OGH 3Ob579/91

OGH3Ob579/9127.11.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Tanja V*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Mutter Manuela K*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. August 1991, GZ 44 R 479/91-34, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 18. April 1991, GZ 16 P 23/90-25, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Erstgerichtes werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neue Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der mj. Kinder Tanja und Angelika V***** wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 14. Februar 1990 geschieden. Im Scheidungsvergleich vom gleichen Tag verpflichtete sich der Vater bei einem Einkommen von S 12.000,-- netto monatlich, 14 x jährlich, zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages von S 2.300,-- monatlich für die am 2. Juni 1980 geborene Tanja und von S 2.100,-- monatlich für die am 23. Jänner 1985 geborene Angelika.

Am 9. Oktober 1990 begehrte die Mutter eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen des Vaters für die mj. Tanja auf S 2.700,-- ab 1. Oktober 1990. Tanja habe nunmehr das 10. Lebensjahr vollendet; außerdem besuche sie jetzt die 1. Klasse des Bundesrealgymnasiums in Wien 21 (ergänzendes Vorbringen ON 18), sodaß ihre Bedürfnisse gestiegen seien.

Das Erstgericht gab dem Antrag unter Hinweis auf den für die Altersgruppe des Kindes (10 bis 15 Jahre) durchschnittlichen Bedarf statt. Es stellte überdies fest, daß das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters der letzten 6 Monate S 14.935,25, der letzten 3 Monate S 12.217,47 betrage und daß er nur für die beiden ehelichen Kinder zu sorgen haben.

Die zweite Instanz wies den Antrag ab. Die geringe Erhöhung der Unterhaltsbemessungsgrundlage des Vaters stelle keine wesentliche Änderung der Einkommensverhältnisse dar. Der Wechsel des Kindes in der Altersgruppe bilde für sich allein keine wesentliche Änderung der Verhältnisse.

Im außerordentlichen Revisionsrekurs macht die Mutter geltend, es liege nicht nur ein Alterssprung, sondern auch ein Schulwechsel, und zwar ein Wechsel von der Volksschule zum Bundesrealgymnasium, vor. Das Kind bekomme zwar die Schulbücher gratis, für alle weiteren schulnotwendigen Dinge aber - Hefte, Umschläge, Zirkel - müsse die Mutter aufkommen.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes zulässig und auch berechtigt.

Zwar stellt der Wechsel der Altersgruppe für sich allein nach der ständigen Rechtsprechung der zweiten Instanzen (EFSlg. 59.484; Art. XLI Z 9 der WGN 1989) noch keine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar, sodaß aus diesem Grund von einer iS des § 14 Abs 1 AußStrG erheblichen Rechtsfrage nicht gesprochen werden könnte. Es wurde aber bereits entschieden

(6 Ob 700/89 = EFSlg. 59.485), daß der Volksschuleintritt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse wegen der damit verbundenen Bedürfnissteigerung auf Seiten des Kindes bedeutet. Eine derartige Rechtsprechung fehlt noch für einen Schulwechsel wie jenen der mj. Tanja ohne wesentliche Einkommensänderung des Vaters.

Feststellungen darüber, ob mit diesem Schulwechsel konkrete weitere Aufwendungen verbunden sind, wurden bisher nicht getroffen, und die Mutter hat hiezu abgesehen von der allgemein gehaltenen Behauptung einer Steigerung der Bedürfnisse des Kindes nur einige Beispiele im Revisionsrekurs angeführt, ohne allerdings zu sagen, ob dem Kind Dinge wie Hefte und Umschläge in der Volksschule unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden oder ob der Aufwand hiefür aus einem anderen Grund (Zahl, Art) gestiegen ist, und ob und welcher Art weitere Umstände als die von ihr genannten einen - wesentlich - erhöhten Aufwand bedingen. Denn nur eine erhebliche Änderung der Unterhaltsbedürfnisse des Kindes rechtfertigt eine Änderung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters, nicht auch ein nur unbedeutender Mehraufwand. Diese Fragen sind also wesentlich und den Eltern muß Gelegenheit gegeben werden, dazu (konkreter) Stellung zu nehmen.

Es war deshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

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