Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben.
Dem Berufungsgericht wird eine neue Entscheidung aufgetragen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger hat dem Beklagten 2000 elektrische Eiskratzer zum selbständigen Weiterverkauf geliefert. Zur Besicherung der Kaufpreisforderung hat der Beklagte dem der vorliegenden Wechselklage zugrundeliegenden Wechsel vom 13.10.1982 über S 192.000 angenommen und an den Kläger als Bezogener übergeben.
In den Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag des Erstgerichtes brachte der Beklagte vor, der Kläger sei nicht aktiv legitimiert, sein Vertragspartner sei eine Firma D***** LIMITED gewesen. Weiters sei er über die Preisbildung in Irrtum geführt worden und sei der ihm zugesagte Gebietsschutz für Tirol und Vorarlberg verletzt worden, weil die vom Kläger gelieferten Eiskratzer auch von der Firma "B*****" unter seinem Einstandspreis vertrieben worden seien. Darin sei außerdem ein Verstoß gegen das "Versorgungsgesetz" zu erblicken. Wandlung wurde mit der Begründung geltend gemacht, daß die Eiskratzer nicht über die zugesicherten Eigenschaften (mühelose Eisentfernung durch Wärmeeinwirkung) verfügten und - entgegen § 102 Abs.4 StVO - nur bei laufendem Fahrzeugmotor einsetzbar seien.
Der Kläger bestritt dieses Vorbringen und führte aus, die Firma "B*****" nicht beliefert zu haben. Der Beklagte habe nach Erhalt eines Musters am 17.9.1988 3 Monate Zeit gehabt, die Ware zu prüfen. Auch nach Zugang der bestellten 2000 Eiskratzer habe der Beklagte keine substantiierte Mängelrüge erhoben, sondern vielmehr versucht, die Eiskratzer abzusetzen. Vertragspartner des Beklagten sei ausschließlich der Kläger, der auch im Wechsel als Empfangsberechtigter genannt sei.
Das Erstgericht hob den Wechselzahlungsauftrag auf und wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Im Sommer 1988 suchte der Kläger zum Vertrieb elektrischer Eiskratzer Geschäftspartner in Westösterreich. Der Beklagte war im Besitz eines ruhenden Gewerbescheines. Da er beabsichtigte, sich als Handelsvertreter selbständig zu machen, nahm er mit dem Kläger Kontakt auf. Bei einer Besprechung im Spätsommer oder Herbst 1988 in Salzburg zeigte der Kläger dem Beklagten den zu veräußernden elektrischen Eiskratzer und offerierte diesen entsprechend der Beschreibung auf der Rückseite der Geräteverpackung. Nach dem Inhalt dieser Beschreibung soll ein eingebautes Heizelement Eisschichten rasch und problemlos schmelzen, der Heizstab bringe Eis und Schnee zum Verschwinden. Bei besonders dicken Eisschichten solle der Stab auf die gewünschte Stelle gelegt werden, in wenigen Sekunden werde ein Fleck eisfrei.
Der Beklagte schloß den Eiskratzer probeweise bei seinem Auto an und konnte feststellen, daß sich das Gerät erhitzte. Für den Fall des Zustandekommens einer Geschäftsverbindung vereinbarten die Parteien, daß der Beklagte als Erstausstattung 2000 Stück elektrische Eiskratzer zum Preis von 80 S plus 20 % Mehrwertsteuer übernehmen sollte. Der Kläger übergab dem Beklagten ein Blankovertragsformular. Zwei Tage später entschied sich der Kläger, mit dem Beklagten die Geschäftsbeziehung aufzunehmen. Mit schriftlichem Vertrag vom 27.9. bzw. 30.9.1988 bestellte der Beklagte beim Kläger 2000 Eiskratzer zum vereinbarten Preis sowie 2000 Plakate. Diee Bezahlung sollte nach dem Verkauf, spätestens jedoch 3 Monate nach Lieferung erfolgen. Der Beklagte unterfertigte als Akzeptant ein Wechselformular über den Betrag von S 192.000, in dem er als Bezogener und der Kläger als Remittent angeführt wurden. Das Formular wurde dem Kläger übermittelt, der seinerseits als Aussteller unterfertigte.
