OGH 5Ob20/91

OGH5Ob20/9129.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger, Dr. Niederreiter, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin ***** SPAR-CASSE*****, vertreten durch Dr. Peter Karl Wolf, Dr. Felix Weigert und Dr. Andreas Theiss, Rechtsanwälte in Wien, wegen Pfandrechtseinverleibung und wegen sonstiger grundbücherlicher Eintragungen ob den Anteilen des Mag. Dr. William F***** an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 7. Dezember 1990, GZ 46 R 2070/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 18. Juli 1990, TZ 3810/90, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"Auf Grund der Pfandbestellungsurkunde vom 11. 7. 1989/9. 7. 1990 werden ob den dem Mag. Dr. William F*****, geboren *****, gehörenden 124/813stel Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, mit welchen Wohnungseigentum an W 23 verbunden ist, folgende grundbücherliche Eintragungen bewilligt:

a) Im Range der unter C-LNR 14a (3992/1989) angemerkten Rangordnung die Einverleibung des Pfandrechtes für einen Kredithöchstbetrag von S 1,500.000,- für die ***** Spar-Casse*****;

b) der Löschungsverpflichtung zugunsten der ***** Spar-Casse***** bezüglich der unter C-LNR 6a und 7a einverleibten Pfandrechte.

Hievon werden verständigt:

  1. 1.) Die ***** Spar-Casse*****,
  2. 2.) Dr. Michael Zerdik, öffentlicher Notar, Naglergasse 9, 1010 Wien, mit Pfandbestellungsurkunde Beilage A in Urschrift, ausgenütztem Rangordnungsanmerkungsbeschluß, ADV-Grundbuchsabschrift und Erlagschein zur Einzahlung der Eintragungsgebühr;

    3.) Dr. Eva Rieß, Rechtsanwalt, Zeltgasse 1-20, 1080 Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Mag. Dr. William F*****, geboren *****, Kaufmann, *****

    4.) Finanzamt für den 9., 18. und 19. Bezirk, Nußdorferstraße 90, 1090 Wien,

    5.) Handelsgericht Wien zu *****.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung der im Spruch angeführten grundbücherlichen Eintragungen mit der Begründung ab, die Pfandbestellungsurkunde könne nicht als vor der Konkurseröffnung errichtet im Sinne des § 56 Abs 3 GBG angesehen werden, weil die Antragstellerin die Pfandbestellungsurkunde erst am 9. 7. 1990, also nach der am 30. 1. 1990 erfolgten Konkurseröffnung unterzeichnet habe.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen folgendes aus:

Gemäß § 56 Abs 3 GBG sei nach der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Liegenschaftseigentümers eine Eintragung wider diesen nur dann zulässig, wenn die Urkunde über das Geschäft schon vor dem Tag der Konkurseröffnung ausgefertigt gewesen sei und der Tag der Ausfertigung durch gerichtliche oder notarielle Beglaubigung dargetan sei. Nach der bisherigen Rechtsprechung (JB 51 = SZ 19/263 ua) sei dieser Vorschrift schon entsprochen, wenn die Urkunde von jenem Vertragsteil, welchem die Abgabe der Aufsandungserklärung obliege, vor der Konkurseröffnung unterzeichnet gewesen sei. Damit begnüge sich die Rechtsprechung im Ergebnis mit dem qualifizierten Nachweis eines vor Konkurseröffnung abgefaßten Vertragsentwurfes des späteren Gemeinschuldners. Wann der Entwurf dem anderen Teil zuging und damit zum Anbot wurde und wann der andere Teil dieses Anbot annahm, wann also das Geschäft zustande kam, brauche nach dieser Ansicht nicht geprüft zu werden, weil nach Zielsetzung des § 56 Abs 3 GBG nur verhindert werden solle, daß eine nach Konkurseröffnung errichtete Urkunde zum Nachteil der Gläubiger vordatiert werde. Eben dieser gläubigerschädigenden Maßnahme eines bereits insolventen Liegenschaftseigentümers werde jedoch nach Ansicht des Rekursgerichtes dadurch am effektivsten begegnet, daß man, streng dem Wortlaut des Gesetzes folgend, den beglaubigten Nachweis des vor der Konkurseröffnung liegenden Zeitpunktes des Vertragsabschlusses verlange. Wenn das Gesetz auch Scheingeschäfte niemals gänzlich verhindern könne, so müsse es doch solche erschweren.

