OGH 14Os111/91

OGH14Os111/9115.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Oktober 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann T***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, AZ 4 U 717/90 des Bezirksgerichtes Floridsdorf, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 19.April 1991, GZ 4 U 717/90-4, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 19.April 1991, GZ 4 U 717/90-4, mit dem gemäß § 494 a Abs. 1 Z 2 und Abs. 7 StPO vom Widerruf der dem Johann T***** im Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.September 1987, GZ 8 b E Vr 9.395/87-7, gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 56 StGB. Dieser Beschluß sowie die davon ausgehende Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 26.August 1991, AZ 23 Bs 331/91, werden aufgehoben.

Der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12.Juli 1991, GZ 8 b E Vr 9.395/87-21, mit dem die endgültige Strafnachsicht ausgesprochen wurde, wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. September 1987, GZ 8 b E Vr 9.395/87-7, wurde Johann T***** zu einer für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

In der Folge wurde er mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 19.April 1991, GZ 4 U 717/90-4, wegen eines am 8. Mai 1990 (somit innerhalb der Probezeit) begangenen Vergehens zu einer Geldstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurde gemäß § 494 a Abs. 1 Z 2 und Abs. 7 StPO vom Widerruf der im Verfahren des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

In Unkenntnis dieser Entscheidung des Bezirksgerichtes Floridsdorf sprach das Landesgericht für Strafsachen Wien am 12. Juli 1991 die endgültige Strafnachsicht aus (ON 21). Dieser Beschluß wurde über Beschwerde der Staatsanwaltschaft mit Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 26.August 1991, AZ 23 Bs 331/91, mangels Ablauf der (schon zuvor verlängerten) Probezeit aufgehoben und der Antrag der Staatsanwaltschaft auf endgültige Strafnachsicht abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt (und worauf auch das Beschwerdegericht hingewiesen hat), war allerdings schon die zugleich mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 19. April 1991, GZ 4 U 717/90-4, angeordnete Verlängerung der Probezeit rechtlich verfehlt.

Nach der Vorschrift des § 56 StGB sind ein Widerruf der bedingten Strafnachsicht (§ 53 Abs. 1 StGB) oder - bei Absehen hievon - eine Verlängerung der Probezeit (§ 53 Abs. 2 StGB) wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung nur zulässig, wenn diese Verfügungen spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Probezeit oder nach Beendigung eines bei deren Ablauf gegen den Rechtsbrecher anhängigen Strafverfahrens getroffen werden.

Johann T***** hat die neue Straftat wohl innerhalb der Probezeit begangen, doch hat das Bezirksgericht Floridsdorf die vorerwähnten zeitlichen Begrenzungen des § 56 StGB unbeachtet gelassen. Da im Zeitpunkt der Beschlußfassung (19.April 1991) bereits mehr als sechs Monate seit dem Ablauf der Probezeit (21.September 1990) verstrichen waren, hätte der Verlängerungsbeschluß nur unter der Voraussetzung erfolgen dürfen, daß das die Nachtat betreffende Strafverfahren noch vor Ablauf der Probezeit beim Bezirksgericht Floridsdorf anhängig geworden wäre. Dies war aber im Hinblick darauf, daß die erste gerichtliche Maßnahme (Mayerhofer-Rieder StGB3 E 4 ff zu § 58) erst am 30.Oktober 1990 getroffen wurde (S 1 verso im Akt 4 U 717/90 des Bezirksgerichtes Floridsdorf) nicht der Fall.

Ein Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit kam daher zeitlich nicht mehr in Betracht. Die darin gelegene Verletzung des Gesetzes in der Bestimmung des § 56 StGB gereichte dem Verurteilten zum Nachteil und war daher spruchgemäß zu korrigieren (§ 292 letzter Satz StPO). Dabei war nicht nur der fehlerhafte Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf, sondern auch die davon ausgehende Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. August 1991, AZ 23 Bs 331/91, aufzuheben und infolgedessen neuerlich über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zu entscheiden, der nunmehr wegen Wegfalls des Beschwerdegrundes ein Erfolg zu versagen war. Damit ist der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12.Juli 1991, GZ 8 b E Vr 9.395/87-21, mit dem die Strafe endgültig nachgesehen wurde, wiederhergestellt und dem Landesgericht für Strafsachen Wien obliegt nur mehr dessen - wegen der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht mehr vollzogene - Abfertigung.

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