OGH 9ObA180/91

OGH9ObA180/9123.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Gamerith und Dr. Bauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf und Ing. Robert Eheim in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** S*****, Angestellte, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei Y***** GmbH, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen S 114.475,91 brutto abzüglich S 25.000,-- netto (Streitwert im Rekursverfahren S 57.795,91 sA), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Mai 1991, GZ 5 Ra 55/91-22, womit infolge Berufung beider Streitteile das Teilurteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. Oktober 1990, GZ 45 Cga 55/90-15, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin war bei der beklagten Partei, deren Geschäftsführer ihr Gatte war, vom 1. Februar 1989 bis 5. Februar 1990 als Buchhalterin und Lohnverrechnerin beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch Entlassung. Die Klägerin begehrt an Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung einen Betrag von insgesamt S 60.025,-- sowie an Entgeltansprüchen für Mehrleistung und Überstundenleistung einen Betrag von S 54.447,91 jeweils brutto sA abzüglich S 25.000,-- netto.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage. Die Klägerin sei berechtigt entlassen worden. Überstunden und Mehrdienstleistung habe sie nicht verichtet. Bis zur Höhe einer allenfalls zu Recht bestehenden Klageforderung wendete die beklagte Partei Gegenforderungen ein. Die Klägerin habe im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit Malversationen zum Nachteil der beklagten Partei begangen. Für die Erstellung eines Prüfberichtes hierüber sei ein Betrag von S 10.530,-- aufgelaufen. Die Klägerin habe Diäten und Fahrtkosten für auswärtige Verrichtungen verrechnet und ausgezahlt erhalten, die sie tatsächlich nicht durchgeführt habe. Hieraus resultiere ein Anspruch der beklagten Partei von zumindest S 15.000,--. Die Klägerin habe sich in unzulässiger Weise persönlich bereichert, indem sie Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände für persönliche Zwecke auf Kosten der beklagten Partei angeschafft und Kaufpreise für für private Zwecke bestimmte Waren und Gerätelieferungen aus Mitteln der beklagten Partei überwiesen habe. Hieraus resultiere eine die Klageforderung übersteigende Gegenforderung. Die Klägerin habe auch wider besseres Wissen die Provisionsabrechnungen der Handelsvertreter falsch erstellt und die dadurch unrichtigen Beträge ausgezahlt.

Das Erstgericht sprach mit Teilurteil aus, daß die Klageforderung mit S 54.745,91 brutto samt 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag zu Recht bestehe. Überstunden und Mehrleistungsvergütung stehe der Klägerin im Betrag von S 48.790,36 zu und an Urlaubsabfindung gebühre ein Betrag von S 8.955,65.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien Folge, hob das Teilurteil auf und verwies die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, daß der Rekurs gegen diesen Beschluß zulässig sei. Gemäß § 391 Abs 3 ZPO könne, wenn der Beklagte mittels Einrede eine Gegenforderung geltend mache, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht im rechtlichen Zusammenhang stehe, über den Klagsanspruch mit Teilurteil erkannt werden, wenn die Verhandlung über den Klagsanspruch zur Entscheidung reif sei. Wohl entspreche es der Judikatur, daß zwischen Entgeltansprüchen des Dienstnehmers und einer eingewendeten Schadenersatzforderung des Dienstgebers aus einem Verhalten des Dienstnehmers bei seiner Dienstleistung kein rechtlicher Zusammenhang bestehe, weil Grundlage des Entgeltanspruches unmittelbar der Dienstvertrag sei, wogegen die Grundlage des Schadenersatzanspruches ein deliktisches Verhalten des Arbeitnehmers bilde, das mit der Erfüllung des Arbeitsvertrages nur insoweit unmittelbar im Zusammenhang stehe, als es sich während des Dienstes ereignet habe. Ungeachtet dieses von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes müsse der rechtliche Zusammenhang zwischen einer Entgeltforderung aus dem Dienstverhältnis und einer Schadenersatzforderung wegen absichtlicher Schadenszufügung bejaht werden. Eine solche Gegenforderung werde hier von der beklagten Partei geltend gemacht. Die Fällung eines Teilurteiles sei daher nicht zulässig, sondern das Erstgericht habe über die Klageforderung und die eingewendete Gegenforderung in einer Entscheidung abzusprechen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, in der Sache selbst dahin zu entscheiden, daß die beklagte Partei verpflichtet werde, der Klägerin einen Betrag von S 57.745,91 brutto samt 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit 6. Februar 1990 zu zahlen oder aber die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Als Verfahrensmangel rügt die Rekurswerberin einen behaupteten Verstoß des Berufungsgerichtes gegen § 405 ZPO. Das Berufungsgericht wäre nicht befugt gewesen, auch hinsichtlich des Betrages von S 25.000,--, der im Rahmen des Klagebegehrens bereits von der Klägerin als Abzug berücksichtigt worden sei, einen Aufhebungsbeschluß zu fällen. Die beklagte Partei habe die (vom Erstgericht in Form eines Feststellungsurteiles) getroffene Klagestattgebung hinsichtlich dieses Betrages nicht mit Mängelrüge bekämpft.