Überdies stamme die herrschende Rechtsprechung durchwegs aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des GUG, also aus einer Zeit, in der eine Beglaubigung der Unterschrift des Pfandgläubigers noch nicht erforderlich war. Der andere Vertragsteil, der in der Regel nur unbeglaubigt unterfertigte, hätte also im Falle des gutgläubigen Erwerbes seines Rechtes vor der Konkurseröffnung auch für den Fall späterer Verbücherung geschützt werden müssen. Dieser Schutzzweck sei weggefallen, da nunmehr auch die Unterschrift des Pfandgläubigers beglaubigt werden müsse, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt leicht dargetan werden könne, daß der Vertrag vor der Konkurseröffnung zustande gekommen sei.

Eine wörtliche Auslegung des § 56 Abs 3 GBG erscheine auch im Hinblick auf § 94 Abs 1 Z 3 GBG wünschenswert, weil sich nicht schon aus dem Inhalt der die Eintragungsgrundlage darstellenden Urkunde Zweifel am rechtswirksamen Zustandekommen des beurkundeten Vertrages ergeben dürften. Zu solchen Zweifeln bestünde jedoch Anlaß, wenn mangels Objektivierung des Zeitpunktes der Unterfertigung der Urkunde (als des spätesten Zeitpunktes des Vertragsabschlusses) nicht feststehe, ob dem Vertragsentwurf des sodann in Konkurs verfallenden Veräußerers vor Konkurseröffnung bereits die rechtliche Qualifikation eines Anbotes zukam und dieses auch noch vor der Konkurseröffnung angenommen wurde. Wäre nämlich das Anbot zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht angenommen gewesen, so hätte es gemäß § 26 Abs 3 KO seine Gültigkeit verloren.

Die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses sei gegeben, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die von ihr begehrten grundbücherlichen Eintragungen zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß der Ausspruch des Rekursgerichtes über den Wert des Entscheidungsgegenstandes bei der nach § 126 Abs 2 GBG und § 13 Abs 2 AußStrG gebotenen sinngemäßen Anwendung des § 57 JN und des § 60 Abs 2 JN zutreffend ist, weil der Einheitswert der Liegenschaftsanteile, die mit dem Pfandrecht belastet werden sollen, S 50.000,-

übersteigt.

Hingegen billigt der Oberste Gerichtshof die vom Rekursgericht geäußerte, von der herrschenden Rechtsprechung abweichende Rechtsansicht zur Erledigung der Eintragungsbegehren der Antragstellerin aus folgenden Gründen nicht:

Richtig ist, daß nach § 56 Abs 3 GBG die Eintragung (hier: des Pfandrechtes) im Rang der angemerkten Rangordnung für den Fall, daß der Eigentümer der Liegenschaft in Konkurs verfällt, nur dann bewilligt werden darf, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft schon vor dem Tag der Konkurseröffnung ausgefertigt war und der Tag ihrer Ausfertigung durch eine gerichtliche oder notarielle Beglaubigung dargetan ist. Dem Rekursgericht ist zuzugestehen, daß diese Bestimmung - für sich allein betrachtet - den Schluß zuließe, daß die Unterschriften beider Vertragssteile schon vor der Konkurseröffnung beglaubigt vorliegen müßten, weil die Urkunde über das Geschäft erst dann ausgefertigt ist, wenn sie die Willensübereinstimmung beider Vertragsteile, dokumentiert durch ihre Unterschriften, enthält. Dies hat noch nichts mit dem erst durch das GUG aufgestellten Erfordernis zu tun, daß nunmehr auch die Unterschrift des Pfandgläubigers beglaubigt sein muß. Dabei handelt es sich bloß um ein grundbuchsrechtliches Erfordernis, das erfüllt sein muß, damit die Urkunde geeignete Grundlage eines Einverleibungsbegehrens sein kann. Es änderte aber nichts an der Auslegung des § 56 Abs 3 GBG. Ist daher die aus der Zeit vor dem GUG stammende Auslegung der herrschenden Rechtsprechung - entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes - richtig, so bleibt sie auch nach der Änderung der Beglaubigungsvorschriften durch das GUG richtig.

