OGH 14Os116/91 (14Os117/91)

OGH14Os116/91 (14Os117/91)29.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Oktober 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann S***** wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.August 1991, GZ 4 a Vr 4644/91-21, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig mit dem Urteil gemäß § 494 a StPO gefaßten Beschluß (Seite 128 f iVm ON 21, Seite 131), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB laut Punkt II des Urteilssatzes und demzufolge im gesamten Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB) sowie der mit dem Strafausspruch in untrennbarem Zusammenhang stehende Widerrufsbeschluß aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung und der gegen den Widerrufsbeschluß erhobenen Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann S***** der Verbrechen des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs. 1 StGB (Punkt II des Urteilssatzes) und der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB (Punkt I/1) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB (Punkt I/2), des Diebstahls nach § 128 StGB (Punkt III/1) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB (Punkt III/2) schuldig erkannt.

Das Verbrechen des versuchten Raubes liegt ihm zur Last, weil er am 11.April 1991 in Wien Helmut S***** dadurch, daß er ihm mehrere Ohrfeigen versetzte, ihn mit dem Umbringen bedrohte und von ihm 800 S forderte, mit Gewalt gegen seine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz wegzunehmen versuchte, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Nur den Schuldspruch wegen des zuletzt bezeichneten Verbrechens bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen begab sich der Angeklagte am 11.April 1991 gegen 21.30 Uhr "neuerlich nunmehr mit ca. acht Jugendlichen" zur Wohnung des Helmut S*****. Dort forderte er von dem Genannten abermals einen Geldbetrag von 800 S. Da S***** dieser Aufforderung nicht nachkam und sich auch weigerte, seine Geldbörse herauszugeben, versetzte ihm der Angeklagte mehrere Schläge ins Gesicht und drohte dabei, er werde ihn umbringen, wenn er ihm das Geld nicht gebe. Durch diese unmittelbare Gewaltanwendung und Drohung beabsichtigte der Angeklagte den Helmut S***** zur sofortigen Ausfolgung des Geldbetrages zu nötigen, um sich unrechtmäßig zu bereichern und die Verfügungsgewalt über das Bargeld zu erlangen. Der Angeklagte "nahm auch noch kurz die Geldbörse S***** an sich und entnahm dieser 150 S, gab diese jedoch wieder zurück". Durch das Zureden bzw. Drängen anderer Personen bzw. dadurch, daß S***** den Angeklagten vertröstete, er werde ihm das Geld zu einem späteren Zeitpunkt geben, hat der Angeklagte "von der Bereicherung Abstand genommen, sodaß es beim Versuch geblieben ist" (US 7-9). An anderer Stelle führte das Schöffengericht hiezu noch aus, daß der Angeklagte das Geld deshalb nicht bekommen habe, weil sich S***** gewehrt habe (US 11), daß S***** große Angst gehabt und dem Angeklagten deshalb versprochen habe, "das Geld zu einem späteren Zeitpunkt zu übergeben" (US 13) und daß der Angeklagte dann über Drängen anderer von S***** abgelassen habe (US 14).

Rechtliche Beurteilung

Zu Recht wendet der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge ein, daß das Schöffengericht solcherart eine Prüfung des bezüglichen Sachverhalts dahingehend, ob das konstatierte Tatverhalten einen freiwilligen Rücktritt vom Versuch und demzufolge den Strafaufhebungsgrund nach § 16 Abs. 1 StGB darstellt, unterlassen habe. Dazu wäre das Erstgericht jedoch angesichts der mit der Verantwortung des Angeklagten (vgl. S 99) im wesentlichen im Einklang stehenden Aussage des Zeugen S***** (S 122) verpflichtet gewesen.

Gemäß § 16 Abs. 1 StGB wird der Täter wegen Versuches oder Beteiligung daran (ua) dann nicht bestraft, wenn er freiwillig die Ausführung aufgibt. War jedoch in einem derartigen Versuch eine bereits vollendete Straftat enthalten, so bleibt die (nunmehr auflebende gesonderte) Strafbarkeit wegen dieser (vollendeten) Straftat bestehen (qualifizierter Versuch - vgl. SSt. 48/34; Leukauf-Steininger, Komm.2 § 16 RN 13).

Der vom Beschwerdeführer insoweit zutreffend aufgezeigte Feststellungsmangel läßt eine abschließende rechtliche Beurteilung des bezüglichen Tatverhaltens des Angeklagten nicht zu. Da sohin eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich ist, war nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO).

Mit seiner durch die Aufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos gewordenen Berufung und der Beschwerde war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht

gegebenenfalls - sofern nicht bei Annahme einer Nötigung bloß deren Versuch angenommen wird, der als solcher von der Strafaufhebung nach § 16 Abs. 1 StGB miterfaßt wäre - auch zu prüfen haben, ob die vom Angeklagten gegenüber S***** gebrauchte Drohung das nach §§ 74 Z 5, 107 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßige Ausmaß erreichte und ob insoweit "qualifizierter Versuch" vorliegt (vgl. Leukauf-Steininger aaO § 16 RN 13, § 107 RN 5; Mayerhofer-Rieder StGB3 ENr. 9; Kienapfel BT I3 ENr. 9 je zu § 107).

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