Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.048,50 und der Nebenintervenientin die mit S 15.658,20 (darin S 2.609,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Zuge von Ermittlungen gegen den Ehegatten der Klägerin wegen Verdachts der Hehlerei wurde bei einer Durchsuchung der Ehewohnung am 4.2.1987 von polizeilichen Organen neben anderen Gegenständen auch ein Luchsmantel beschlagnahmt, der von der Nebenintervenientin hergestellt worden und mit dem persönlichen Herstellungszeichen der dort beschäftigten Designerin ("N" in einem Kreis) versehen war. Die Staatsanwaltschaft Wien erhob in der Folge u.a. auch in bezug auf diesen Pelzmantel am 24.3.1987 gegen die Klägerin und deren Ehegatten Anklage wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs.1 Z 2 und Abs.3 StGB, weil letzterer Ende 1985 oder Anfang 1986 den Mantel im Wert von S 140.000 bis S 180.000 von Unbekannten zum Nachteil der Nebenintervenientin übernommen und der Klägerin geschenkt habe. Die Klägerin wurde jedoch vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 11.6.1987 freigesprochen, weil ihre Version, der Mantel sei ihr von einem Liebhaber, den sie, ohne ihn zu kompromittieren, nicht nennen könne, der den Mantel aber ohne Rechnung und daher preisgünstig von der Nebenintervenientin erworben habe, geschenkt worden, nicht habe widerlegt werden können. Der Pelzmantel war von Organen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien der Nebenintervenientin ausgefolgt worden.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung der beklagten Partei zum Ersatz ihres mit S 400.000 bezifferten Schadens, weil der Luchsmantel gegen ihren Willen zu Unrecht an die Nebenintervenientin ausgefolgt worden sei.
Die beklagte Partei und die Nebenintervenientin wendeten im wesentlichen ein, der Pelzmantel sei Eigentum der letzteren. Die Behauptungen der Klägerin über den Wert des Mantels durch sie entbehrten jedweder Glaubwürdigkeit. Die Klägerin habe im Strafverfahren ihre Verantwortung selbst geändert, indem sie einmal den Mantel von ihrem Ehegatten, dann aber wieder von einem unbekannten Liebhaber geschenkt erhalten haben wolle.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte fest, der Klägerin sei der Mantel geschenkt worden, doch könne nicht festgestellt werden, ob der Geschenkgeber im Zeitpunkt der Schenkung Eigentümer des Mantels gewesen sei.
Rechtlich meinte das Erstgericht, die Klägerin habe das Eigentum ihres Vormannes nicht nachweisen können. § 367 ABGB finde auf den unentgeltlichen Erwerb nicht Anwendung. Daher stehe ihr auch kein Ersatzanspruch zu.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Ausfolgung des Pelzmantels an die Nebenintervenientin sei entgegen der Vorschrift des § 367 StPO erfolgt. Würden nämlich - wie von der Klägerin - Tatsachen behauptet, die einer Ausfolgung des Pelzmantels an die Nebenintervenientin entgegenstünden, hätte der Mantel gemäß § 1425 ABGB unter Aufhebung der Beschlagnahme beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien hinterlegt werden müssen. Damit sei für die Klägerin indessen nichts gewonnen. Sie hätte nämlich selbst bei gesetzmäßigem Vorgehen, also bei rechtmäßigem Alternativverhalten der Gerichtsorgane, die Zustimmung von der Nebenintervenientin zur Ausfolgung des Luchsmantels nicht erlangt. Im Rechtsstreit hätte sie deshalb den Übergang des Eigentums am Mantel von der Nebenintervenientin auf den Geschenkgeber auf Grund des von ihr behaupteten Kaufvertrages beweisen müssen. Da die Klägerin ihr eigenes Eigentum aus dem Eigentum des Geschenkgebers ableite, hätte sie das Vorliegen der ihren Anspruch begründenden Umstände beweisen müssen. Im vorliegenden Fall konkurrierten nicht mehrere Übertragungsarten, sodaß eine Prüfung der Frage, welcher der konkurrierenden Titel der bessere sei, entfalle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, der behauptete Nachteil wäre der Klägerin auch bei rechtmäßigem Verhalten der strafgerichtlichen Organe erwachsen. Dieser Ansicht ist beizupflichten:
