Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit S 12.238,38 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 2.039,73 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin brachte vor, den Beklagten als Vormietern der von ihr gemieteten, in ***** W*****, gelegenen Wohnung am 22. August 1984 eine Investitionsablöse für Wandverbauten, Komplettküche ua in der Höhe von S 480.000,-- geleistet zu haben. Der Wiederbeschaffungswert der von den Beklagten getätigten Investitionen und überlassenen Einrichtungsgegenstände habe jedoch nur S 130.000,-- - S 150.000,-- betragen. Der Differenzbetrag von S 330.000,--, dem keine Gegenleistung gegenüberstehe, werde daher zurückgefordert. In der Folge schränkte die Klägerin den Klageanspruch auf S 304.000,-- ein.
Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens mit der Behauptung, ihre Investitionsablöseforderung sei voll gerechtfertigt gewesen. Es müsse berücksichtigt werden, daß die Beklagten nicht nur Investitionen getätigt und der Klägerin Gegenstände überlassen, sondern im Jahre 1968 für diese Wohnung selbst eine Ablöse von S 60.000,-- entrichtet hätten. Anläßlich der Anschaffung ihrer größeren Ersatzwohnung hätten sie selbst allein für die Küche und für einen Kachelofen eine Ablöse von S 180.000,-- zahlen und für das Ausmalen S 50.000,-- aufwenden müssen. An Übersiedlungskosten sei ein Betrag von S 15.000,-- anerlaufen. Weiters hätten die Beklagten bei der Hausinnehabung für die Klägerin die Beibehaltung des bisherigen monatlichen Mietzinses von S 2.917,20 zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten für die etwa 100 m2 große Wohnung erreicht. Der monatliche Mietzins für ihre eigene, 220 m2 große Ersatzwohnung betrage S 17.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer und Betriebskosten. Somit liege eine Bereicherung der Beklagten nicht vor.
Im ersten Rechtsgang hob das Berufungsgericht das dem Klagebegehren stattgebende erstgerichtliche Urteil wegen unzureichender Feststellungen über den Wert der getätigten Investitionen auf. Hiezu führte es aus, die Kosten für die Übersiedlung und Beschaffung einer Ersatzwohnung stellten schon mangels Behauptung und Nachweises einer entsprechenden Vereinbarung keinen äquivalenten Gegenwert für die von der Klägerin gezahlte Ablöse dar. Die Beklagten hätten die Ablösesumme konkret vereinbarten Gegenleistungen zugeordnet (Beilage ./A und ./C). Eine einseitige nachträgliche Bestimmung der Ablösesumme für Gegenleistungen sei unzulässig.
Im fortgesetzten Verfahren brachten die beklagten Parteien vor, die Zahlung der Ablöse sei ausdrücklich auch für die Übersiedlungskosten, für die Beschaffung der Ersatzwohnung und für die Mietzinsersparnis vereinbart worden; sie stellten auch diesbezügliche Beweisanträge.
Das Erstgericht ergänzte das Verfahren im Sinne des berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses durch Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens über die Wiederbeschaffungswerte. Sodann gab es dem Klagebegehren im Umfang von S 293.000,-- s.A. statt und wies das Mehrbegehren von S 11.000,-- s.A. ab. Es traf die auf den Seiten 4 bis 17 seines Urteils wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen. Insbesondere stellte es fest, daß sich die Streitteile auf eine Ablöse "für die hinterlassenen Investitionen (wie Wandverbauten etc., Komplettküche usw.) von S 480.000,--" geeinigt hatten und die Beklagten der Klägerin den Empfang dieses Betrages "als Investitionsablöse" bestätigten.
In seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht einen Wiederbeschaffungswert der getätigten Investitionen und überlassenen Einrichtungsgegenstände in der Höhe von S 187.000,-- zugrunde. Den Differenzbetrag von S 293.000,-- qualifizierte es als eine unzulässige Ablösezahlung und erklärte hiezu entgegen der Ansicht der Beklagten dürfe die Ablöse nicht anders als mit dem vereinbarten Grund, nämlich als Investitionsablöse, gerechtfertigt werden, weshalb hier die Kosten der Anschaffung einer Ersatzwohnung usw. nicht berücksichtigt werden könnten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und erklärte die Revision für zulässig. Es verneinte das Vorliegen der behaupteten erstgerichtlichen Verfahrensmängel und hielt auch die Rüge der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung sowie die Rechtsrüge nicht für gerechtfertigt. Im einzelnen verwies es darauf, daß es seinen Aufhebungsbeschluß nur zwecks Bewertung der in der überlassenen Wohnung vorhandenen Investitionen und sonstigen Einrichtungsgegenstände durch den Sachverständigen im Sinne ihres Wiederbeschaffungswertes gefaßt habe. Zur Frage, ob die bloße Tatsache des Entstehens von Kosten für eine Ersatzwohnung ohne vorausgegangene Vereinbarung den früheren Mieter berechtige, diese Kosten zur Widerlegung einer behaupteten unzulässigen Bereicherung geltend zu machen, sei im Aufhebungsbeschluß bereits Stellung genommen worden. An diese Rechtsansicht, die sich auf die Entscheidung 1 Ob 543/88 stütze, sei das Berufungsgericht gebunden. Auch die von den Berufungswerbern gegen die Richtigkeit des vom Erstgericht beigezogenen Sachverständigen erstellten Gutachtens vorgetragenen Argumente seien nicht stichhältig. Es sei keineswegs richtig, daß der Sachverständige vom "bloßen" Verkehrswert und nicht vom Wiederbeschaffungswert ausgegangen sei. Lasse sich für Gegenstände der Art, wie sie hier von den Beklagten in die Wohnung investiert bzw der Klägerin überlassen worden seien, mangels eines entsprechenden Marktes kein Wiederbeschaffungswert ermitteln, so sei von den Neupreisen auszugehen und ein entsprechender Abstrich vorzunehmen. Da es sich vorliegendenfalls fast durchwegs um Gegenstände handle, für die sich mangels eines entsprechenden Marktes ein Wiederbeschaffungspreis nicht ermitteln lasse, habe der Sachverständige vom Neupreis Abstriche vorgenommen, gegen deren Errechnung und Höhe von den Berufungswerbern im Detail keine Einwendungen vorgebracht würden. Der bloße Hinweis auf andere, vom Privatsachverständigen ermittelte Werte sei nicht geeignet, die von dem vom Erstgericht bestellten Sachverständigen ermittelten Ergebnisse unrichtig erscheinen zu lassen.
Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Parteien mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
In der Mängelrüge werden angebliche berufungsgerichtliche und angebliche erstinstanzliche Verfahrensmängel geltend gemacht. Erstere Rüge bezieht sich ebenfalls auf das erstgerichtliche Verfahren. Die Rüge erstinstanzlicher Verfahrensmängel, deren behauptetes Vorliegen - so wie hier - vom Berufungsgericht verneint wurde, kann aber nach ständiger Rechtsprechung in dritter Instanz nicht wiederholt werden. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist somit nicht gegeben.
