OGH 9ObA223/91

OGH9ObA223/9120.11.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Gamerith und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Müller und Mag. Wilhelm Patzold in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** B*****, Friseurin, ***** vertreten durch ***** Sekretär der Kammer für Arbeiter und Angestellte *****, dieser vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei K***** S*****, Friseurmeister, ***** vertreten durch ***** Handelskammer, ***** im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen 59.094,50 s sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11.Juli 1991, GZ 13 Ra 44/91-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Februar 1991, GZ 12 Cga 221/90-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, verwirkt ein Arbeitnehmer, der Zahlungsrückstände durch längere Zeit hingenommen hat, dadurch sein grundsätzliches Austrittsrecht nicht. Er kann aber diesen Umstand ganz allgemein nicht zum Anlaß eines plötzlichen vorzeitigen Austrittes nehmen, d.h. ohne vorherige Ankündigung und daher für den Arbeitgeber nicht erkennbar eine weitere Zusammenarbeit ablehnen. Vielmehr muß der Arbeitnehmer in einem solchen Fall den Arbeitgeber vorher unter Setzung einer wenn auch kurzen Nachfrist zur Zahlung des Rückstandes auffordern und kann erst nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist mit Grund vorzeitig austreten (Arb 10.535 ua). Liegt die Entgeltdifferenz zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages nicht offen, dann hat eine im Zusammenhang mit der Nachfristsetzung erfolgte Mahnung den Entgeltteil, dessen Zahlung eingefordert wird, wenn schon nicht ziffernmäßig, so doch seiner Art nach so zu bezeichnen, daß dem Arbeitgeber eine Überprüfung der Forderung möglich ist.

Diesen Voraussetzungen hat das Schreiben der Klägerin vom 24.10.1990 nicht entsprochen. Die Klägerin hat darin die Forderung eines "Geldbetrages, der für geleistete Arbeitsstunden noch offen ist", begehrt. Die in dieser Form erhobene Forderung war für den Beklagten nicht zuordenbar, zumal er (wenn auch objektiv gesehen nicht zu Recht) immer davon ausging, daß für den Entfall der Arbeitspause am Samstag dadurch ein Äquivalent geschaffen war, daß er den Arbeitnehmern gestattete, je nach Arbeitsanfall während der Arbeitszeit einkaufen zu gehen, eigene Frisuren zu machen, Kaffee zu trinken etc. Die Klägerin hat gegen diese Praxis nie Einwendungen erhoben. Die Tatsache, daß während der Nachfrist die gerinfügige Entgeltdifferenz, die weder der rechtlichen Zuordnung der Forderung nach noch der Höhe nach im Mahnschreiben konkretisiert war, nicht gezahlt wurde, rechtfertigt den vorzeitigen Austritt nicht.

Da der Beklagte in der Tasche der Klägerin Nachschau hielt, wurde als Austrittsgrund nicht geltend gemacht; die allgemeine Behauptung, der Beklagte habe seine Fürsorgepflicht verletzt, ersetzt ein für die Geltendmachung eines Austrittsgrundes erforderliches konkretes Tatsachenvorbringen nicht. Der Vorwurf, der Beklagte habe der Klägerin ein strafbares Verhalten vorgeworfen bzw. versucht, der Klägerin eine strafbare Handlung zu unterschieben, wurde im Beweisverfahren widerlegt. Daß dritte Personen Behauptungen dieser Art erhoben, hat der Beklagte nicht zu vertreten.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

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