Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden in ihrer die Zurückweisung der Erbserklärung der Revisionsrekurswerberin betreffenden Entscheidung dahin abgeändert, daß ihre Erklärung, auf Grund des Gesetzes zu einem Drittel des Nachlasses die Erbschaft mit der Rechtswohltat des Inventars anzutreten, vom Gericht angenommen wird.
Im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben und der angefochtene Beschluß bestätigt.
Text
Begründung
Nach den Angaben in der Todfallsaufnahme hinterließ der Erblasser seine Witwe und zwei Söhne. Es ist nicht bekannt, ob er letztwillig verfügt hat.
Schon bald ergab sich ein Streit, ob Sparbücher mit beträchtlichen Einlagen zur Erbmasse gehören oder Eigentum der Witwe sind. Diese erhob gegen die Verlassenschaft und gegen die beiden anderen nach dem Gesetz zu Erben Berufenen eine Klage auf Herausgabe von Sparbüchern und auf Feststellung und erwirkte zunächst eine einstweilige Verfügung, mit welcher dem Gerichtskommissär die Ausfolgung der Sparbücher verboten wurde. Zur Vertretung der Verlassenschaft, zu der zunächst keine Erbserklärungen abgegeben wurden, bestellte das Erstgericht am 5. Juni 1989 eine Verlassenschaftskuratorin.
Am 21.Feber 1991 gab die Witwe in einem durch ihren Rechtsanwalt verfaßten Schriftsatz beim Erstgericht ihre bedingte Erbserklärung zu einem Drittel des Nachlasses ab und beantragte, ihr die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft zu übertragen. Die beiden Söhne kündigten am 8.März 1991 an, daß sie sich bei einer anzuberaumenden Abhandlungstagsatzung voraussichtlich ebenfalls zu je einem Drittel zur Annahme der Erbschaft erklären werden und sprachen sie dagegen aus, daß der Miterbin die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses allein übertragen werde.
Das Erstgericht sprach aus, daß es die Erbserklärung der Witwe nicht annehme, weil es nur bei der schriftlichen Abhandlungspflege iSd § 117 AußStrG und § 3 Abs 1 GKoärG gestattet sei, Erklärungen schriftlich zu überreichen. Es wies den Antrag der Witwe auf Überlassung der Verwaltung und Besorgung der Verlassenschaft ab, weil im Prozeß eine Kollision bestehe und die Miterben nicht zugestimmt hätten. Schließlich genehmigte das Erstgericht die Exekutionsführung der Verlassenschaft gegen die Witwe zur Hereinbringung vollstreckbarer Kostenforderungen aus dem Provisorialverfahren.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß mit der Maßgabe, daß die Erbserklärung der Witwe zurückgewiesen wird. Es meinte, das Gericht habe die Akten schon dem Notar als Gerichtskommissär zugeleitet gehabt. Die Witwe habe daher ihre Erbserklärung mündlich nach ihrer Vorladung beim Notar anzubringen. Die an das Gericht gerichtete Erbserklärung sei zurückzuweisen. Gegen den Willen der ebenfalls zur Erbschaft berufenen Söhne könne ihr allein die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft nicht überlassen werden. Die Genehmigung der Exekutionsführung sei berechtigt, weil die Verlassenschaft vollstreckbare Forderungen so rasch wie möglich hereinzubringen habe.
Das Rekursgericht sprach nur aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, ergänzte aber über den Beschluß des Obersten Gerichtshofes zu 5 Ob 537/91 seine Entscheidung am 13.September 1991 durch den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 50.000 übersteigt.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rechtsanwalt der Witwe hat nun durch die Vorlage der Vollmachtsurkunde dargetan, daß er von ihr Prozeßvollmacht erteilt bekommen hat und auch zur Überreichung bedingter oder unbedingter Erbserklärungen ermächtigt ist.
Die Zurückweisung der Erbserklärung der Witwe erfolgte in Verkennung der Bedeutung der maßgeblichen Verfahrensvorschriften. Nach § 117 Abs 1 AußStrG steht es dem Erben frei, seine Erbserklärung schriftlich zu überreichen. Diese Bestimmung, die an die Vorschriften der §§ 115 und 116 AußStrG anknüpft, wobei § 115 AußStrG als gegenstandslos anzusehen ist, verankert die schriftliche Abhandlungspflege, die durch § 3 Abs 1 GKoärG verdeutlicht wird (NZ 1986, 132). Ein Verlangen, die Abhandlung schriftlich abzuwickeln, liegt aber gar nicht vor. Die Gerichte haben die Erben oder deren Vertreter zur Abgabe der Erbserklärung in der Regel zu einer Tagsatzung vorzuladen und bei dieser Tagsatzung von jedem derselben die Erklärung abzufordern, ob und auf welche Weise er die Erbschaft antreten oder ob er dieselbe ausschlagen wolle (§ 116 Abs 1 AußStrG). Diese Bestimmungen verdrängen jedoch nicht die das Verfahren außer Streitsachen beherrschende allgemeine Anordnung des § 4 Abs 1 AußStrG, wonach die Parteien ihre Anträge schriftlich oder mündlich anbringen können. Die Erklärung, die Erbschaft anzureten, kann auch schriftlich abgegeben werden, und zwar auch dann, wenn die im Zug einer Verlassenschaftsabhandlung erforderlichen Amtshandlungen nach § 2 Abs 1 Z 2 GKoärG einem Notar als Gerichtskommissär aufzutragen sind. Der ganze § 3 GKoärG gilt nur bei der sogenannten schriftlichen Abhandlungspflege. Die Parteien können sich auch dann, wenn ein Notar als Gerichtskommissär bestellt ist, zu ihrer Vertretung eines Notars, eines Rechtsanwaltes oder sonst einer eigenberechtigten Person bedienen (Wagner, NO3, 468; Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen2, 610). Diese Parteienvertreter können im Verfahren nicht bloß in Tagsatzungen auftreten, sondern Anträge und Erklärungen ebenso wie die Partei selbst auch schriftlich anbringen. Da die richterlichen Entscheidungen von den vom Gerichtskommissär zu besorgenden Amtshandlungen ausgenommen sind (§ 1 Abs 2 Z 1 GKoärG) und der Gerichtskommissär funktionell immer nur für das ihn beauftragende Gericht tätig wird (EvBl 1987/208), richten sich Anträge und Erklärungen des Erben an das zuständige Gericht auch dann, wenn sie etwa mündlich vor dem Gerichtskommissär angebracht werden. Es bestand daher kein Anlaß, die Erbserklärung der Witwe zurückzuweisen und sie auf ein mündliches Anbringen in einer Tagsatzung zu verweisen. Da sonst alle Voraussetzungen für die Annahme der Erbserklärung vorliegen, war insoweit dem Rechtsmittel der Witwe stattzugeben und der Zurückweisungsbeschluß abzuändern.
Zutreffend haben aber die Vorinstanzen erkannt, daß der Witwe, die ja nur ein Drittel der Erbschaft beansprucht, allein nicht die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft gegen den Willen der Söhne überlassen werden kann. Dazu kommt, daß die Witwe gegen die Verlassenschaft einen Prozeß angestrengt hat und auch deshalb ihre Betrauung mit der Vertretung der Verlassenschaft ausscheidet. Die Genehmigung der Exekutionsführung zur Erwirkung der Zahlung von Prozeßkosten an die Verlassenschaft erfolgte gleichfalls zu Recht. Der Oberste Gerichtshof tritt insoweit der zutreffenden Begründung der Vorinstanzen bei.
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