In der Aktenwidrigkeitsrüge wird die Annahme des Berufungsgerichtes, der Sachverständige habe die Wiederbeschaffungskosten festgestellt, bekämpft. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt, wie die durchgeführte Überprüfung ergab, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
In ihrer Rechtsrüge bringen die Revisionswerber vor, die von ihnen geltend gemachten Kosten der Beschaffung einer Ersatzwohnung seien im Sinne der Entscheidung MietSlg 39.391 auch ohne ausdrückliche Vereinbarung bei der Beurteilung der Zulässigkeit ihrer hiefür von der Klägerin geforderten Ablösezahlung zu berücksichtigen. Bei den Bestimmungen des § 27 Abs 1 Z 1 und 5 MRG handle es sich um einen zwangswirtschaftlichen Eingriff in die Privatautonomie, der keine Zerlegung des einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges in verschiedene Teilbeträge gestatte. Der in diesen Bestimmungen normierte Kondiktionsanspruch sei nach streng wirtschaftlichen Grundsätzen zu behandeln, sodaß es auf die Parteienabsicht gar nicht ankomme, sondern Leistung und Gegenleistung insgesamt zu beurteilen seien. Würden hier auch die Aufwendungen der beklagten Parteien für ihre Ersatzwohnung berücksichtigt, so läge keine Bereicherung ihrerseits vor. Wenn die Ersatzwohnung größer und teurer (für zehnjährige Mietzinsleistungen) sei, müsse der anteilige Aufwand berücksichtigt werden. Dies führe dazu, daß, insgesamt betrachtet, die Klägerin, für die die beklagten Parteien bei der Vermieterin auch einen niedrigeren Mietzins erreicht hätten, "reicher", die Beklagten selbst aber wegen ihrer teureren Ersatzwohnung "ärmer" geworden seien.
Auch den Rechtsausführungen kann nicht gefolgt werden.
Gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 MRG ungültig und verboten sind Vereinbarungen, wonach der neue Mieter dafür, daß der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt, oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten hat; unter dieses Verbot fallen aber nicht die Verpflichtung zum Ersatz der tatsächlichen Übersiedlungskosten oder zum Rückersatz des Aufwandes, den der Vermieter dem bisherigen Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hat.
Nach dieser Bestimmung kann sich der Vormieter im Sinne der Rechtsprechung grundsätzlich seine noch verwertbaren Investitionen in der Mietwohnung vom Nachmieter abgelten lassen. Darüberhinaus kann er mit dem neuen Mieter vereinbaren, daß ihm dieser die tatsächlichen Kosten der Übersiedlung in die neue Wohnung ersetzt. Die Rechtsprechung hat unter diesem Gesichtspunkt auch die Vereinbarung des Ersatzes der Kosten des Vormieters für die Anschaffung einer gleichwertigen Ersatzwohnung für zulässig erachtet (SZ 16/25; MietSlg. 19.257/8; 20.355 uva.). Voraussetzung im Sinne des Gesetzes ist hier aber stets das Vorliegen einer diesbezüglichen Vereinbarung.
In der von den Revisionswerbern zitierten Entscheidung MietSlg. 39.391 wurde ausgeführt, daß nach Lehre (Würth in Rummel ABGB Rz 3 zu § 27 MRG) und Rechtsprechung
(vgl. MietSlg. 23.311/22; 28.274; 37.387/17) der Vormieter gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 MRG ohne Rücksicht auf die Beschränkung des § 10 MRG den Ersatz des noch vorhandenen Wertes von Investitionen oder des Wiederbeschaffungswertes von Einrichtungsgegenständen zum Zeitpunkt der Überlassung des Mietgegenstandes an den neuen Mieter von diesem begehren könne. Stehe der Leistung des neuen Mieters objektiv eine gleichwertige Gegenleistung des weichenden Mieters gegenüber, so sei die Ablösevereinbarung auch dann nicht ungültig, wenn diese Gegenleistung nicht besprochen oder, wie im dort zugrundeliegenden Falle, bloß formell ein Kaufvertrag über die Investitionen geschlossen worden sei und die mit dem Vormieter übereinstimmende Absicht des Nachmieters jedenfalls auf Übernahme und Nutzung der Investitionen gerichtet gewesen sei, ohne daß Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Überlassung vorlägen.
Dieser Rechtsansicht ist zu folgen, weil der Vormieter durch die tatsächliche Überlassung von entsprechenden Investitionen an den Nachmieter diesem jedenfalls eine Gegenleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 1 MRG erbringt, so daß er die vereinbarte Ablöse nicht ohne gleichwertige Gegenleistung zahlt. Eine Bereicherung des Vormieters liegt insoweit daher tatsächlich nicht vor.
