OGH 8Ob662/90

OGH8Ob662/9026.9.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Harald J*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H*****, GmbH ***** wider die beklagten Parteien 1. Ing. Hilmar H*****, vertreten durch Dr. Martin Stossier, Rechtsanwalt in Wels, und

2. Ing. Karl-Heinz H*****, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen S 400.000,--, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 4. Juli 1990, GZ 2 R 129/90-23, womit das Teilurteil des KG Leoben vom 12. Februar 1990, 4 Cg 211/89-13, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Über das Vermögen der H***** GmbH wurde am ***** das Konkursverfahren eröffnet. Der Masseverwalter Dr. Harald J***** verfolgt im vorliegenden Rechtsstreit Schadenersatzansprüche der Masse gegen die beiden Beklagten als ehemalige Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, weil sie behauptetermaßen durch verspätete Konkursanmeldung und verschiedene Manipulationen die Überschuldung vergrößert hätten und daher für einen Schadenersatzbetrag von S 2 Mio. solidarisch hafteten. Gegen beide Beklagten ist derzeit ***** ein Strafverfahren wegen Verdachtes der fahrlässigen Krida anhängig.

Am ***** wurde über das Vermögen des Erstbeklagten ***** ebenfalls das Konkursverfahren eröffnet. In diesem Verfahren kam es am 16.3.1989 zum Abschluß eines Zwangsausgleiches, sodaß nach rechtskräftiger Bestätigung desselben am 5.5.1989 der Konkurs aufgehoben wurde.

Gegen die im vorliegenden Rechtsstreit am 2.6.1989 eingebrachte Schadenersatzklage wendete der Erstbeklagte ua ein, die vom Kläger behauptete Schadenersatzforderung könne gegen ihn höchstens im Umfang der Ausgleichsquote von 20 % zu Recht bestehen. Diesfalls wäre sie aber wegen der im Ausgleich vereinbarten Zahlungsfrist (Stundung) frühestens am 17.3.1990 fällig.

Das Erstgericht schloß hinsichtlich des Erstbeklagten die Verhandlung und wies mit (Teil-)Urteil vom 12.2.1990 das gegen diesen gerichtete Klagebegehren unter Verurteilung zum Kostenersatz ab, weil diese Klageforderung als Konkursforderung nach dem Inhalt des Zwangsausgleiches frühestens mit Ablauf des 15.3.1990 fällig und im Umfang des Nachlasses, der dem Erstbeklagten im Ausgleich gewährt wurde (80 %), auch gar nicht mehr klagbar und erzwingbar sei.

Auf Grund der lediglich gegen die Abweisung eines Teilbetrages von S 400.000,-- s.A. gerichteten Berufung des Klägers hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Teilurteil in diesem Umfang auf, verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es trat der erstgerichtlichen Rechtsansicht bei, daß der im Berufungsverfahren noch strittige Teil der Klageforderung gegen den Erstbeklagten im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz noch nicht fällig gewesen sei. Die bei Schluß der mündlichen Streitverhandlung mangelnde Fälligkeit führe gemäß § 406 ZPO zur Klageabweisung. Das bedeute aber nicht, daß Ansprüche, deren Bestand noch gar nicht beurteilt werden könne, deren Fälligkeit aber bekanntermaßen zu einem späteren Zeitpunkt eintreten werde, jedenfalls sofort - ohne vorherige Prüfung des Bestandes der Forderung - abgewiesen werden müßten und zu diesem Zweck ein Teilurteil gegen einen von mehreren Beklagten erlassen werden müsse. Im vorliegenden Fall habe der Kläger aufgrund der Prozeßsituation mit Fug und Recht (vor allem wegen der jedenfalls zu prüfenden Schadenersatzforderung gegen den angeblich solidarisch mithaftenden Zweitbeklagten bzw. wegen des in diesem Sinne ergangenen Beweisbeschlusses) erwarten können, daß die Fälligkeit während der voraussichtlichen Prozeßdauer ohnehin eintreten werde. Die Abschneidung der Prüfung des Bestandes der Forderung durch einen verfrühten Verhandlungsschluß widerspreche in einem solchen Falle den Grundsätzen eines fairen Verfahrens.

Gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß erhebt der Erstbeklagte Rekurs mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Teilurteiles.

Der Rechtsmittelwerber führt aus, der Kläger habe in seiner Berufung den Verfahrensmangel eines verfrühten Schlusses der mündlichen Verhandlung nicht geltend gemacht sondern hierauf lediglich im Zusammenhang mit seiner Rüge der angeblichen Verletzung der erstgerichtlichen Anleitungspflicht verwiesen. Das vom Erstgericht erlassene Teilurteil habe der materiellen Rechtslage entsprochen, eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit seiner Erlassung sei unzulässig. Der Kläger habe zum Vorbringen des Erstbeklagten auch jeweils ein Gegenvorbringen erstattet und dabei primär die Fälligkeit der Klageforderung behauptet, fünf Monate lang aber keine Klageumstellung vorgenommen. Da der Grundsatz des rechtlichen Gehörs voll eingehalten worden sei, könne von einer Verletzung des "fair trial" nicht die Rede sein.

Der Rekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Anders als die Erlassung eines Teilurteiles, die im Rechtsmittelweg bekämpft werden kann, sofern nicht bloß die Zweckmäßigkeit einer solchen Entscheidung, sondern ihre Zulässigkeit (§ 391 Abs 3, § 394 Abs 2 ZPO) zu beurteilen ist, wird seit der Entscheidung SZ 11/167 in ständiger Rechtsprechung die Verweigerung eines Teilurteiles als eine den Bestimmungen der §§ 188, 189 ZPO zu unterstellende Ermessensentscheidung prozeßleitender Natur gewertet, die gemäß § 192 Abs 2 ZPO jeder Anfechtung entzogen ist. Bei dieser Beurteilung der Anfechtbarkeit macht es keinen Unterschied, ob die Erlassung des Teilurteiles vom Gericht erster oder zweiter Instanz verweigert wurde, und aus welchen Gründen dies geschah. Ein einem diesbezüglichen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß beigesetzter Rechtskraftvorbehalt ist daher wirkungslos (RZ 1981/54 S. 204; RZ 1982/4 S.12; SZ 47/5; RZ 1982/12 S.83; SZ 56/150; 6 Ob 520/80; 8 Ob 64/87; 6 Ob 598/89 ua).

Der im vorliegenden Falle erfolgte berufungsgerichtliche Ausspruch, daß der Rekurs gemäß § 519 Abs 2 ZPO zulässig sei, eröffnet den Parteien somit keine Rekursmöglichkeit, weil die Anfechtung des Aufhebungsbeschlusses bereits zufolge der weitergehenden Rechtsittelbeschränkung des § 192 Abs 2 ZPO ausgeschlossen ist.

Der Rekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

Die klagende Partei hat in ihrer Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen, sodaß ihr kein Kostenersatz zusteht.

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