Gemäß § 367 Abs.2 und 3 StPO ist, wenn sowohl der Beschuldigte als auch ein Dritter bestimmte Tatsachen behaupten, aus denen sich ein Recht auf die Sache ergeben könnte, das der Ausfolgung an den Antragsteller entgegensteht, die Beschlagnahme aufzuheben und der bisher beschlagnahmte Gegenstand nach § 1425 ABGB bei dem für den Sitz des Gerichts zuständigen Bezirksgericht zu hinterlegen. Soweit die Klägerin diese vom Gericht zweiter Instanz zur Darlegung des rechtmäßigen Alternativverhaltens herangezogene Rechtsgrundlage für die gerichtliche Hinterlegung für Beweiszwecke nicht (mehr) benötigter Gegenstände durch das Strafgericht leugnet und sich in diesem Zusammenhang auf eine in Lohsing-Serini, Österreichisches Strafprozeßrecht, 268, zur Zurückstellung beschlagnahmter Gegenstände vertretene Auffassung - die übrigens ihren Standpunkt keineswegs stützt - beruft, genügt der Hinweis, daß diese Auflage 1952 erschien und daher auf die erst durch die Strafprozeßnovelle 1978 eingeführte Bestimmung naturgemäß nicht Bezug nehmen konnte.
Im vorliegenden Fall behauptete die Nebenintervenientin schon im Strafverfahren, der bei der Klägerin vorgefundene und beschlagnahmte Luchsmantel sei ihr gestohlen worden, wogegen sich die Klägerin dahin verantwortete, den Mantel habe ein von ihr allerdings nicht genannter Liebhaber bei der Nebenintervenientin ohne Rechnung - und damit preisgünstig - gekauft und ihr sodann zum "Abschiedsgeschenk" gemacht. Da somit zwei Eigentumsansprecher auftraten, hätte das Strafgericht - wie das Gericht zweiter Instanz zutreffend bemerkt - gemäß § 367 Abs.3 StPO die Hinterlegung des Luchsmantels beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien verfügen müssen (Foregger-Serini, StPO4, Erl. II zu § 367).
Bei rechtmäßigem Verhalten der strafgerichtlichen Organe wäre der Pelzmantel zwar nicht an die Nebenintervenientin ausgefolgt, jedoch auch der Klägerin nicht zurückgestellt, sondern beim zuständigen Bezirksgericht hinterlegt worden. Erfolgt die Hinterlegung - wie das hier geboten gewesen wäre - zugunsten mehrerer Personen, so darf der Gegenstand an eine von diesen nur dann ausgefolgt werden, wenn alle übrigen Beteiligten zugestimmt haben oder deren gegen diese Personen gerichteten Klagebegehren auf Zustimmung zur Ausfolgung an den Kläger rechtskräftig stattgegeben worden ist (Reischauer in Rummel, ABGB II1 Rz 37 mzN aus der Rechtsprechung). Die Klägerin hätte demnach, um wieder in den Besitz des Luchsmantels zu gelangen, die Nebenintervenientin auf Zustimmung zur Ausfolgung klagen und in diesem Verfahren ihre zur Anspruchsbegründung vorgetragenen Behauptungen beweisen müssen, daß der von ihr nicht genannte frühere Liebhaber den Mantel bei der Nebenintervenientin - deren ursprüngliches Eigentum jedenfalls unbestritten geblieben ist - zwar unter Umgehung abgabenrechtlicher Vorschriften, aber doch wirksam ins Eigentum erworben und ihr dieses sodann im Schenkungswege ebenso wirksam übertragen habe. Sie hätte demnach, um den Besitz des Mantels wieder zu erlangen, auch bei rechtmäßigem Verhalten der Organe des beklagten Rechtsträgers den gleichen Beweis erbringen müssen, wie wenn sie die Nebenintervenientin unmittelbar auf Herausgabe belangte.
