OGH 13Os81/91

OGH13Os81/9120.11.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.November 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Aigner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Eduard J***** wegen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 5. Juni 1991, GZ 20 f Vr 797/91-50, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, und der Verteidigerin Dr. Scheed, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 2.Jänner 1989, AZ 4 U 809/90, auf 19 (neunzehn) Jahre, 10 (zehn) Monate und

25 (fünfundzwanzig) Tage

herabgesetzt.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Eduard J***** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB (A) und des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 StGB (B) schuldig erkannt.

Darnach hat er in der Nacht vom 24. zum 25.Dezember 1988 in Wien

A. den Edgar W***** durch Versetzen mehrerer Messerstiche, insbesondere eines heftigen Herzstiches, vorsätzlich getötet;

B. fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert aus dem Nachlaß des Edgar W***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Mit der auf die Nichtigkeitsgründe der Z 8 und 10 a des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte den Schuldspruch wegen Mordes.

Die Rechtsbelehrung über den Schuldausschließungsgrund des Rechtsirrtums nach dem § 9 StGB und über die Möglichkeit einer Tatbegehung durch Unterlassung im Sinne des § 2 StGB war zwar mangels entsprechender Fragestellung überflüssig, doch ist nicht zu ersehen und es wird auch in der Beschwerde nicht dargetan, inwiefern diese Ausführungen den durch die Fragen gesteckten Rahmen in irreführender Weise dermaßen überschritten hätten, daß die Rechtsbelehrung deshalb insgesamt als unrichtig (Z 8) angesehen werden müßte. Gleiches gilt für die Erwähnung von Knochenbrüchen und Berufsunfähigkeit, mögen auch diese als Verletzungsfolgen im Rahmen der auf absichtliche schwere Körperverletzung nach dem § 87 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB gerichteten Eventualfrage IV nicht aktuell gewesen sein.

Entgegen der Auffassung des Angeklagten ist auch die Belehrung zu den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen in Ansehung der erwähnten Eventualfrage keineswegs unrichtig oder auch nur undeutlich. Darin wird nämlich unmißverständlich zwischen dem ein absichtliches (§ 5 Abs. 2 StGB) Handeln erfordernden Grundtatbestand des § 87 Abs. 1 StGB und der den zweiten Qualifikationsfall des § 87 Abs. 2 StGB begründenden Tatfolge des Todes des Geschädigten, für die Fahrlässigkeit (§ 7 Abs. 2 StGB) genügt, unterschieden (S 11 und 13 der Rechsbelehrung). Die erörterten Schuldformen der bewußten und der unbewußten Fahrlässigkeit (§ 6 Abs. 1 und Abs. 2 StGB) beziehen sich eindeutig nur auf diese Tatfolge (S 14 bis 17 der Rechtsbelehrung). Von einer zur Irreführung der Geschworenen geeigneten Vermengung der subjektiven Tatbestandselemente kann daher keine Rede sein.

Soweit der Beschwerdeführer aus diesem Nichtigkeitsgrund (Z 8) schließlich das Fehlen von Ausführungen zu den allgemeinen Strafzumessungsgründen beanstandet, verkennt er den gesetzlich vorgeschriebenen Umfang der Rechtsbelehrung (§ 321 Abs. 2 StPO; vgl. Mayerhofer-Rieder StPO3 E 71 ff zu § 345 Abs. 1 Z 8).

Dem Beschwerdevorbringen zur Tatsachenrüge (Z 10 a) zuwider ergeben sich aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch zu der auf Mord gerichteten Hauptfrage A festgestellten entscheidungswesentlichen Tatsachen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Geschworenengericht als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie die Vorstrafen wegen Diebstahls und wegen Körperverletzung; als mildernd hingegen das wesentlich zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis des Angeklagten und die Zustandebringung eines Teiles der Diebsbeute. Nach den §§ 28 Abs. 1, 75 StGB erkannte es auf eine Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren.

Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten mit dem Begehren, das Strafausmaß schuldangemessen herabzusetzen.

Das Geschworenengericht hat die Strafbemessungsgründe richtig und vollständig aufgezählt. Demgegenüber vermag der Berufungswerber keine zusätzlichen Milderungsgründe darzutun. Insbesondere kann keine Rede davon sein, daß die tatauslösende Gemütserregung des Angeklagten durch ein vorangegangenes Verhalten des Tatopfers in einer Weise provoziert worden wäre, die die Tat in einem milderen Lichte erscheinen ließe. Mag auch Edgar W***** einen homosexuellen Annäherungsversuch unternommen haben, so war doch dieser nach der Darstellung des Angeklagten selbst (S 44 ff/II) weder besonders intensiv oder beharrlich, noch von irgendwelchen Tätlichkeiten begleitet und wäre daher unter Berücksichtigung der körperlichen Überlegenheit des wesentlich jüngeren Angeklagten (vgl. S 45/II) wohl auch ohne jede Gewaltanwendung leicht abzuwehren gewesen. Die Weigerung des W*****, die Wohnungstüre aufzusperren, vermag zwar den zunächst unternommenen tätlichen Angriff (Schlag mit einer Flasche auf den Kopf) noch einigermaßen begreiflich erscheinen lassen, für die nachfolgende tödliche Messerattacke auf den schon Angeschlagenen (S 45/II) bestand aber überhaupt kein Anlaß mehr. Die eigentliche Tat ist daher - wie der Angeklagte selbst einräumt (S 45, 46/II) - allein auf aggressiven Jähzorn, also auf eine wohl durch chronischen Alkoholmißbrauch geförderte negative Charakterbeschaffenheit zurückzuführen. Das den Grad einer bloßen Belästigung nicht überschreitende Benehmen des Tatopfers ist demnach keineswegs geeignet, eine mildere Beurteilung des Mordes zu begründen. Ebensowenig kann die Alkoholisierung des Angeklagten zu dessen Vorteil ausschlagen, weil die dadurch bedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit durch den Vorwurf zumindest aufgewogen wird, den der ständige und exzessive (S 41/II) Genuß berauschender Mittel den Umständen nach begründet (§ 35 StGB). Dem Geständnis des Angeklagten, das allerdings durch die Bestreitung des Tötungsvorsatzes erheblich entwertet ist, hat das Geschworenengericht durch die Verhängung einer zeitlichen Freiheitsstrafe ausreichend Rechnung getragen, zumal in Ansehung des Blutverbrechens sonst keine Milderungsgründe ersichtlich sind. An sich entspricht daher auch nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof das verhängte Strafausmaß von 20 Jahren der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) des Angeklagten.

Da aber die hier aktuellen Straftaten nach der Zeit ihrer Begehung (24./25.Dezember 1988) schon gemeinsam mit jenen Vergehen hätten abgeurteilt werden können, die der - erst durch Einholung einer neuen Strafregisterauskunft aktenkundig gewordenen - Strafverfügung des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 2. Jänner 1989, AZ 4 U 809/90, zugrunde liegen und da bei solch gemeinsamer Aburteilung die Verhängung einer höheren zeitlichen Freiheitsstrafe ausgeschlossen gewesen wäre, war unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf die in dieser Strafverfügung ausgesprochene Strafsanktion (Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen) die nunmehr über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe in Stattgebung seiner Berufung entsprechend zu reduzieren.

Der Kostenausspruch beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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