Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 12.März 1972 geborene (zur Tatzeit noch jugendlich gewesene) Angeklagte Ferdinand S***** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen (I) des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB, (II) des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und (III) des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und 2 StGB schuldig erkannt. Inhaltlich des - für die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde allein relevanten - Schuldspruchs wegen Mordes hat er am 29.Jänner 1991 in Seeboden Horst B***** durch zwei wuchtige Messerstiche gegen den Schulter- und Kehlkopfbereich und durch Anpressen eines Polsters gegen das im Hals steckende Messer vorsätzlich getötet.
Die Geschwornen beantworteten die Hauptfrage nach Mord (wie jeweils auch die anderen anklagekonformen Hauptfragen) stimmeneinhellig.
Nur den Schuldspruch I wegen Mordes bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs. 1 Z 6 und 8 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt.
Einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die Stellung einer Eventualfrage nach Totschlag (§ 76 StGB) trotz seiner darauf abzielenden Antragstellung in der Hauptverhandlung (S 113/II) unterblieb.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 314 Abs. 1 StPO sind vom Anklagevorwurf abweichende Schuldfragen (Eventualfragen) an die Geschwornen jedoch nur zu stellen, wenn in der Hauptverhandlung entsprechende Tatsachen vorgebracht wurden. Die für die (privilegierte) Tatbeurteilung der vorsätzlichen Tötung als Verbrechen des Totschlags nach § 76 StGB wesentlichen Kriterien ergaben sich aber - der Beschwerdeauffassung zuwider - weder aus der Verantwortung des Angeklagten noch aus den gutächtlichen Ausführungen des beigezogenen gerichtspsychiatrischen Sachverständigen. Denn der Angeklagte gab - im übrigen abweichend von den im Vorverfahren wiederholt angegebenen Einzelheiten des Tatablaufs und im Widerspruch zu seiner zunächst konstanten Behauptung, ein Tatmotiv nicht konkretisieren zu können - erst nach Anklageerhebung, so auch in der Hauptverhandlung an, daß eine "Streiterei" mit Horst B*****, der Sylvia S*****, die Freundin des Angeklagten, wiederholt als "Schlampe" bezeichnet hätte, tatauslösend gewesen sei. B***** habe vom Bett aus ins Wohnzimmer gerufen, S***** würde jetzt "sicher mit einem anderen im Bett liegen", worauf der Angeklagte (so seine letzte Version) - vielleicht nach einigen Minuten, genau könne er dies nicht mehr sagen - aus dem Wohnzimmer zu B***** in das Schlafzimmer gegangen sei und ihm den ersten Stich versetzt habe (S 45/II). Dabei räumte der Angeklagte selbst ein, daß die - nach seiner Schilderung "nicht sehr aggressive" - Diskussion (S 47/II) über seine Freundin ihn "zwar sehr geärgert" habe, als plausibles Mordmotiv aber nicht in Betracht komme (S 45/II).
Damit ist aber der Verantwortung des Angeklagten weder eine heftige Gemütsbewegung, in der er sich zur Tat hätte hinreißen lassen, noch eine solche Situation zu entnehmen, die eine tiefgreifende Gemütsbewegung allgemein begreiflich erscheinen ließe. Dementsprechend beurteilte auch der Sachverständige Prim.Dr. Scrinzi die vom Angeklagten behaupteten abfälligen Äußerungen des Opfers über Sylvia S***** als generell ungeeignet, eine hochgradige Affekterregung auszulösen und
schloß - insbesondere auch unter Mitberücksichtigung des (nach den eigenen Angaben des Angeklagten) von folgerichtigen Gedankengängen dominierten Täterverhaltens nach der Tat (Vergewisserung über den Todeseintritt, Maßnahmen zur Spurenbeseitigung, anschließende Suche nach Sachwerten, Verwahrung der dem Opfer gestohlenen Schallplatten bei der Freundin) ein akut durchbrechendes hochgradiges Affektgeschehen, sohin das Vorliegen einer nach § 76 StGB deliktstypischen heftigen Gemütsbewegung aus (S 108, 109/II).
Daß bei der hier aktuellen Fallkonstellation darüber hinaus auch von einer (an durchschnittlichen objektiven Maßstäben orientierten) allgemeinen Begreiflichkeit einer allenfalls bejahten heftigen Gemütsbewegung im Sinn des weiteren Privilegierungskriteriums nach § 76 StGB nicht die Rede sein könnte, bedarf unter Berücksichtigung der Modalitäten der Tatversion des Angeklagten keiner weiteren Erörterung.
Verfahrensergebnisse, die die von der Beschwerde vermißte Eventualfrage nach Totschlag indiziert hätten, lagen somit nicht vor.
Fehl schlägt aber auch die Instruktionsrüge (Z 8), die eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung daraus abzuleiten trachtet, daß sich diese in nur "acht Zeilen" mit dem Verbrechen des Totschlags befasse und daher unvollständig geblieben sei, wodurch den Geschwornen eine Antragstellung nach § 327 StPO "von vornherein versagt geblieben" sei.