Dies ist deshalb von ausschlaggebender Bedeutung, weil die Klägerin den von ihr geltend gemachten Schaden in Wahrheit nicht einfach in der Tatsache erblickt, daß der Mantel der Nebenintervenientin ausgefolgt wurde, sondern darin, daß nach dem Ergebnis des Strafverfahrens letztlich die Beweislast für die das Eigentum des einen und des anderen Eigentumsansprechers stützenden Tatsachen entscheide, wem von ihnen der Mantel schließlich endgültig zufällt: Wäre der Mantel ihr ausgefolgt worden, hätte die Nebenintervenientin - bei Bedachtnahme auf die Ergebnisse des Strafverfahrens - ebensowenig ihr Eigentum nachweisen können, wie die Klägerin das ihre unter Beweis stellen könnte, wollte sie der Nebenintervenientin den Mantel im Prozeßweg abfordern. Nur infolge der durch die rechtswidrige Ausfolgung des Mantels an die Nebenintervenientin bewirkten Beweislastverschiebung sei sie des Mantels verlustig gegangen. Diesen Standpunkt vertritt die Klägerin mit aller Deutlichkeit in ihrer Revision. Sonst wäre der Klägerin auch gar kein Schaden entstanden: Könnte sie ihre Behauptung über den rechtmäßigen Erwerb des Mantels im Wege des Kaufs und der darauf folgenden Schenkung unter Beweis stellen, könnte sie der Nebenintervenientin den Luchsmantel ohnehin jederzeit abfordern.
Mit der Erörterung der Verpflichtung des Strafgerichtes zur Hinterlegung des beschlagnahmten Pelzmantels führt das Berufungsgericht rechtmäßiges Alternativverhalten der strafgerichtlichen Organe ins Treffen: Selbst wenn das Strafgericht in Entsprechung des § 367 Abs.3 StPO und damit rechtmäßig vorgegangen wäre, wäre die Klägerin, um in den Besitz des Mantels zu gelangen, dessen Wertersatz sie nun vom beklagten Rechtsträger begehrt, mit dem Beweis belastet, daß der Unbekannte den Mantel bei der Nebenintervenientin gekauft und ihr sodann zum Geschenk gemacht habe. Die Berufung auf das rechtmäßige Alternativverhalten ist grundsätzlich auch im Amtshaftungsverfahren beachtlich (JBl. 1991, 647; 1 Ob 22/91). Da die Nebenintervenientin auch im Verfahren über ein Begehren der Klägerin auf Zustimmung zur Ausfolgung des Pelzmantels den Kauf bestritten hätte, wäre die Klägerin mit der gleichen Beweislast konfrontiert und damit - wie vorher erörtert - letztlich auch von derselben Vermögenslage betroffen, die sie zum Anlaß ihrer Amtshaftungsklage nimmt. Daran könnte auch nichts ändern, daß möglicherweise auch die Nebenintervenientin - mäße man ihre Prozeßerfolgschancen an der Beweiswürdigung des Straf- und des Erstgerichtes - mit einem auf Erzwingung der Zustimmung der Klägerin zur Ausfolgung des hinterlegten Mantels an sie gerichteten Klagebegehrens nicht durchdränge: Käme es dann zu keiner gütlichen Einigung zwischen den beiden, verfiele der Mantel schließlich der Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse (BGBl. 1963/281).
Hätte die Klägerin aber auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten des Strafgerichtes keine für sie günstigere Rechtsstellung in bezug auf den Luchsmantel erlangt, kann sie gegen den beklagten Rechtsträger auch keinen ersatzfähigen Schaden ins Treffen führen, weshalb ihrer Revision ein Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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