Am 22.11.1988 erhielt der Beklagte ein Musterexemplar der elektrischen Eiskratzer. Ca. eine Woche später unterzog er den Eiskratzer einer Probe. Dabei stellte er fest, daß das Gerät bei Berührung mit der vereisten Windschutzscheibe schnell erkaltete und deshalb das Ergebnis eines Abkratzens mit diesem Eisschaber nicht seinen Vorstellungen entsprach. Er setzte sich sogleich mit dem Kläger in Verbindung, der ihm erklärte, es könne ein Funktionsfehler dieses einen Stückes vorliegen, der Beklagte solle die Gesamtlieferung abwarten. Am 9.2.1988 erhielt der Beklagte die Lieferung von 2000 Stück, am 13.2.1988 wurden die dazugehörigen Plakate gesandt. Die Witterungsbedingungen waren zu dieser Zeit nicht geeignet, die Eiskratzer im praktischen Betrieb zu erproben. Ein Praxistest zwei oder drei Tage später ergab aber, daß es mit dem Gerät nicht möglich war, in einer halbwegs zügigen Bewegung die Scheibe vom Eis zu befreien.
"Höchstens ein paar Tage später" telefonierte der Beklagte wieder mit dem Kläger und bemängelte dies. Nach einigen weiteren Telefonaten zwischen den Streitteilen teilte der Beklagte dem Kläger im Schreiben vom 23.12.1988 mit, den Vertrag einseitig aufzulösen, da der Eiskratzer nicht den mündlichen Zusagen entspreche. Außerdem dürfe laut österreichischer Straßenverkehrsordnung bei der Befreiung der Autoscheiben von Eis der Automotor nicht in Betrieb genommen werden. Der Kläger erwiderte in seinem Antwortschreiben, die Auflösung der Vereinbarung nicht zu akzeptieren.
Bei einem Einkauf im "B*****" stelle der Beklagte am 26.1.1989 fest, daß die von ihm gelagerten Eiskratzer dort zu einem Preis von 89 S incl. USt vertrieben wurden.
Der Beklagte lagert die vom Kläger gelieferten elektrischen Eiskratzer nach wie vor in seinem Haus. Diese Eisschaber sind praktisch nur bei laufendem Motor zu verwenden, da bei niedrigen Außentemperaturen die Leistungsfähigkeit der Starterbatterien eingeschränkt ist. Der Eisschaber funktioniert wie ein herkömmlicher, der Heizstab ist praktisch wirkungslos. Nach 5 Minuten Einschaltungsdauer wird das Thermoplast, durch welches der Heizstab durchgeführt wird, weich, nach 10 Minuten löst sich der Heizstab aus der Halterung und hat keinen festen Sitz. Es kommt zu einer Aufschmelzung der Halterung, sodaß der Heizstab locker wird und nicht mehr exakt positioniert werden kann. Im Vergleich zu einem herkömmlichen, nicht beheizten, Eisschaber weist der klagsgegenständliche keine Vorteile auf. Vielmehr kann mit einem herkömmlichen Eisschaber eine Fahrzeugscheibe in kürzerer Zeit gereinigt werden, als mit dem klagsgegenständlichen, da die wirksame Schabkante eines herkömmlichen Eiskratzers länger ist.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Meinung, der Beklagte habe rechtzeitig und ausreichend substantiiert Mängelrüge erhoben, er könne daher sowohl aus dem Rechtsgrund des Irrtums, als auch aus dem Titel der Gewährleistung wegen unbehebbarer und wesentlicher Mängel Vertragsaufhebung verlangen. Die Geräte seien für den bedungenen Gebrauch nicht tauglich.
