OGH 7Ob606/91

OGH7Ob606/9110.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** AG *****, vertreten durch Dr. Mario Mandl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Manfred T*****, vertreten durch Dr. Andreas Oberhofer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 75.357,-- s.A., infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 2. Juli 1991, GZ 3 R 167/91-16, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. März 1991, GZ 15 Cg 60/90-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß

1. der Beschluß des Erstgerichtes, wonach die Parteienbezeichnung des Beklagten dahin richtiggestellt wird, daß sie zu lauten hat:

"Manfred T***** T*****, P*****-Weg *****", wiederhergestellt wird;

2. die Aufhebung des Urteils des Erstgerichtes in dem der Klage stattgebenden Teil und des ihm vorangegangenen Verfahrens bis einschließlich der Zustellung der Klage an Manfred T*****, P*****-Weg ***** T*****, als nichtig, sowie die Kostenentscheidung ersatzlos behoben wird.

Im übrigen wird die Sache zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsrekurses gleich weiteren Kosten des Berufungsverfahrens Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung

Mit der vorliegenden Klage begehrte die klagende Partei von dem mit "Manfred T***** F*****-Weg ***** T*****" bezeichneten Beklagten die Zahlung von S 84.108,-- s.A. (Einschränkung des Begehrens auf S 75.357,-- s.A., AS 31). Der Beklagte habe als "F***** Reisen" ********** bei der klagenden Partei Schipässe bestellt und gekauft und auch erhalten, wofür der eingeklagte Betrag aufgelaufen sei, der spätestens seit 26. März 1987 zur Zahlung fällig sei. Mahnungen hätten dem Beklagten nicht zugestellt werden können, weil er verzogen und die neue Adresse nicht bekannt sei. Durch Zufall habe die jetzige Anschrift des Beklagten in Erfahrung gebracht werden können.

"Manfred T*****, F*****-Weg ***** T*****", erstattete eine Klagebeantwortung und beantragte die Abweisung der Klage. Er sei passiv zur Klage nicht legitimiert, weil er nie als "F***** Reisen" aufgetreten sei und bei der klagenden Partei niemals irgendwelche Bestellungen aufgegeben habe. Er sei auch nie in Deutschland wohnhaft gewesen.

Die klagende Partei brachte daraufhin vor, es liege der "nicht zu erwartende und nicht vorhersehbare Fall eines Doppelgängers" vor. Der tatsächliche Schuldner heiße ebenfalls Manfred T***** und wohne in ***** T*****, P*****-Weg *****. Sie beantrage die neuerliche Zustellung der Klage an den "richtigen" Manfred T*****.

Auch dieser beantragte die Abweisung der Klage. Er gab als richtig zu, daß er Inhaber des Einzelunternehmens "***** Reisen" gewesen sei, das seinen Sitz in ***** gehabt habe, und daß er Schipässe bei der klagenden Partei bestellt, Zahlung hiefür aber nicht geleistet habe (AS 32). Zum Zeitpunkt der Klageeinbringung sei der nunmehr Beklagte noch nicht in T***** wohnhaft gewesen, er sei erst im März 1990 dorthin verzogen. Es sei daher ursprünglich ein anderes Rechtssubjekt geklagt worden; die Berichtigung der Parteienbezeichnung stelle eine Änderung des Rechtssubjektes dar. Dies sei unzulässig (AS 32; ON 8).

Das Erstgericht stellte die Parteienbezeichnung der beklagten Partei samt Adresse beschlußmäßig richtig in "Manfred T*****, ***** T*****, P*****-Weg *****" (AS 25). Die Ausfertigung dieses Beschlusses nahm es in die Entscheidung auf, die in der Hauptsache gefällt wurde. Eine unrichtige Parteienbezeichnung liege dann vor, wenn das Rechtssubjekt als solches gewahrt bleibe und nur die zur Identifizierung erforderlichen Angaben berichtigt werden, wie z.B. die Richtigstellung einer Adresse. Aus der Klage ergebe sich eindeutig, daß kein Vertragsverhältnis mit Manfred T*****, wohnhaft in T*****, unter der zunächst angegebenen Adresse, sondern mit dem Beklagten behauptet werde, der ein Unternehmen mit der Firma "***** Reisen" in Deutschland betrieben und bei der klagenden Partei Schipässe bestellt und nicht bezahlt habe.

Die zweite Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es den Antrag der klagenden Partei auf Richtigstellung der Parteienbezeichnung abwies. Aus Anlaß der Berufung hob sie das Urteil der ersten Instanz in dem der Klage stattgebenden Teil und das ihm vorangegangene Verfahren bis einschließlich der Zustellung der Klage an Manfred T*****, P*****-Weg ***** T*****, als nichtig auf. Sie traf eine Kostenentscheidung und sprach aus, daß der Revisionsrekurs gegen Punkt 1 des Spruches nicht zulässig, gegen Punkt 2 jedenfalls unzulässig sei. Der an der in der Klage angegebenen Adresse wohnhafte Manfred T***** sei unabhängig davon als beklagte Partei anzusehen, ob die klagende Partei diese Person tatsächlich in Anspruch habe nehmen wollen, weil es nicht auf die Absicht der klagenden Partei, sondern auf die sich objektiv aus der Klage ergebenden Umstände ankomme. Daran ändere auch der Inhalt des Vorbringens nichts, weil daraus nicht zu erkennen gewesen sei, daß die in T*****, F*****-Weg ***** wohnhafte Person namens Manfred T***** nicht der belangte Schuldner der klagenden Partei sein könne. Dadurch, daß die Klage über Antrag der klagenden Partei an eine andere Person, die nach dem Inhalt der Klage nicht identifizierbar gewesen wäre, zugestellt worden sei, sei nicht eine Änderung der Parteienbezeichnung, sondern ein unzulässiger Parteiwechsel vorgenommen worden. Urteil und Verfahren ab neuerlicher Zustellung der Klage seien deshalb als nichtig aufzuheben gewesen.

