Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Zygmunt Wlodzimierz B***** wurde des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt. Nach dem Wahrspruch der Geschwornen hat er am 25.August 1990 in Wien Ryszard G***** dadurch vorsätzlich getötet, daß er ihm mit einem Messer von 12 cm Klingenlänge drei Stiche in den Brust- und Bauchbereich sowie zwei Stiche in die Arme und Hände versetzte, wodurch Ryszard G***** eine Stichverletzung links neben dem Brustbein, eine Stichverletzung im linken Bauchbereich am Rippenbogen und eine weitere Stichwunde knapp unter dem Nabel sowie zwei Schnittwunden an den Händen erlitt und der Stich gegen den Brustkorb eine tangentiale Schnittverletzung der linken vierten Rippe nach sich zog, anschließend den Herzbeutel und die linke Herzkammerwand durchsetzte sowie zu einer Durchtrennung des absteigenden Astes der linken Herzkranzschlagader und schließlich zu dessen Tod führte.
Die Geschwornen hatten die anklagekonforme Hauptfrage bejaht und die Zusatzfragen nach Notwehr bzw. Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt verneint.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte hat Nichtigkeitsbeschwerde nach § 345 Abs. 1 Z 6 StPO erhoben.
Die vom Beschwerdeführer vermißte Zusatz-(richtig: Eventual-)frage in Richtung des Vergehens des Raufhandels nach § 91 Abs. 1 StGB war durch seine Angaben in der Hauptverhandlung jedoch nicht indiziert: Seine Verantwortung (S 167 ff/II) enthält nämlich keinerlei Anhaltspunkte für die Verursachung der Verletzungen des G***** durch eine Schlägerei - also durch eine Auseinandersetzung von mindestens drei Personen mit gegenseitigen Tätlichkeiten - oder durch einen Angriff mehrerer (wenigstens zweier) Personen. Die Einlassung des Angeklagten geht vielmehr dahin, daß er von Ryszard G***** mit einem Messer angegriffen wurde und sich seinerseits auf den Versuch beschränkte, dem Angreifer die Waffe zu entwinden, wobei G***** mehrmals ins eigene Messer stürzte. Erst danach soll eine dritte Person, nämlich ein unbekannt gebliebener Jugoslawe, dem Angeklagten schließlich zu Hilfe gekommen sein, indem dieser Dritte G***** von ihm "wegbrachte" - wobei er auf ihn "höchstwahrscheinlich" einschlug - oder ihn wegzerrte. Nach dieser Version, derzufolge die Stichverletzungen dem Ryszard G***** jedenfalls schon vor dem (spontanen) Eingreifen des Jugoslawen zugefügt wurden, fand zur Entstehungszeit dieser Verletzungen sohin weder eine Schlägerei, noch ein Angriff mehrerer statt. Dem vom Angeklagten den Geschwornen geschilderten Fall, daß G***** sich die zu seinem Tod führenden Verletzungen im Verlauf der bloßen Abwehr seines Messerangriffs durch den Angeklagten, sohin in einer auf zwei Personen beschränkten Auseinandersetzung, zugezogen hätte, wurde aber durch Stellung entsprechender, ungerügt gebliebener Zusatz- und Eventualfragen Rechnung getragen.
Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider kann auch von "ungenügender" Stellung der Zusatzfrage in Richtung Notwehr nicht die Rede sein. Insoweit unterläßt der Beschwerdeführer überhaupt jegliche Darstellung eines bei der Abfassung der Zusatzfrage selbst unterlaufenen, eine Verletzung der Vorschrift des § 313 StPO nach sich ziehenden Mangels; er beschränkt sich vielmehr auf die Behauptung, daß die Geschwornen durch die Aufnahme des Merkmales der Vorsätzlichkeit (der Tötungshandlung) in die Hauptfrage vorweg dahin beeinflußt worden seien, eine Notwehr zu verneinen. Diese Auffassung ist unverständlich, weil nach der durchaus richtigen Rechtsbelehrung über das Verhältnis der Fragen zueinander (s. § 321 Abs. 2 StPO) in die Prüfung einer allfälligen Rechtfertigung der Tat als Notwehrhandlung gerade dann einzugehen war, wenn die Verwirklichung der in der Hauptfrage umschriebenen Vorsatztat angenommen wird, was auch (wie die Beantwortung der Zusatzfrage nach etwaiger Notwehr durch die Geschwornen zeigt) zutreffend geschehen ist.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Der Angeklagte wurde nach § 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren verurteilt, wobei als erschwerend der Umstand gewertet wurde, daß die Tat aus nichtigem Anlaß und auf brutale Art geschah, dem mildernd nichts gegenüberstand.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Strafherabsetzung.
Die vom Berufungswerber erwähnte "unglückliche Verknüpfung widriger Umstände", die zur Tat geführt hätten, wird von ihm selbst nicht näher dargelegt; Anhaltspunkte für einen zusätzlichen besonderen Milderungsgrund können nicht abgeleitet werden. Nicht seine von ihm selbst erwähnte, in Polen angeblich wegen Mißachtung der russischen Fahne erlittene achtzehnmonatige Freiheitsstrafe hat ihm den Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit genommen, sondern seine im Inland 1988 wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 1 StGB ergangene Verurteilung zu einer mehrmonatigen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, in deren Probezeit er sich nicht wohlverhalten, sondern den nunmehr abgeurteilten Mord begangen hat. Schon dies allein spricht gegen die von ihm behauptete günstige Prognose für sein künftiges Wohlverhalten. Daß aber sein nunmehr ins Treffen geführtes soziales Umfeld in Österreich sowie seine angeblich sonstige physische und psychische Belastung Anlaß für den von ihm begangenen Mord gewesen seien, hat der Angeklagte im Verfahren ernstlich weder behauptet, noch sind entscheidende Anhaltspunkte für dieses Berufungsvorbringen aus dem Akt zu gewinnen. Unrichtig ist auch, daß bei ihm "fast die Höchststrafe" ausgesprochen worden sei. Wurde doch die Sanktion genau in der Mitte des (ohnedies nur) zeitlichen Strafrahmens des § 75 StGB geschöpft. Eine mildere Beurteilung dieser durch das Fehlen eines begreiflichen Motivs und die abstoßende Brutalität ihrer Ausführung charakterisierten Untat müßte geradezu auf das Unverständnis der Rechtsgemeinschaft stoßen.
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