Der dagegen erhobenen Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht Folge und änderte die angefochtene Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn ab. Ohne die Beweisrügen zu behandeln, führte das Berufungsgericht zur Rechtsfrage aus, der Beklagte sei jedenfalls als Minderkaufmann anzusehen, er wäre daher gemäß § 377 Abs.3 HGB verpflichtet gewesen, den entdeckten Mangel unverzüglich zu rügen. Den Nachweis der unverzüglichen Rüge habe der Beklagte aber nicht erbracht, nach den Feststellungen des Erstgerichtes habe er "höchstens ein paar Tage später" dem Kläger telefonische Mitteilung von den Mängeln gemacht. Angesichts der Beweislastverteilung müsse zu Ungunsten des Beklagten davon ausgegangen werden, daß er sich mit der Mängelrüge einige Tage Zeit gelassen habe. Der Beklagte habe eine Verspätung der Mängelrüge zu vertreten, weil er nicht nachweisen konnte, die Mängel früher als ein "paar Tage" nach deren Entdeckung gerügt zu haben. Der Beklagte habe sohin die Gewährleistungsansprüche und auch das Recht zur Irrtumsanfechtung verloren. Dem Einwand der Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes stehe außerdem die Bestimmung des § 351 a HGB entgegen. Eine Verletzung des Gebietsschutzes durch den Kläger sei nicht erfolgt, der Kläger sei auch unzweifelhaft aktiv legitimiert.
Die ordentliche Revision wurde nicht für zulässig erklärt, weil die Entscheidung über den Einzelfall nicht hinausreiche und sich ausschließlich an der einschlägigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes orientiere.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger begehrte in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, da, wie im folgenden noch darzulegen sein wird, die Entscheidungen der Vorinstanzen auf einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage beruhen (vgl. EFSlg. 46.695).
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, den Beklagten treffe die kaufmännische Rügepflicht gemäß § 377 HGB. Diese Rügepflicht gilt jedoch nur dann, wenn der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft war. Gemäß § 343 Abs.1 HGB sind Handelsgeschäfte alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. Voraussetzung für die Annahme eines sogenannten vorbereitenden Handelsgeschäftes ist also in jedem Fall die Kaufmannsqualität der Vertragspartei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder zumindest die spätere Betriebsaufnahme des bei Vertragsabschluß in Aussicht genommenen Handelsgewerbes (SZ 39/88; EvBl. 1974/247). Mußkaufmannseigenschaft nach § 1 Abs.2 HGB wird auch durch den Abschluß von Vorbereitungsgeschäften erworben, dies unter der Voraussetzung der späteren Betriebsaufnahme des bei Vertragsabschluß in Aussicht genommenen Grundhandelsgewerbes. Wird allerdings rückschauend festgestellt, daß zwar der Betrieb eines Handelsgewerbes beabsichtigt war, diese Absicht aber nicht zur Ausführung gelangte, dann liegt kein Handelsgeschäft vor (Hämmerle/Wünsch I4, 139). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages mit dem Kläger kein Handelsgewerbe betrieben, der Erwerb der Eiskratzer erfolgte aber im Rahmen der Vorbereitung der Ausübung des Grundhandelsgewerbes nach § 1 Abs.2 Z 1 HGB. Zur Ausübung dieses Grundhandelsgewerbes ist es aber in der Folge nicht gekommen, nach den insoweit unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes lagert der Kläger die vom Beklagten gelieferten elektrischen Eiskratzer nach wie vor in seinem Haus. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes stehen daher dem Beklagten die Gewährleistungsansprüche und das Recht zur Irrtumsanfechtung offen. Dessenungeachtet kann aber in der Sache noch nicht entschieden werden, da das Berufungsgericht die Beweisrüge des Klägers nicht erledigt hat. Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über die zugesagten Eigenschaften und die Mängel der vom Kläger gelieferten Eiskratzer wurden in der Berufung des Klägers bekämpft. Das Berufungsgericht hat sich damit - ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht - nicht auseinandergesetzt. Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Berufungsgericht insoweit mit der vom Kläger erhobenen Beweisrüge auseinanderzusetzen haben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.
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