Der ao. Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 235 Abs. 5 ZPO idF des Art. IV Z 39 der ZVN 1983, BGBl. 135 ist es weder eine Änderung der Klage, noch eine Änderung der Partei, wenn die Parteibezeichnung auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden ist; eine solche Berichtigung ist in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmen, gegebenenfalls durch die Anwendung der §§ 84 und 85 ZPO. Wie sich dazu aus den EB zur RV der ZVN 1981, 669 BlgNR XV.GP 52 f zu Z 31 (§ 235 ZPO), ergibt, wollte der Gesetzgeber mit dieser Bestimmung jene häufigen Fälle treffen, in denen Fehler bei der Bezeichnung einer Partei - vor allem der beklagten Partei - vom Beklagten schikanös als Grundlage für eine Bestreitung der Klagelegitimation herangezogen werden, indem davon ausgegangen wird, Partei sei jemand anderer als der, der eindeutig gemeint ist, und dieser andere, auf den die unkorrekte Bezeichnung zufällig paßt, sei eben nicht als Kläger oder Beklagter legitimiert.

Eine bloße Berichtigung der Parteibezeichnung liegt dann vor, wenn die Bezeichnung des als Partei genannten Rechtssubjektes geändert wird, ohne daß dadurch an die Stelle der bisher als Partei angesehenen und als Partei behandelten Rechtssubjektes ein anderes treten soll; eine Parteiänderung ist hingegen dann anzunehmen, wenn anstelle des bisher als Partei bezeichneten Rechtssubjektes ein anderes Rechtssubjekt in den Rechtsstreit einbezogen werden soll. Als Prozeßpartei ist dabei diejenige Person anzusehen, deren Parteistellung sich aus dem Vorbringen und dem Begehren der Klage klar und deutlich ergibt (ÖBl. 1985, 82 mwH). Die Berichtigung der Parteibezeichnung darf grundsätzlich nicht dazu führen, daß an die Stelle der bisherigen Partei ein anderes Rechtssubjekt tritt; ein Mangel der Passivlegitimation darf also nicht die Umstellung des Beklagten auf die sachlegitimierte Person zur Folge haben. Nur dann, wenn sich aus dem Inhalt der Klage eindeutig und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ergibt, daß die nur auf Grund der Angaben im Kopf der Klage als Beklagter behandelte Partei nicht die nach dem gesamten Inhalt der Klage richtig als Beklagter bezeichnete Person war, ist die in einem solchen Fall an sich zulässige "Richtigstellung" der Parteibezeichnung gleichzeitig mit einem Personenwechsel verbunden (Fasching, Lehrbuch2 Rz 323).

Voraussetzung für die Zulässigkeit der Berichtigung der Parteibezeichnung bleibt also trotz der der Verfahrensökonomie Rechnung tragenden Zielsetzung der ZVN 1983, daß aus der Klage diejenige Person, die geklagt ist, in einer "jeden Zweifel ausschließenden Weise" erkennbar ist; nur so ist es im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze möglich, eine - zulässige - Berichtigung der Parteibezeichnung von einer - unzulässigen - Parteiänderung abzugrenzen. Als Beispiel dafür, wann sich aus dem gesamten Inhalt der Klage eindeutig die richtige Partei ergibt, nennt § 235 Abs. 5 ZPO die Anführung der "Bezeichnung ihres Unternehmens".

Aus der vorliegenden Klage ergibt sich nun mit einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit, daß jene Person geklagt werden soll, die unter der Firma "***** Reisen" ***** bei der klagenden Partei Schipässe gekauft hatte. Im Kopf der Klage wurde dieses Rechtssubjekt auch richtig bezeichnet; es wurde lediglich eine Anschrift angegeben, unter der eine andere physische Person gleichen Namens wohnt. Es ist nicht strittig, daß der nunmehr Beklagte die in der Klageerzählung unmißverständlich bezeichnete Person ist. Ist daher auch die Richtigstellung der Parteibezeichnung gleichzeitig mit einem Personenwechsel verbunden, ist doch nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise klar, daß der unter der zunächst angegebenen Anschrift wohnhafte Manfred T***** nicht die als Beklagter bezeichnete Person war. Ein Zweck des Verbotes einer Parteiänderung ist der Schutz des in das Verfahren Gezogenen davor, daß in seiner Abwesenheit gewonnene Verfahrensergebnisse verwendet werden, obwohl er nicht in ausreichendem Maße Gelegenheit zur Wahrnehmung seiner Parteirechte hatte. Ein solcher Schutz ist aber nicht erforderlich, wenn bereits vor Eingehen in das Verfahren eine Richtigstellung erfolgt und das Verfahren zur Gänze mit der richtigen Partei abgeführt wird. Mit Recht hat deshalb das Erstgericht die Berichtigung der Parteienbezeichnung zugelassen, sodaß sein Beschluß wiederherzustellen war.

Dies hat die Aufhebung des zweiten Absatzes des Spruches der angefochtenen Entscheidung zur notwendigen Folge.

Die Sache war deshalb an die zweite Instanz zur meritorischen Behandlung der Berufung des Beklagten zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.

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