Nach § 321 Abs. 2 StPO muß die Rechtsbelehrung - für jede Frage gesondert - eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt- oder Eventualfrage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes enthalten und das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander sowie die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage klarlegen. Daraus folgt, daß die Rechtsbelehrung nur die in den gestellten Fragen aufscheinenden, nicht aber andere, wenn auch mit ihnen verwandte Rechtsbegriffe oder ihr Verhältnis zu Deliktsmerkmalen anderer Tatbestände, bezüglich derer eine Frage gar nicht gestellt wurde, zu erläutern hat (Mayerhofer-Rieder3 ENr 22 zu § 345 Z 8 StPO).
Da das Fragenschema hier - aus den dargelegten Erwägungen zutreffend - das Verbrechen des Totschlags nicht betraf, scheidet insoweit auch eine (auf Unvollständigkeit beruhende) Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung aus.
Aus dem Inhalt der - von der Beschwerde weiters
relevierten - nach § 323 Abs. 2 StPO im Anschluß an die Rechtsbelehrung abgehaltenen Besprechung (S 120/II) kann der Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs. 1 Z 8 StPO vorweg nicht abgeleitet werden (Mayerhofer-Rieder3, E 1 zu § 323 StPO; E 2 zu § 345 Abs. 1 Z 8 StPO). Im Rahmen dieser Besprechung war es dem Vorsitzenden aber auch nicht verwehrt, den Geschwornen die angestrebte Aufklärung über die "Bestimmung des § 76 StGB" zu geben und unter Zuhilfenahme eines (entsprechende Kriterien betreffenden) Erlasses der Oberstaatsanwaltschaft Graz an ihr unterstellte Staatsanwaltschaften jene Gründe darzulegen, die den Schwurgerichtshof bewogen haben, die von der Verteidigung beantragte Eventualfrage nach Totschlag nicht zu stellen. Da die Geschwornen im Zuge dieser Besprechung auf die Möglichkeit des § 327 Abs. 1 StPO ausdrücklich hingewiesen wurden und sie sich (in Abwesenheit des Schwurgerichtshofes) dazu entschlossen, keine Änderung oder Ergänzung der an sie gerichteten Fragen zu begehren (S 120/II), kann auch davon nicht die Rede sein, daß ihnen auf Grund der ihnen erteilten Auskünfte eine Antragstellung nach § 327 StPO "von vornherein versagt geblieben" wäre. Die den Geschwornen ersichtlich im Sinn des § 327 Abs. 1 StPO erteilte und nach dem zweiten Absatz der zitierten Gesetzesbestimmung protokollierte - der Sache nach zutreffende - Belehrung über die gesetzlichen Merkmale des Totschlags (S 121/II) beschränkte sich ausschließlich auf Probleme, die der Rechtsbelehrung im engeren Sinn nach § 321 Abs. 2 StPO nicht unterfielen, stellt sich demzufolge lediglich als eine Ergänzung jener Erläuterungen dar, die den Geschwornen bei der Besprechung nach § 323 Abs. 2 StPO gegeben wurden (S 120/II), und ist daher gleichermaßen einer Anfechtung nach § 345 Abs. 1 Z 8 StPO entzogen (Mayerhofer-Rieder3 E 3 zu § 327 StPO). Daran vermag auch der Beschwerdehinweis auf den Inhalt der Niederschrift nach § 331 Abs. StPO schon deshalb nichts zu ändern, weil die Instruktionsrüge auch darauf nicht gestützt werden kann (Mayerhofer-Rieder3 E 10 ff zu § 331 StPO).
Die zur Gänze nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 75 StGB und § 5 Z 2 lit a JGG 12 Jahre Freiheitsstrafe, wobei es das Zusammentreffen des Verbrechens des Mordes mit zwei Vergehen, die Hilflosigkeit des (schlafenden) Opfers, die in den Modalitäten der Tatausführung und des Folgeverhaltens zum Ausdruck kommende Kaltblütigkeit und Intensität des Tötungswillens als erschwerend, das (weitgehende) Geständnis, die Enthemmung durch eine mittelgradige Alkoholisierung, die psychische Labilität der Täterpersönlichkeit und die "formelle Unbescholtenheit zur Tatzeit" hingegen als mildernd wertete.
Mit seiner gegen den Strafausspruch gerichteten Berufung strebt der Angeklagte eine Strafreduktion im wesentlichen mit der Begründung an, das Erstgericht sei nach Lage des Falles zu Unrecht von einer Hilflosigkeit des Opfers und im übrigen von gesetzlich nicht gedeckten Erschwerungsgründen ausgegangen, während es die mildernden Umstände unterbewertet habe.
Der Berufung kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.
Der abstoßende Meuchelmord am schlafenden (S 131/II) Gastfreund in dessen eigener Wohnung ohne irgendein plausibles Motiv (mit der nachfolgenden Wegnahme von Sachwerten!) steht nahezu ohne Beispiel da. Er erheischt in seinem exorbianten Unrechtsgehalt und dem darauf bezogenen schweren Verschulden des Täters eine exemplarische, spezial- und generalpräventiv ausreichend wirksame Sanktion, wie sie die Tatrichter hier für angemessen hielten. Eine annähernde Ausschöpfung des Strafrahmens ist geradezu unerläßlich. Für eine Milderung der darnach ausgemessenen Strafe bleibt damit kein Raum.
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