Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise dahin Folge gegeben, daß ein Teil der über den Angeklagten verhängten siebenmonatigen Freiheitsstrafe im Ausmaß von 5 (fünf) Monaten gemäß § 43 a Abs. 3 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen wird.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17.Juni 1959 geborene Johann B***** des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 21. Dezember 1990 in Wien Leopoldine Z***** 500 S Bargeld mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen, wobei er der Bestohlenen, die ihn ergriff, einen Arm umdrehte, sie an der Kleidung erfaßte und hin- und herriß, sowie ihr einen Schlag ins Gesicht versetzte, sodaß sie zu Sturz kam, somit bei seiner Betretung auf frischer Tat Gewalt gegen eine Person angewendet, um sich die weggenommene Sache zu erhalten.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5 a, 9 lit a (der Sache nach auch lit b) und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung.
Das Schöffengericht konstatierte, daß der häufig bei Leopoldine Z***** zu Besuch weilende Angeklagte auch am 21.Dezember 1990 im leicht alkoholisierten Zustand bei der alleinstehenden Frau erschien und zunächst um die Verabreichung alkoholischer Getränke, dann um die darlehensweise Überlassung von 100 S ersuchte. In der Folge bekam er anläßlich des Besuches der Schwester der Wohnungsinhaberin mit, daß Leopoldine Z***** eine 500 S-Banknote als Weihnachtsgeschenk bekommen hatte und beschloß, sich die inzwischen in einem Kasten verwahrte Banknote mit Bereicherungsvorsatz anzueignen. Als ihn Leopoldine Z***** aber bei der Ansichnahme des Geldscheins ertappte, steckte der Angeklagte die Banknote in den Mund. Die Frau forderte ihn auf, das Geld zurückzugeben, worauf B***** ihre Hand erfaßte und sie am Handgelenk umbog, um sich im Besitz der Diebsbeute zu erhalten. Trotz der weiteren oben dargestellten Gewalttätigkeiten gelang es Z***** schließlich doch, über den Polizeinotruf die Anzeige zu erstatten. Der Angeklagte nahm nun die Banknote aus dem Mund und versteckte sie - von Z***** unbemerkt - in einem abgestellten Schirm, wo sie in der Folge vom intervenierenden Polizeibeamten gefunden wurde.
Das Gericht stützte diese Feststellungen auf die Angaben der Bestohlenen anläßlich der Anzeigeerstattung und der polizeilichen Intervention am Tatort und erklärte die Abschwächungstendenzen in der Hauptverhandlung mit "ihrer besonderen Beziehung zu B*****" (S 90), nicht aber mit der von der Zeugin zwar behaupteten, aber nicht verifizierten Nervenkrankheit.
Wenn in der Tatsachenrüge (Z 5 a) unter Hinweis auf das hohe Alter der Belastungszeugin (Jahrgang 1919) und deren Nervenleiden der Freispruch des Angeklagten gefordert wird, wird hiemit lediglich die durchaus plausible, auch andere Beweisergebnisse berücksichtigende Beweiswürdigung der Tatrichter angegriffen, ohne daß (nicht gewürdigte) sich aus den Akten ergebende Umstände aufgezeigt werden, die erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellung zu erwecken vermöchten.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a und 10) baut auf der These auf, daß der Angeklagte an der Banknote noch keinen Gewahrsam erlangt habe, weil sie in einem nicht ihm gehörenden Schirm in der Wohnung der Bestohlenen gefunden wurde. Der Oberste Gerichtshof vermag sich jedoch der auch von der Generalprokuratur geteilten Rechtsauffassung, daß bei der gegebenen Sachverhaltskonstellation nur Versuch anzunehmen sei, nicht anzuschließen. Abgesehen davon, daß nach der Rechtsprechung schon die Erlangung des Mitgewahrsams zur Vollendung des räuberischen Diebstahls genügt (SSt 55/13, EvBl 1991/12), handelt es sich bei einer Banknote um einen kleinen Gegenstand, bei dem der Gewahrsamswechsel schon mit dem eigenmächtigen Einstecken vollzogen ist (Kienapfel BT II2 RN 116 zu § 127 StGB und die dort zitierte Judikatur). Selbst wenn man davon ausgeht, daß die erste Phase der Wegnahme (aus dem Kasten) noch beobachtet wurde (vgl hiezu SSt 46/9, LSK 1986/25 uva), hat der Angeklagte ab dem Augenblick, wo er das Geld aus dem Mund nahm und es an einem der Eigentümerin nicht bekannten - wenn auch in ihrer Wohnung befindlichen - Ort versteckte, den Gewahrsam erlangt und den Diebstahl dadurch vollendet.
Daß das Geld bei den Polizeierhebungen - ohne Zutun des Angeklagten - gefunden wurde, ist als (der Diebstahlsvollendung nachfolgendes) Zustandebringen der Beute zu werten, das - entgegen einem weiteren rechtlichen Einwand - auch nicht als tätige Reue im Sinn des § 167 StGB anzusehen ist. Hat doch der Angeklagte trotz Aufforderung durch Leopoldine Z***** vor der Anzeige nichts getan, was der Geschädigten die Wiedererlangung der Sache erlaubt hätte. Vielmehr hätte der Angeklagte das Geld - wäre es nicht gefunden worden - unbemerkt für sich in Sicherheit bringen können.
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 131 StGB eine unbedingte Freiheitsstrafe von sieben Monaten und wertete bei der Strafbemessung die Vorstrafen als erschwerend und das Zustandebringen der Diebsbeute als mildernd.
Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, die Verhängung einer Geldstrafe, jeweils unter bedingter Nachsicht nach § 43 StGB, allenfalls eine teilbedingte Strafe im Sinn des § 43 a StGB begehrt, kommt nur teilweise Berechtigung zu.
Da sich aus den Akten ergibt, daß der Angeklagte zu Alkoholmißbrauch neigt, kann unter Heranziehung der Regel des § 35 StGB seine Enthemmung durch Alkoholgenuß nicht als mildernd gewertet werden. Dies sowie die einschlägige Vorbelastung sowohl in Richtung Eigentumsdelinquenz als auch wegen Gewaltätigkeit verhindert die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Anwendung des § 37 StGB und spricht auch gegen die gänzliche bedingte Nachsicht der schuld- und tätergerecht nahe der Untergrenze des Strafrahmens ausgemessenen Freiheitsstrafe. Gerade auch für den Fall, daß wegen früherer Verurteilungen nicht die ganze Strafe bedingt nachgesehen werden kann, schuf der Gesetzgeber aber die Sanktionsvarianten der teilbedingten Strafnachsicht, auf den vorliegenden Fall angewendet jene des § 43 a Abs. 3 StGB. Der Oberste Gerichtshof meint daher, daß es hier voll genügt, wenn dem aus dem Bekanntenkreis des Opfers auftretenden Täter durch den Vollzug eines noch relativ kurzen (zweimonatigen) Teils einer ersten (als solche verhängten) Freiheitsstrafe unter Anrechnung der erlittenen Vorhaft vor Augen geführt wird, daß ein weiteres Absinken in die Kriminalität zu längeren Freiheitsentzügen führen wird.
Es war daher der Berufung nur teilweise Folge zu geben und ihr im übrigen der Erfolg zu versagen.
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