Beim Ersatz von Übersiedlungskosten und dgl. an den Vormieter erhält der Nachmieter aber keinerlei Gegenleistung. Ein diesbezüglicher Ersatz kann daher vom Vormieter gemäß der positivrechtlichen Anordnung des § 27 Abs. 1 Z 1 MRG nur auf Grund einer diesbezüglichen Verpflichtung des Nachmieters zulässigerweise gefordert werden. Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof bereits in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 1 Ob 543/88 = JBl. 1988, 583 einen Anspruch auf Ersatz von Übersiedlungskosten "mangels im Einzelfall vereinbarter Verpflichtung" verneint und weiters ausgeführt, daß für die im Gesetz nicht ausdrücklich genannten, von der Rechtsprechung den Übersiedlungskosten gleichgestellten (EvBl. 1969/120 ua) Kosten der Beschaffung einer entsprechenden Ersatzwohnung nichts anderes gelten könne. Diese Ansicht, daß die Überwälzung von Übersiedlungs- und Wohnungsanschaffungskosten des Vormieters auf den neuen Mieter ausdrücklich vereinbart worden sein muß, wurde auch von der Lehre gebilligt (Würth-Zingher Miet- und Wohnrecht Rz 9 zu § 27 MRG).
Im vorliegenden Falle wurde von den Tatsacheninstanzen festgestellt, daß sich die Ablösevereinbarung der Streitteile ausschließlich auf die von der Klägerin übernommenen Investitionen bezieht. Die Beklagten hatten in ihrer Parteienvernehmung (ON 18, AS 110 ff) in Übereinstimmung mit dem eindeutigen Inhalt der Urkunden ./B und ./C auch selbst ausdrücklich bestätigt, daß der Gesamtbetrag von S 480.000,-- als "Investitionsablöse" vereinbart wurde, und weiters ausdrücklich angegeben, daß sie zunächst - wenngleich vergeblich - schon von der Hausverwaltung und sodann eben von der Klägerin eine "Investitionsablöse" verlangten, weil sie die "Investitionen in der Wohnung jedenfalls verwerten wollten", und daß sie der Klägerin diese Investitionen in der Wohnung auch zeigten.
Auf der Grundlage der Feststellungen der Vorinstanzen über die Vereinbarung der Zahlung des Betrages von S 480.000,-- als Investitionsablöse sowie der vorstehenden Rechtsausführungen über die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Verpflichtungserklärung des Nachmieters betreffend den Ersatz von Übersiedlungskosten und Kosten der Anschaffung der Ersatzwohnung (vgl. Würth in Rummel ABGB Rz 6 zu § 27) war hier die über den festgestellten Wert der von den Beklagten der Klägerin hinterlassenen Investitionen hinausgehende Ablösezahlung mangels einer derartigen Verpflichtungserklärung der Klägerin gesetzwidrig
(vgl. SZ 60/274 = JBl. 1988, 247). Zur Revisionsausführung, die Beklagten hätten der Klägerin dadurch eine auf die Ablösezahlung anrechenbare Gegenleistung in Form einer Mietzinsersparnis erbracht, daß sie für sie beim Vermieter die Beibehaltung des bisherigen Mietzinses erreicht hätten, ist darauf zu verweisen, daß diese in der Klagebeantwortung enthaltene, in beiden Rechtsgängen vor den Unterinstanzen sodann von den Beklagten aber nicht näher relevierte Einwendung ohne jegliche zeitliche und betragliche Konkretisierung erhoben worden war und schon deswegen (zur umstrittenen Frage der Berücksichtigung einer Mietzinsersparnis vgl. Würth-Zingher aaO Rz 9, 3 zu § 27) erfolglos bleiben mußte.
Somit wurde das (eingeschränkte) Rückforderungsbegehren der Klägerin von den Vorinstanzen zu Recht bejaht.
Demgemäß war der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO (Kostenbemessungsgrundlage S 293.000,--).
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