Diese Ausführungen lassen jedoch unberücksichtigt, daß sich die beklagte Partei in ihrer Berufung gegen das Teilurteil ausdrücklich dagegen wendete, daß das Erstgericht die von der Klägerin bei Geltendmachung ihrer Ansprüche ausdrücklich in Anschlag gebrachte Zahlung von S 25.000,-- nicht berücksichtigt habe und diese Frage auch zum Gegenstand der Rechtsmittelanträge der Berufung machte. Damit war die stattgebende Entscheidung des Erstgerichtes über den Betrag, den die Klägerin zugestandenermaßen erhalten hat und den sie auch bei Fassung ihres Begehrens in Abzug brachte, Anfechtungsgegenstand im Berufungsverfahren und unterlag daher der Überprüfung des Berufungsgerichtes. Der gerügte Verfahrensmangel liegt sohin nicht vor.

Das Aufrechnungsverbot des § 7 DHG steht der Erhebung der Aufrechnungseinrede nicht entgegen, weil das Dienstverhältnis bereits beendet ist. Gemäß § 293 Abs 3 ZPO ist die Aufrechnung gegen den der Exekution entzogenen Teil der Forderung, abgesehen von den Fällen, in denen nach bereits bestehenden Vorschriften Abzüge ohne Beschränkung auf den der Exekution unterliegenden Teil gestattet sind, nur zur Einbringung eines Vorschusses, einer im rechtlichen Zusammenhang stehenden Gegenforderung oder einer Schadenersatzforderung zulässig, wenn der Schade absichtlich zugefügt wurde. Die beklagte Partei hat zur Begründung ihrer Gegenforderungen Malversationen der Klägerin behauptet und vorgebracht, diese habe sich in unzulässiger Weise dadurch bereichert, daß sie Haushaltsgeräte und Einrichtungsgegenstände für private Zwecke auf Kosten der beklagten Partei angeschafft habe, woraus ein die Klageforderung übersteigender Schade resultiere. Sie habe Provisionsabrechnungen bewußt unrichtig erstellt und der beklagten Partei auch Diäten und Fahrtkosten für auswärtige Verrichtungen verrechnet und ausgezahlt erhalten, die sie nicht verrichtet habe. Hieraus resultiere eine Forderung der beklagten Partei von zumindest S 15.000,--. Damit machte die beklagte Partei aus einem vorsätzlichen Verhalten der Klägerin abgeleitete Gegenforderungen geltend.

Der Oberste Gerichtshof hat in einer Reihe von Entscheidungen (SZ 47/5; DRdA 1979, 301 ua) die Auffassung vertreten, daß gegen die Verweigerung eines Teilurteils ein Rechtsmittel nicht zulässig sei, gleichgültig ob die Erlassung des Teilurteils von der ersten oder der zweiten Instanz verweigert worden und aus welchen Gründen dies geschehen ist. Diese Entscheidungen wurden von Dolinar in seiner Besprechung in DRdA 1979, 303, mit ausführlicher Begründung abgelehnt. Der Oberste Gerichtshof ist jedoch in der Folge unter ausdrücklicher Ablehnung der Ansicht Dolinars bei seiner bisherigen Rechtsprechung geblieben, von der abzugehen kein Anlaß besteht. Die Richtigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, ein Teilurteil über die Klageforderung sei unzulässig, weil die eingeklagte Forderung und die eingewendete Gegenforderung in rechtlichem Zusammenhang stehen, kann daher im Rahmen eines Rechtsmittels nicht überprüft werden. Wenn also die Ansicht des Berufungsgerichtes zutrifft, daß die erhobene Gegenforderung nicht bereits aus rechtlichen Gründen unzulässig ist, kann der Oberste Gerichtshof der Aufhebung des Ersturteils zur Verhandlung und Entscheidung auch über die Gegenforderungen, bezüglich deren bisher jegliche Feststellungen fehlen, nicht entgegentreten (SZ 56/150). Daß die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die erhobene Gegenforderung sei auf der Grundlage des hiezu erstatteten Vorbringens nicht aus rechtlichen Gründen von vornherein unzulässig, zutrifft, wurde oben bereits ausgeführt.

Dem Rekurs mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

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