Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.069,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.178,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Beide Parteien betreiben ein Inkassobüro. Die beklagte Kommanditgesellschaft steht im Eigentum Mathias R*****s, weil ihm sämtliche Geschäftsanteile der Komplementärin, nämlich also der AKT***** GmbH gehören, und er der einzige Kommanditist ist. Das gleiche gilt für die in Straßburg (Frankreich) ansässige AKT***** France S.a.r.l. - eine Gesellschaft mbH - und die AG***** GmbH in Freilassing (Bundesrepublik Deutschland). Letztere war zunächst am 19.4.1989 unter der Firma AKT***** Gesellschaft mbH in das Handelsregister Traunstein eingetragen worden; da aber noch eine weitere AKT***** GmbH in Hahn bestand, an welcher Mathias R***** und sein Bruder beteiligt waren, wurde, um eine Konkurrenzierung der beiden Gesellschaften zu verhindern, der Firmenwortlaut der Freilassinger Gesellschaft in AG***** GmbH geändert. Die AKT***** France S.a.r.l. wurde am 25.3.1990 gegründet und am 3.9.1990 in das Handelsregister des Tribunal d' Instance de Strasbourg eingetragen. Schon vor ihrer Eintragung hatte sie ihre geschäftliche Tätigkeit als eine in Gründung befindliche Gesellschaft aufgenommen.
Die Beklagte ist mit dem "AKT*****-System" in Salzburg, Wien, Freilassing und Straßburg tätig. Als die Prospekte "Das AKT*****-System" und "Unser Erfolg ist schnell erklärt" im Mai oder Juni 1990 herauskamen, hatte die AKT***** France S.a.r.l. ihre Tätigkeit schon aufgenommen. Die AKT***** Gesellschaft mbH in Freilassing war damals bereits umbenannt; sie arbeitete schon damals mit der Beklagten zusammen. Die Beklagte wies auf Geschäftspapieren auf ihre Tätigkeiten in Salzburg, Wien, Freilassing und Straßburg hin. Im Herbst 1990 änderte sie ihren Briefkopf insofern, als nun unterhalb ihrer Anschrift der Hinweis steht: "Österreich-Deutschland-Frankreich". Sie wirbt für Kunden im allgemeinen in der Weise, daß ihre Kundenberater aus Branchenverzeichnissen, Telefonbüchern udgl. mögliche Kunden heraussuchen, mit diesen einen telefonischen oder persönlichen Kontakt herstellen und ihnen bei vorhandenem Interesse entsprechendes Prospektmaterial übersenden.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte, obwohl sie weder in Freilassing noch in Straßburg eine Niederlassung habe, neben oder unter ihrem Firmenzeichen "AKT***** Inkassobüro" auf solche Niederlassungen hinweise, damit den Geschäftsverkehr über ihre Bedeutung und ihren Umfang täusche und insbesondere den Eindruck erwecke, ihre Geschäftspartner könnten bei der Betrauung mit Einbringungssachen damit rechnen, ihre Geschäftsinteressen würden auch grenzüberschreitend im Ausland bestmöglich wahrgenommen werden, begehrte die Klägerin ursprünglich, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, eine Firmenniederlassung in Freilassing (BRD) und Straßburg (Frankreich) anzuführen; außerdem stellte sie ein Veröffentlichungsbegehren. Nach der Eintragung der AKT***** France schränkte die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren auf die Anführung einer Zweigniederlassung in Freilassing ein (S. 19), erhob jedoch gleichzeitig das Begehren auf Feststellung, daß die Beklagte bis 2.9.1990 nicht berechtigt gewesen sei, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine Niederlassung in Straßburg (Frankreich) anzuführen. Ein rechtliches Interesse daran sei ihr deshalb zuzubilligen, weil im Zusammenhang mit dem Veröffentlichungsbegehren eine Aufklärung des Kundenpublikums über die rechtswidrige Anführung einer Niederlassung in Straßburg notwendig erscheine (S. 29).
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Weder ihr Briefpapier noch ihre Werbeschriften erweckten den Eindruck, daß sie in Wien, Freilassing und Straßburg Niederlassungen betreibe. Tatsächlich werde das "AKT*****-System" an den angeführten Orten angewendet. In der Branche sei es geradezu typisch darzustellen, in welchen Ländern und Städten Niederlassungen, Tochterfirmen, Repräsentanzen oder Korrespondenzanstalten bestehen.
Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Die beanstandete Werbeaussage sei nicht zur Irreführung geeignet, weil die Kunden der Beklagten tatsächlich davon ausgehen könnten, daß diese in Freilassing und Straßburg Geschäftsstellen unterhalte und daher nicht nur auf Österreich beschränkt sei. Das gelte auch für die französische Gesellschaft, welche schon seit April 1990 ihre Geschäftstätigkeit - wenn auch noch ohne eigene Rechtspersönlichkeit - aufgenommen habe.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es sei zwar richtig, daß manche Geschäftspapiere der Beklagten - die Kuverts, die Auftragsliste und das Briefpapier - den Eindruck erwecken könnten, die Beklagte verfüge über Niederlassungen in Wien und Freilassing; daraus sei aber für die Beklagte nichts zu gewinnen:
Einem Inkassobüro-Kunden, der seine Interessen grenzüberschreitend gewahrt wissen will, werde es in aller Regel gleichgültig sein, ob das von ihm beauftragte Inkassobüro im Ausland durch eigene Niederlassungen oder durch Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit vertreten ist. Da sich die AG***** GmbH in Freilassing und die Beklagte in der Hand desselben Eigentümers befänden, sei die unterschiedliche Firma der beiden Unternehmen unerheblich. Der Hinweis der Beklagten auf ihre Tätigkeit in Freilassing sei daher nicht geeignet, über wesentliche geschäftliche Verhältnisse irrezuführen. Gleiches gelte für die Hinweise auf die französische AKT***** GmbH, weil diese zur Zeit der Ankündigungen - wenn auch noch als Vorgründungsgesellschaft - ihre Tätigkeit bereits aufgenommen habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, muß der durch eine Ankündigung im Sinn des § 2 UWG hervorgerufene unrichtige Eindruck geeignet sein, den Entschluß des angesprochenen Interessenten, sich mit dem Angebot näher zu befassen, irgendwie zugunsten dieses Angebotes zu beeinflussen; zwischen dem Umstand, daß die durch die Wettbewerbshandlung bei ihm hervorgerufene Vorstellung nicht den Tatsachen entspricht, und dem Entschluß, sich mit dem Angebot zu befassen, muß ein Zusammenhang bestehen. Eine Angabe verstößt demnach nur dann gegen § 2 UWG, wenn sie der Geschäftsverkehr als wesentlich ansieht und die durch sie erweckte, mit dem tatsächlichen Sachverhalt nicht übereinstimmende Erwartung mit dem Entschluß des Interessenten zusammenhängt, sich mit dem Angebot zu befassen, insbesondere die angebotene Ware zu kaufen oder die angebotene Leistung in Anspruch zu nehmen; gerade der unrichtige Eindruck muß die Kauflust eines nicht ganz unbeträchtlichen Teils des angesprochenen Publikums irgendwie beeinflussen (SZ 54/97; ÖBl 1987, 18; MR 1987, 181; MR 1990, 235 uva). Mit Recht haben die Vorinstanzen diese Voraussetzung eines Verstoßes gegen § 2 UWG verneint:
Die Gestaltung der von der Beklagten benützten Geschäftspapiere - wie etwa der Briefköpfe (Beilage F), der Briefkuverts (Beilage C) und der Inkassoauftragsliste (Beilage D) - mag bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der angesprochenen Interessenten den - unzutreffenden - Eindruck erwecken, die Beklagte selbst unterhalte neben ihrem Sitz in Salzburg nicht nur in Wien, sondern auch in Freilassing (BRD) eine Zweigstelle. Tatsächlich hat aber in Freilassing eine Gesellschaft - die AG***** GmbH - ihren Sitz, deren Geschäftsanteil demselben Mann gehören wie jene der Beklagten, wobei sie dasselbe "AKT*****-System" anwendet und mit der Klägerin zusammenarbeitet. Wenn nun - wie die Klägerin in erster Instanz ausgeführt hat - die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck gewinnen, sie könnten bei einer Betrauung der Beklagten mit der Einbringung von Forderungen auch damit rechnen, daß damit ihre Interessen auch im Ausland bestmöglich wahrgenommen werden, dann müßten sie bei Darlegung der wahren Sachlage zu der gleichen Überzeugung kommen, macht es doch für das Zusammenwirken des in Salzburg und Wien wirkenden Betriebes mit jenem in Freilassing keinen Unterschied, ob diese Betriebe zueinander im Verhältnis von Zweigniederlassungen oder von Schwestergesellschaften stehen. In jedem Fall kann der im Ausland tätige Betrieb nur auf besonderes Ersuchen und nach entsprechender Information durch die Beklagte tätig werden. Daß eine solche Zusammenarbeit mit einer rechtlich selbständigen Gesellschaft schwieriger sein müßte als mit einer Zweigstelle, ist nicht ersichtlich; ebensowenig ist zu erkennen, daß die Annahme, die Beklagte selbst habe einen so großen Umfang, daß sie eigene Firmenniederlassungen im Ausland unterhält, mögliche Kunden eher dazu bringen werde, mit der Beklagten in Kontakt zu treten, als das Wissen, daß der Eigentümer der Klägerin im wirtschaftlichen Sinn auch Eigentümer eines Unternehmens in Freilassing ist, das in demselben Geschäftszweig auf Grund desselben Systemes tätig ist und mit der Beklagten zusammenarbeitet. Kunden eines Inkassobüros legen auf seine Erfahrung, seine Durchschlagskraft und - im Hinblick auf ausländische Schuldner - auf seine internationalen Verbindungen Wert. All diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin mit ihren Schwestergesellschaften in gleicher Weise wie mit allfälligen Zweigniederlassungen. Daß die Kapitalkraft der Beklagten selbst (und nicht die ihres "Eigentümers") für deren Kunden von entscheidender Bedeutung wäre, hat die Klägerin selbst nicht behauptet und ist auch nicht anzunehmen.
Auf die in Straßburg ansässige AKT***** France S.a.r.l. ist nicht mehr einzugehen, weil das Feststellungsbegehren im Ergebnis jedenfalls zu Recht abgewiesen worden ist. An der von ihr angestrebten Feststellung, die Beklagte sei bis 2.9.1990 nicht berechtigt gewesen, eine Niederlassung in Straßburg anzuführen, fehlt der Klägerin rechtliches Interesse: Für die Geltendmachung eines allfälligen Schadenersatzanspruches nach § 16 UWG wäre die begehrte Feststellung nicht dienlich, weil damit über das Verschulden der Beklagten - welches Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch ist - nicht abgesprochen würde. Auf die Veröffentlichung eines Feststellungsurteiles hat aber die Klägerin nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 25 Abs 3 UWG keinen Anspruch; im übrigen hat die Klägerin ihr Veröffentlichungsbegehren schon in zweiter Instanz ausdrücklich fallengelassen (S. 64). Wenn die Klägerin der Meinung war, die Registrierung der AKT***** France S.a.r.l. habe ihren Unterlassungsanspruch zum Erlöschen gebracht, dann wäre die richtige prozessuale Konsequenz gewesen, in diesem Belang auf Kosten einzuschränken.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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