. Ein ernstlicher Zweifel am Fortleben des Vermißten wurde deshalb zutreffend verneint. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin bleibt demnach erfolglos.

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