Durch die Vorschrift des § 56 Abs 3 GBG soll für den Liegenschaftsverkehr eine Regelung getroffen werden, die sowohl den Interessen der Gläubiger des in Konkurs verfallenen Liegenschaftseigentümers, gelegen im Schutz vor Schmälerung der Masse durch den zu Verfügungen darüber nicht mehr berechtigten Gemeinschuldner, als auch den Interessen des Vertragspartners des in Konkurs verfallenen Verkäufers oder Pfandbestellers), der dem Erwerber (oder Pfandgläubiger) vor der Konkurseröffnung den Rangordnungsbeschluß und die Urkunde über das abgeschlossene Rechtsgeschäft zukommen ließ, gerecht wird.

Es soll einerseits die nach § 13 KO zulässige Einverleibung oder Vormerkung im Grundbuch, wenn sich der Rang der Eintragung (infolge Anmerkung der Rangordnung) nach einem vor dem Tag der Konkurseröffnung gelegenen Tag richtet, nicht auf ein vom gemäß § 3 KO nicht mehr verfügungsberechtigten Gemeinschuldner abgeschlossenes Rechtsgeschäft gestützt werden können, etwa weil infolge Vordatierung der Urkunde der Anschein der noch gegebenen Verfügungsberechtigung des Gemeinschuldners erweckt wird.

Andererseits sind auch die Interessen des Vertragspartners (hier: Pfandgläubigers) des Gemeinschuldners, die nicht weniger schützenswert sind als die seiner Gläubiger, denen darüber hinaus auch noch verschiedene durch den Masseverwalter geltend zu machende Anfechtungsmöglichkeiten zustehen, zu berücksichtigen. Der Pfandgläubiger, dem (wie hier nach dem Inhalt der vorgelegten Urkunden) Rangordnungsbeschluß und Pfandurkunde vor der Konkurseröffnung zukamen, darf nicht deswegen seiner Rechte verlustig gehen, weil er - obwohl durch die Konkurseröffnung in seiner Handlungsfähigkeit nicht beschränkt - die Unterschrift auf der Vertragsurkunde erst nach dem Tag der Konkurseröffnung leistete.

Wollte man nun die Gläubiger des Gemeinschuldners vor allen nur denkbaren Umtrieben des Gemeinschuldners schützen, also auch vor der konstruierten Fallgestaltung, daß der Liegenschaftseigentümer eine Anmerkung der Rangordnung erwirkt und eine Pfandbestellungsurkunde beglaubigt errichtet, um - in dolosem Zusammenwirken mit dem in dieser Pfandurkunde bereits genannten Pfandgläubiger - erst nach der Konkurseröffnung in Wahrheit den Pfandvertrag zu schließen und zu Lasten der Gläubiger die Verbücherung des Pfandrechtes zu bewirken, so müßte man in Kauf nehmen, daß in gewiß nicht weniger zahlreichen Fällen der Pfandgläubiger, der mit dem späteren Gemeinschuldner schon vor der Konkurseröffnung Willenseinigung erzielt hatte und dem Rangordnungsbeschluß sowie Pfandurkunde zugekommen waren, um sein Recht kommt, nur weil er selbst die Unterschrift erst später beglaubigt leistete.

Der oben erwähnte, im Interesse aller am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilnehmenden Personen gebotene Interessenausgleich erfordert daher die von der Rechtsprechung bisher vorgenommene Auslegung, daß es für die Zulässigkeit der Eintragung eines Pfandrechtes nach Konkurseröffnung über das Vermögen des Liegenschaftseigentümers nur darauf ankommt, daß der Gemeinschuldner bereits vor der Konkurseröffnung die beglaubigte Unterschrift leistete. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, von der in JB 51 = SZ 19/263 grundgelegten und später aufrecht erhaltenen Rechtsprechung (NZ 1987, 105; SZ 48/58) abzugehen, zumal auch die herrschende Lehre darauf abstellt, daß in den Fällen des § 56 GBG dem Antrag dann stattgegeben werden darf, wenn ihm eine vom Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung vorgenommene Rechtshandlung zugrundeliegt (Bartsch-Pollak, KO3 I 100; vgl. auch Feil, Grundbuchsgesetz 232, wo der herrschenden Rechtsprechung bloß die Möglichkeit der Vertretbarkeit eines anderen Standpunktes gegenübergestellt wird.

Da andere Hindernisse der von der Antragstellerin begehrten Pfandrechtseinverleibung und Anmerkung der Löschungsverpflichtung nicht entgegenstehen, war in Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen wie im Spruch zu entscheiden.

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